Sehr geehrte Apothekerin, sehr geehrter Apotheker,
hier ist der vollständige Text für Sie:
EINE FRAGE DER VERNUNFT
Seit dem 4. Dezember 2010 besteht die Pflicht, Winterreifen zu benutzen. Verstöße können ab sofort härter bestraft werden.
Der Bundesrat hat vor Kurzem einem vom Bundesverkehrs-Ministerium vorgelegten Entwurf zur Änderung der Straßenverkehrsordnung zugestimmt. Anders als bisher können danach Verstöße gegen die Winterreifenpflicht mit einem Bußgeld sowie einer Eintragung im Verkehrszentralregister geahndet werden. Die Änderung ist seit 4. Dezember 2010 wirksam.
Deutschlands Autofahrer wurden erstmals Ende 2005 mit einer Winterreifenpflicht konfrontiert. Gemäß Paragraf 2 Absatz 3a StVO (Straßenverkehrsordnung) sind Autofahrer seitdem dazu verpflichtet, die Ausrüstung ihres Fahrzeugs den Witterungsverhältnissen anzupassen und insbesondere eine geeignete Bereifung zu benutzen.
Doch diese Formulierung war dem Oberlandesgericht
Oldenburg zu schwammig. Mit Beschluss vom 9. Juli 2010 erklärten die
Richter, dass der Gesetzgeber nicht sorgfältig genug gearbeitet habe.
Das Gericht sprach daher einen Autofahrer frei, der mit Sommerreifen auf
Glatteis ins Rutschen gekommen und in eine Schaufensterscheibe
geschliddert war.
Das wollte der Gesetzgeber nicht auf sich sitzen lassen. Mit der jetzigen Änderung der Straßenverkehrsordnung hat er unmittelbar nach dem deutschlandweiten Wintereinbruch für mehr Rechtssicherheit gesorgt.
Demnach können Führer von Kraftfahrzeugen, die bei „Glatteis, Schneeglätte, Schneematsch und Eis- oder Reifglätte" mit Sommerreifen unterwegs sind, mit einem Bußgeld von 40 Euro bestraft werden. Wird durch eine falsche Bereifung der Verkehr behindert, etwa weil ein Fahrzeug liegen bleibt, erhöht sich das Bußgeld auf 80 Euro. In beiden Fällen wird zusätzlich ein Punkt in der Flensburger Verkehrssünderdatei fällig.
Die Vorschrift gilt für Pkw, Lkw, Wohnmobile, Busse
sowie Motorräder und Motorroller. Auch Fahrzeuge mit Allradantrieb sind
von der neuen Vorschrift betroffen. Busse mit mehr als acht Sitzplätzen
und Lkw über 3,5 Tonnen Gesamtgewicht müssen jedoch nur an den
Antriebsachsen mit Winterreifen ausgestattet werden. Unter anderem für
landwirtschaftliche Fahrzeuge gelten Sonderregelungen.
Als Winterreifen werden nur Reifen mit dem M+S- beziehungsweise Schneeflocken-Symbol anerkannt. Dazu zählen auch sogenannte Ganzjahresreifen. Von der Regelung betroffen ist lediglich der fließende Verkehr. Wer sein Fahrzeug bei winterlicher Glätte stehen lässt, kann nicht bestraft werden.
Der Gesetzgeber hat bewusst keine zeitliche
Komponente in das Gesetz eingefügt (zum Beispiel Oktober bis Ostern).
Ausschlaggebend sind daher allein die Witterungsverhältnisse. Bei
entsprechenden Wetterkapriolen darf man daher theoretisch auch im Sommer
nur mit Winterreifen fahren.
Bestraft werden kann ausschließlich der Fahrer. Der Halter eines Fahrzeugs kann nur belangt werden, falls er gleichzeitig Fahrer ist. Eine Übersicht zu der gesetzlichen Neuregelung können auf den Internetseiten des ADAC zu finden ist.
Sehr zum Kummer von Fachleuten muss die
Mindestprofiltiefe der Winterreifen lediglich 1,6 Millimeter betragen.
Das dürfte in manchen Fällen dazu führen, dass ein neuer Sommerreifen
einem alten Winterreifen deutlich überlegen ist.
Nach Meinung von Franz Nowakowski, Reifensachverständiger des Dekra, ist es nicht zuletzt auch eine Frage der Vernunft, in der kalten Jahreszeit Winterreifen zu nutzen. Denn bei Temperaturen unter sieben Grad Celsius spielen Winterreifen ihre Vorteile voll aus. Das gilt auch auf durch Laub und Streusalzrückstände verunreinigten Fahrbahnen - so der Experte.
Bringt ein durchschnittlicher Winterreifen ein Fahrzeug bei festgefahrener Schneedecke bei einer Vollbremsung aus 50 km/h bereits nach 35 Metern zum Stehen, beträgt der Bremsweg mit einem Sommerreifen 43 Meter.
Dieses Plus an Sicherheit setzt nach Angaben des
Dekra-Fachmanns jedoch eine Mindestprofiltiefe von vier Millimetern
voraus. Geringere Profiltiefen verlängern den Bremsweg erheblich.
Geachtet werden sollte auch auf einen ausreichenden Luftdruck sowie auf
das Alter des Winterreifens. Dieses kann mithilfe der sogenannten
„DOT-Kennziffer", die sich auf der Reifenflanke befindet, ermittelt
werden.
Die beiden ersten Ziffern stehen für die Produktionswoche, die beiden letzten für das Produktionsjahr. Die Zahlenkombination 2207 heißt zum Beispiel, dass der Reifen in der 22. Kalenderwoche des Jahres 2007 produziert wurde. Der Dekra rät dringend dazu, Winterreifen, die älter als sechs Jahre sind, auszusortieren, denn sie sind in der Regel nicht mehr sicher genug.
Sanktionen ihres Kfz-Haftpflichtversicherers haben
Fahrzeughalter, die gegen die Winterreifenpflicht verstoßen, nicht zu
befürchten. Nach Angaben des Gesamtverbandes
der Deutschen Versicherungswirtschaft e.V. (GDV) übernimmt der
Versicherer den Schaden des Unfallopfers auch dann, wenn der
Unfallverursacher mit Sommerreifen unterwegs war und zwar ohne
anschließende Regressmöglichkeit.
Auch Vollkaskoversicherer sind nach Angaben des GDV in der Pflicht. Einzige Ausnahme: Der Autofahrer hätte vor Fahrtantritt oder während der Fahrt erkennen müssen, dass Sommerreifen angesichts der Straßenverhältnisse völlig ungeeignet sind. Kommt es deshalb zu einem Unfall, kann die Versicherungsleistung anteilig gekürzt werden, so der GDV.
(verpd) (ApoRisk)
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