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RUSSLAND
Berlin - Am Weltaidstag hat
die russische Polizei zehn HIV-Infizierte festgenommen, die vor dem
Regierungssitz in Moskau für ihr Recht auf Medikamente demonstriert
hatten. Nach Medienberichten warfen sie dem Gesundheitsministerium auf
Plakaten vor, ein „Beerdigungsministerium" zu sein. Erstmals bestätigte
die Generalstaatsanwaltschaft auf ihrer Internetseite zahlreiche
Versäumnisse der Behörden beim Einkauf von antiviralen Arznei- sowie von
Diagnosemitteln. Nach Angaben von Aktivisten erhalten Zehntausende
Infizierte keine Hilfe.
Russische Medien berichten seit Wochen über eine Unterversorgung von
HIV-Infizierten mit Medikamenten. Immer wieder hatten Patienten auch auf
der Straße für ihr gesetzlich verbrieftes Recht auf eine kostenlose
Therapie demonstriert. Nach offiziellen Angaben liegt die Zahl der
Infizierten im flächenmäßig größten Land der Erde bei rund 570.000
Menschen, von denen etwa 130.000 eine Behandlung benötigen. Die
Dunkelziffer wird in Russland auf mehr als eine Million Menschen
geschätzt - bei etwas über 140 Millionen Einwohnern.
„Was die Geschwindigkeit angeht, mit der sich HIV bei uns ausbreitet, so
sieht es inzwischen schlechter aus als in Afrika", sagte der Leiter des
Föderalen Anti-Aids-Zentrums, Wadim Pokrowski, nach Angaben der Agentur
Interfax. Nur etwa 75.000 Menschen erhielten derzeit eine Therapie.
Notwendig sei ein nationales Schutzprogramm, weil sich täglich zwischen
150 und 160 Menschen infizierten.
Die Krankheit wird in Russland weitgehend tabuisiert. Aktivisten werfen
den Behörden auch vor, die lebensgefährliche Unterbrechung von
Therapien verschuldet zu haben, weil sie Arzneimittel nicht oder erst
verspätet eingekauft hätten. Die Generalstaatsanwaltschaft bestätigte
nun, dass es im Gesundheitsministerium zu zahlreichen Versäumnissen beim
Einkauf gekommen sei. Immer wieder hatten auch Patienten ihr Recht auf
eine Behandlung vor Gericht erstritten.
Auch die Kremlpartei „Geeintes Russland" zeigte sich besorgt über die
Ausbreitung der Epidemie angesichts der großen demografischen Probleme
des Landes. Allein in diesem Jahr seien 11.000 Aidskranke gestorben,
sagte die Vizechefin im Gesundheitsausschuss der Staatsduma, Tatjana
Jakowlewa. Betroffen sei besonders der aktivste Teil der russischen
Bevölkerung. 70 Prozent der Infizierten seien unter 30 Jahre alt.
Allerdings steige auch die Zahl der Ansteckungen unter den 30- bis
50-Jährigen, sagte die Abgeordnete.
dpa, Donnerstag, 02. Dezember 2010, 09:48 Uhr
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