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Steuer & Recht | Zivilrecht
Das Amtsgericht Wedding hat mit Urteil vom 27. April 2017 die Betreiberin einer Samenbank dazu verurteilt, einem minderjährigen Kind, das durch seine rechtlichen Eltern vertreten wird, Auskunft über die Identität eines Samenspenders zu geben, d. h. alle relevanten Daten wie Namen, Geburtsdatum, Personalausweisnummer und Anschrift zum Zeitpunkt der Samenspende zu nennen.
Die Eltern des minderjährigen Kindes hatten im Februar 2008 mit der beklagten Samenbank-Betreiberin einen Vertrag geschlossen, um ihren Kinderwunsch zu realisieren. Danach verpflichtete sich die Beklagte, auf Anforderung des behandelnden Gynäkologen Spendersamen zu liefern. Die Eltern verzichteten mit notarieller Vereinbarung vom 29. Februar 2008 gegenüber dem natürlichen Vater und dem behandelnden Arzt darauf, dass ihnen die Identität des Spenders preisgegeben werde. Bei der Mutter des Kindes wurde in zeitlichem Zusammenhang mit diesem Datum eine künstliche heterologe Insemination durchgeführt; das Kind wurde am 20. Dezember 2008 geboren.
Die Eltern des Kindes haben sowohl in eigenem Namen als auch als gesetzliche Vertreter des Kindes in dessen Namen Klage erhoben, um von der Beklagten die Identität des Samenspenders zu erfahren. Zwischen den Parteien war streitig, ob das Kind mit dem von der Beklagten gelieferten Spendersamen gezeugt worden ist.
Das Amtsgericht Wedding wies zwar die Klage ab, soweit sie auf Hinterlegung der Auskunft bei einem Notar gerichtet war, da ein Anspruch auf eine bestimmte Art und Weise der Auskunftserteilung nicht bestehe. Die hilfsweise erhobene Klage des Kindes in eigenem Namen, ihm (direkt) Auskunft über die Identität des Samenspenders zu geben, hatte dagegen Erfolg.
Das Amtsgericht Wedding führte aus, es bestehe eine Sonderverbindung zwischen dem Kind und der beklagten Samenbank. Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung entfalte der Behandlungsvertrag zwischen Wunscheltern und einer Klinik für Reproduktionsmedizin eine Schutzwirkung für das zu zeugende Kind. Nichts Anderes könne für einen Vertrag mit einer den Spendersamen liefernden Samenbank gelten. Aus dieser Sonderverbindung leite sich der Auskunftsanspruch ab.
Es sei ferner davon auszugehen, dass ein konkretes Bedürfnis des Kindes bestehe, Informationen über die Identität des Samenspenders zu erhalten. Dafür sei ein Mindestalter nicht erforderlich, sondern die Eltern könnten im Rahmen ihres Elternrechts in eigener Verantwortung entscheiden, wann und unter welchen Umständen sie das Kind von seiner Herkunft in Kenntnis setzen.
Aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme, in der die behandelnde Gynäkologin als Zeugin vernommen worden ist, sei das Gericht davon überzeugt, dass das klagende Kind durch den von der Beklagten gelieferten Spendersamen gezeugt worden sei.
Der Beklagten sei auch zuzumuten, Auskunft zu erteilen. Das verfassungsrechtlich geschützte Recht des Kindes auf Kenntnis der eigenen Abstammung überwiege die grundrechtlich geschützten Interessen der Beklagten. Zwar stehe dem Samenspender das Recht auf informelle Selbstbestimmung zu, andererseits habe er sich bewusst mit einem maßgeblichen Beitrag an der Zeugung menschlichen Lebens beteiligt und trage dafür eine soziale und ethische Verantwortung. Die ärztliche Schweigepflicht stehe der Auskunft ebenfalls nicht entgegen, da die Eltern des Kindes selbst mit ihrer eigenen Klage ihr Einverständnis gegeben hätten. Es sei nicht erforderlich, vorrangig den behandelnden Arzt in Anspruch zu nehmen, zumal die beklagte Samenbank eher Informationen über die Identität erteilen können als der ärztliche Behandler. Schließlich bestünden auch keine Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte die Auskunft nicht erteilen könne.
Das Urteil ist nicht rechtskräftig.
AG Wedding, Urteil 13 C 259/16 vom 27.04.2017
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