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Steuer & Recht
Wer nach einem Unfall falsche Angaben bezüglich seiner Geschwindigkeit zum Unfallzeitpunkt macht, riskiert nach einem Urteil seinen Versicherungsschutz.
Versicherungsnehmer, die in einer Schadenanzeige die Frage nach der zum Zeitpunkt eines Unfalls gefahrenen Geschwindigkeit falsch beantworten, können den Versicherungsschutz ihrer Kaskoversicherung verlieren. Das hat das Oberlandesgericht Saarbrücken mit einem kürzlich bekannt gewordenen Urteil entschieden (Az.: 5 U 78/08).
Ein Autofahrer war auf einer engen und kurvenreichen Landstraße mit seinem Ferrari unterwegs. Kurz nach einem Überholvorgang geriet er auf den unbefestigten Seitenstreifen der Straße und verlor die Kontrolle über das Fahrzeug. Die Unglücksfahrt endete letztendlich an einem Baumstumpf.
In der seinem Kaskoversicherer eingereichten Schadenanzeige gab der Ferrari-Fahrer an, zum Zeitpunkt des Unfalls 70 km/h gefahren zu sein. Exakt diese Geschwindigkeit war auch an der Unfallstelle erlaubt. Zu dem Unfall sei es nur deswegen gekommen, weil ihm kurz nach dem Überholvorgang ein unbekannter Dritter mit seinem Fahrzeug entgegengekommen sei, dem er hätte ausweichen müssen.
Doch der Kaskoversicherer weigerte sich, dem Kläger die Reparaturkosten in Höhe von annähernd 70.000 Euro zu zahlen. Ein von ihm beauftragter Sachverständiger hatte nämlich anhand der Unfallspuren festgestellt, dass der Versicherte zum Zeitpunkt des Unfalls mit mindestens 95 km/h, vermutlich aber mit einer Geschwindigkeit zwischen 112 und 117 km/h unterwegs gewesen sein musste.
Der Versicherer versagte dem Kläger daher wegen vorsätzlich falscher Angaben in der Schadenanzeige sowie wegen grob fahrlässiger Herbeiführung des Unfalls den Versicherungsschutz.
In seiner gegen seinen Kaskoversicherer eingereichten Klage verteidigte sich der Versicherte damit, dass es sich bei seinen Angaben zur gefahrenen Geschwindigkeit um eine Schätzung gehandelt habe. Denn niemand schaue ständig auf den Tacho, und das schon gar nicht in einer brenzligen Verkehrssituation.
Wegen des erforderlichen Ausweichmanövers hätte sich der Unfall im Übrigen auch bei einer Geschwindigkeit von 70 km/h ereignet. Die mögliche Differenz von 25 km/h sei daher unerheblich.
Das sahen die Richter des Saarbrücker Oberlandesgerichts anders. Sie wiesen die Klage des Ferrari-Besitzers als unbegründet zurück.
Nach Aussage der Fahrerin, die der Kläger kurz vor dem Unfall überholt hatte, war er mit sehr hoher Geschwindigkeit unterwegs. Der Kläger sei auch nicht wegen des Gegenverkehrs auf den Grünstreifen geraten. Denn dieser habe sich erst genähert, als sich der Ferrari bereits mit den rechten Rädern auf dem Grünstreifen befand.
Da auch der Sachverständige von einer deutlich höheren Geschwindigkeit als der am Unfallort erlaubten 70 km/h ausgegangen war, hielt das Gericht die Fahrweise des Klägers für grob fahrlässig. Selbst wenn man zu seinen Gunsten unterstellt, dass er „nur" 25 Stundenkilometer zu schnell fuhr, liegt hierin angesichts der konkreten Situation ein besonders hoher Sorgfaltsverstoß, so das Gericht.
Denn wenn ein Kraftfahrer im Zusammenhang mit einer erheblichen Geschwindigkeits-Überschreitung von der Fahrbahn abkommt, spricht der Beweis des ersten Anscheins dafür, dass der Unfall auf der zu hohen Geschwindigkeit beruht. Den Beweis dafür, dass sich der Unfall auch bei den erlaubten 70 km/h ereignet hätte, ist der Kläger nach Überzeugung des Gerichts schuldig geblieben.
Nach Ansicht der Richter war dem Kläger der Versicherungsschutz aber auch aus einem weiteren Grund zu versagen. Denn dadurch, dass die von ihm gefahrene Geschwindigkeit falsch angegeben hat, hat er gegen seine Aufklärungspflicht verstoßen.
Er kann sich auch nicht dadurch entlasten, dass es sich bei den von ihm gemachten Angaben um angebliche Schätzwerte gehandelt hat. Denn hätte er Circa-Angaben machen wollen, so hätte er sie in dem Schadenformular entsprechend kennzeichnen müssen, so das Gericht.
Die Richter wollten es zwar nicht ausschließen, dass sich ein Versicherungsnehmer beim Ausfüllen einer Schadenanzeige um wenige Stundenkilometer verschätzen kann. Eine Schätzdifferenz von mindestens 25 km/h reicht nach Überzeugung des Gerichts jedoch weit über eine hinnehmbare Fehlertoleranz hinaus. Das Gericht ging daher von vorsätzlich gemachten falschen Angaben aus.
Da Falschangaben zu einer zum Zeitpunkt eines Unfalls gefahrenen Geschwindigkeit generell dazu geeignet sind, die Interessen eines Kaskoversicherers zu gefährden, hat der Versicherer dem Kläger den Versicherungsschutz zu Recht versagt. Denn die Kenntnis des genauen Unfallhergangs einschließlich der Geschwindigkeit ist erforderlich, um beurteilen zu können, ob überhaupt ein bedingungsgemäßer Versicherungsfall vorliegt.
Eine Revision gegen die Entscheidung ließ das Gericht nicht zu. (v e r p d)
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