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Wie Präsentismus und Gesundheitsrisiken Teams und Betriebe belasten könnten
14. Januar 2025
Der Vorschlag, Karenztage einzuführen, bei denen Arbeitnehmer in den ersten drei Krankheitstagen keinen Lohn erhalten, trifft auf massive Kritik – besonders in systemrelevanten Branchen wie Apotheken. Präsentismus, steigende Gesundheitsrisiken und verschärfter Personalmangel könnten die Folgen sein. Wie sollen Apothekenbetreiber diese Herausforderungen bewältigen, ohne das Wohl ihrer Teams und Kunden zu gefährden? Eine kritische Analyse der Risiken, Lösungen und der Verantwortung von Politik und Arbeitgebern in einer ohnehin angespannten Branche.
Der Vorschlag des Ökonomen Bernd Raffelhüschen, in Deutschland Karenztage einzuführen, sorgt für kontroverse Diskussionen. Arbeitnehmer sollen demnach in den ersten drei Krankheitstagen keinen Lohn erhalten, um Fehlzeiten zu reduzieren und möglichen Missbrauch der Lohnfortzahlung einzudämmen. Doch Kritiker warnen vor erheblichen Risiken, insbesondere für systemrelevante Bereiche wie Apotheken.
Apothekenbetreiber stehen bereits unter enormem Druck: Fachkräftemangel, steigende Betriebskosten und zunehmende Arbeitsbelastungen prägen den Alltag. Die Einführung von Karenztagen könnte diesen Druck weiter verschärfen. Experten befürchten, dass Mitarbeiter aus Angst vor Gehaltseinbußen auch krank zur Arbeit kommen – ein Phänomen, das als „Präsentismus“ bekannt ist. Dies birgt nicht nur gesundheitliche Risiken für das gesamte Team, sondern auch für die Kunden, die oft zur vulnerabelsten Patientengruppe gehören, wie ältere Menschen oder chronisch Kranke.
Darüber hinaus könnten längere Krankheitsausfälle durch verschleppte Erkrankungen und die verstärkte Verbreitung von Infektionen die ohnehin angespannte Personalsituation weiter verschärfen. Hinzu kommen mögliche Imageschäden für Apotheken, wenn Kunden das Gefühl gewinnen, dass hygienische Standards und Gesundheitsrisiken nicht ernst genug genommen werden.
Die ABDA (Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände) hat sich bereits kritisch zu dem Vorschlag geäußert. „Apotheken sind ein wichtiger Bestandteil der Gesundheitsversorgung. Die Einführung von Karenztagen würde die Belastungen für Teams und Betreiber weiter erhöhen und könnte die Attraktivität des Berufs nachhaltig beeinträchtigen“, sagte ein Sprecher der ABDA.
Apothekenbetreiber müssten zudem rechtliche und organisatorische Herausforderungen bewältigen. Klare interne Regelungen für Krankmeldungen, der Umgang mit möglichen Konflikten um Lohnfortzahlungen und die Sicherstellung eines reibungslosen Betriebs trotz höherer Ausfallrisiken wären unverzichtbar. Präventive Maßnahmen wie kostenlose Gesundheitsangebote und flexible Vertretungsmodelle könnten hier gegensteuern.
Die Diskussion zeigt, dass Apotheken eine sensible Balance zwischen wirtschaftlicher Stabilität und der Gesundheit ihrer Teams wahren müssen. Karenztage, die als pauschale Lösung gedacht sind, könnten diese Balance jedoch empfindlich stören.
Die Debatte um Karenztage mag aus wirtschaftlicher Sicht nachvollziehbar erscheinen, doch in der Realität birgt sie enorme Risiken – besonders für Apotheken. In einer Branche, die auf Nähe und Vertrauen setzt, ist die Gesundheit der Mitarbeiter und Kunden ein essenzieller Erfolgsfaktor. Raffelhüschens Vorschlag übersieht, dass Karenztage in einem sensiblen Umfeld wie dem der Apotheken weitreichende negative Folgen haben können.
Präsentismus – das krankheitsbedingte Arbeiten aus Pflichtgefühl oder Angst – ist ein unterschätztes Problem. In Apotheken, die tagtäglich mit gesundheitlich gefährdeten Menschen arbeiten, kann es verheerende Auswirkungen haben. Ein kranker Mitarbeiter gefährdet nicht nur das Team, sondern auch Patienten, die auf Beratung und Schutz angewiesen sind. Langfristige Krankheitsausfälle durch verschleppte Infektionen könnten die ohnehin kritische Personalsituation weiter verschärfen.
Hinzu kommt die Gefahr eines Vertrauensverlustes. Kunden erwarten von Apotheken nicht nur kompetente Beratung, sondern auch ein hohes Maß an Hygiene und Verantwortungsbewusstsein. Werden diese Erwartungen enttäuscht, könnte das Image der gesamten Branche Schaden nehmen.
Apothekenbetreiber stehen daher vor der Herausforderung, einerseits den Betrieb wirtschaftlich effizient zu gestalten und andererseits ihre Teams zu schützen. Maßnahmen wie flexible Arbeitszeiten, klare Krankmelderegelungen und präventive Angebote wie Grippeimpfungen für Mitarbeiter sind keine Kür, sondern Pflicht. Gleichzeitig muss die Politik erkennen, dass Karenztage nicht die Ursache von Fehlzeiten lösen, sondern neue Probleme schaffen.
Die Lösung liegt nicht in Sanktionen, sondern in einem partnerschaftlichen Ansatz, der Vertrauen und Fürsorge in den Vordergrund stellt. Apotheken leisten einen unverzichtbaren Beitrag zur Gesundheitsversorgung. Statt zusätzliche Belastungen zu schaffen, sollten Politik und Arbeitgeber gemeinsam daran arbeiten, die Rahmenbedingungen zu verbessern – für die Mitarbeiter, die Kunden und die Branche insgesamt.
Von Matthias Engler, Fachjournalist
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