• 15.02.2012 – BGH: Ein Reiseveranstalter muss sich grundsätzlich bei befristeten Frühbucherrabatten an diese Frist halten, um nicht dem Vorwurf einer Irreführung ausgesetzt zu sein

    SICHERHEIT – Steuer & Recht Stellt es eine Irreführung dar, wenn ein Reiseveranstalter eine zeitlich befristete Frühbucherrabattaktion über das zuvor angekündigte Datum ver ...

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BGH: Ein Reiseveranstalter muss sich grundsätzlich bei befristeten Frühbucherrabatten an diese Frist halten, um nicht dem Vorwurf einer Irreführung ausgesetzt zu sein

 

Stellt es eine Irreführung dar, wenn ein Reiseveranstalter eine zeitlich befristete Frühbucherrabattaktion über das zuvor angekündigte Datum verlängert? Der Bundesgerichtshof (BGH) beantwortet dieses Frage mit einem grundsätzlichen „JA mit Einschränkungen" (BGH, Urteil vom 07. Juli 2011, Az. I ZR 181/10).


Der Fall:

Die Beklagte ist Reiseveranstalterin und bietet Kinder- und Jugendreisen an. Sie bewarb auf ihrer Internetseite eine Kinderreise mit der Angabe: "Frühlings-Special! Wir schenken dir 25 EUR bei Buchung bis 30.04.09!". Dieser Preisnachlass wurde allerdings auch nach Fristablauf am 30.04 weiter gewährt. Grund sei gewesen, dass die Beklagte auch weiterhin von günstigen Einkaufspreisen profitiert habe; dies sei indes nicht absehbar gewesen. Bereits zuvor hatte die Beklagte eine vergleichbare Frühbucheraktion um mehr als zwei Wochen über die Frist hinaus verlängert.

Gegen diese Praxis ging die Verbraucherzentrale Hamburg vor und mahnte die Beklagte zunächst ab und erhob im Anschluss Klage auf Unterlassung sowie Ersatz der Abmahnkosten. Das Landgericht Bielefeld wies die Klage ab. Die Berufung der Klägerin zum Oberlandesgericht Hamm blieb erfolglos.

Die Entscheidung:

Der Bundesgerichtshof hebt im Ergebnis das Berufungsurteil auf und verweist die Sache zur erneuten Verhandlung an das Berufungsgericht zurück.

Nach richtiger Auffassung des BGH war der Unterlassungsanspruch im vorliegenden Fall, zumindest aufgrund des von den Vorinstanzen festgestellten Sachverhalts, aus §§ 3, 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 UWG nicht zu verneinen gewesen. Gem. § 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 UWG ist eine geschäftliche Handlung u.a. irreführend, wenn sie Angaben oder sonstige zur Täuschung geeignete Angaben über den Anlass des Verkaufs oder das Vorhandenseins eines Preisvorteils enthält. Nach Ansicht des BGH kann sich

die Ankündigung einer Sonderveranstaltung mit festen zeitlichen Grenzen als     irreführend erweisen, wenn der Sonderverkauf über die angegebene Zeit hinaus     fortgeführt wird (BGH, Urteil vom 07.Juli 2011 Az. I ZR 173/09). Für das Versprechen     von zeitlich befristeten Preisnachlässen gilt grundsätzlich nichts anderes (BGH, Urteil     vom 07. Juli 2011, Az. I ZR 181/10).

Werden in der Ankündigung einer Vergünstigung von vornherein feste zeitliche     Grenzen angegeben, muss sich der Kaufmann hieran grundsätzlich festhalten lassen     (BGH, a.a.O.; OLG Düsseldorf, Urteil vom 13. April 2010 Az. 20 U 186/08).

Entscheidend hierbei ist aber nicht alleine die Frage, ob über den angekündigten Zeitraum hinaus ein bestimmter Rabatt gewährt wird oder nicht sondern, ob durch die Ankündigung der Rabattaktion eine konkrete Fehlvorstellung des Verbrauches erzeugt wurde - dabei, so der BGH,

hängt die Frage der Irreführung maßgebend davon ab, wie der Verkehr die Werbung     mit einem befristet gewährten Preisvorteil nach den Umständen des konkreten     Falles versteht (BGH a.a.O.).

Der BGH verweist dabei auf Folgendes: Während es bei Jubiläumsaktionen aus Sicht des Verbrauchers keinen Grund geben mag, warum eine solche über den angekündigten Zeitraum hinaus verlängert werden sollte, soll es bei Frühbucherrabatten durchaus auch für den Verbraucher erkennbar sein, dass etwa im Falle schleppender Nachfrage eine solche Aktion verlängert werden kann, mit der Konsequenz, dass von einer Irreführung nicht ohne weiteres ausgegangen werden kann. Konkret soll dabei so abgegrenzt werden, dass eine Irreführung regelmäßig dann vorliegt,

wenn der Unternehmer bereits bei Erscheinen der Werbung unabhängig vom Buchungsstand die Absicht hat, die Vergünstigung über die zeitliche Grenze hinaus zu gewähren, dies aber in der Werbung nicht hinreichend deutlich zum Ausdruck     bringt (BGH, a.a.O.).

Liegt eine Verlängerung indes in Umständen begründet, die erst nach Erscheinen der Werbung eingetreten sind, soll es nach Ansicht des BGH darauf ankommen,

ob diese Umstände für den Unternehmer unter Berücksichtigung fachlicher Sorgfalt     voraussehbar waren und deshalb bei der Planung der befristeten Aktion und der     Gestaltung der angekündigten Werbung berücksichtigt werden konnten (BGH a.a.O.),

wobei die Darlegungs- und Beweislast hier grundsätzlich den Werbenden trifft.

Ein solcher absehbarer Umstand kann auch dann vorliegen, [...], wenn und soweit für ihn [den Werbenden, Anm. d. Verf.] bei sorgfältiger Beurteilung der Umstände erkennbar war, dass ihm solche günstigen Einkaufspreise auch nach Ablauf der     Befristung weiter gewährt werden. Dabei kann von erheblicher indizieller Bedeutung sein, ob und in welchem Umfang der Unternehmer einen befristet beworbenen Vorteil     bereits zuvor aus dem gleichen Grund verlängert hatte (BGH a.a.O.).

Die wettbewerbsrechtliche Relevanz eines solchen Verhaltens liegt darin begründet, dass

durch die zeitliche Begrenzung der Gewährung eines herabgesetzten Preises der Verbraucher gezwungen wird, die Kaufentscheidung unter einem zeitlichen Druck vorzunehmen, der die Gefahr begründet, dass ein ruhiger und genauer Leistungsvergleich verhindert und sich der Verkehr nicht mehr mit Angeboten von Mitbewerbern befassen wird (BGH, a.a.O.; BGH, Urteil vom 07. Juli 2011 Az. I ZR 173/09).

Im konkreten Fall hatte die Beklagte bereits zuvor eine ähnliche Verlängerung vorgenommen. Der BGH verwies nun darauf, dass die, insoweit für ihn nach oben Gesagtem, entscheidungserheblichen Feststellungen, ob die Beklagte es aufgrund dessen absehen konnte, dass ihr erneut über den Aktionszeitraum hinaus günstige Einkaufspreise gewährt würden, nicht getroffen worden waren.

Bewertung:

Der BGH stellt in seiner Entscheidung klar, dass sich grundsätzlich an die zeitliche Grenze einer Rabattaktion zu halten ist, will man sich nicht der Gefahr eines wettbewerbswidrigen Verhaltens aussetzen. Gleichzeitig legt das Gericht aber auch dar, dass dies nicht stets und uneingeschränkt gilt - so mag es denkbar sein, dass aufgrund später eingetretener Umstände eine Verlängerung durchaus ausnahmsweise zulässig ist. Im Grundsatz bleibt es aber dabei, dass zeitlich begrenzte Rabatte auch nur innerhalb dieser Grenzen zu gewähren sind. Werbenden ist damit zu raten Zurückhaltung bei Verlängerungen solcher Aktionen walten zu lassen, dies insbesondere vor dem Hintergrund, dass sie darlegen und ggf. beweisen müssen, dass für sie nicht voraussehbare Umstände nach Erstellung der Werbung die Verlängerung begründet haben. Verbrauchern ist zu raten durchaus kritisch solchen Rabattaktionen gegenüberzutreten, denn gerade durch die Herausstellung der Darlegungs- und Beweislast ist ihre Position durchaus gestärkt worden.

Dr. Robert Kazemi

 

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