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Sehr geehrte Apothekerin, sehr geehrter Apotheker,
hier ist der vollständige Text für Sie:
Steuern & Recht
Einer Pressemitteilung des Verwaltungsgerichts (VG) Braunschweig vom 23.05.2012 zu Folge, hat das Gericht die Gewährung eines sog. ein „Apotheken-Talers" im Wert von 50 Cent beim Kauf rezeptpflichtiger Medikamente als zulässig erachtet (VG Braunschweig, Urt. v. 23.05.2012, 5 A 34/11).
In der Pressemitteilung heißt es:
"Mit seinem Urteil hat das Gericht eine Verfügung der Apothekerkammer aufgehoben, mit der diese einer in Braunschweig ansässigen Apotheke mit zwei Filialen untersagt hatte, einen „Apotheken-Taler" im Wert von 50 Cent pro Rezept für verschreibungspflichtige und damit preisgebundene Arzneimittel zu gewähren. Die „Taler" können nach dem Konzept des klagenden Apothekers entweder in der ausgebenden Apotheke gegen spätere Prämien oder bei Kooperationspartnern wie z. B. Eisdielen eingetauscht werden. Die Richterinnen und Richter haben entschieden, dass ein solches Bonusmodell einer Präsenzapotheke zwar gegen die Arzneimittelpreisbindung verstoße. Die Untersagung entspreche aber nicht dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und sei deshalb ermessensfehlerhaft. Nach dem Heilmittelwerberecht sei ein Barrabatt bei preisgebundenen Arzneimitteln ausnahmslos untersagt, die Gewährung von „geringwertigen Kleinigkeiten" aber zulässig. Das Gericht knüpft damit auch an die auf entsprechende Unterlassungsklagen von Konkurrenten und der Wettbewerbszentrale ergangene Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs an. Bei der Ausgabe eines Talers im Wert von 50 Cent pro Rezept handele es sich nach den Wertungen des Heilmittelwerberechts um die zulässige Gewährung einer „geringwertigen Kleinigkeit". Dies habe die Apothekerkammer bei der von ihr zu treffenden Ermessensentscheidung nicht berücksichtigt."
Bewertung:
Die Entscheidung des VG Braunschweig ist zu begrüßen und im Rahmen der durch den Bundesgerichtshof vorgegebenen Wertungen. So hat der BGH in einer Reihe von Entscheidungen aus dem Jahre 2010 die Rabattmöglichkeiten auf verschreibungspflichtige Medikamente zwar erheblich eingeschränkt, diese jedoch nicht gänzlich verboten. Die obersten Zivilrichter stellten vielmehr eine sog. Spürbarkeitsschwelle auf; jedenfalls bei Zugaben in einem Rahmen von bis zu 1,00 EUR soll diese noch nicht überschritten sein, während Zugaben über 2,50 EUR die Spürbarkeisschwelle in aller Regel überschreiten und damit unzulässig sind. Die hier streitgegenständliche Zugabe von 50 Cent ist damit grundsätzlich zulässig. Auch nach den grundlegenden Entscheidungen des BGH aus dem Jahre 2010 sind - dies zeigt das Urteil des VG Braunschweigs - nach wie vor zahlreiche Einzelfragen der Rabattgewährung unbeantwortet. Erst kürzlich hatte beispielsweise das Oberlandesgericht Jena zu klären, ob die Spürbarkeitsschwelle medikamenten- oder rezeptbezogen ist (OLG Jena, Urt. v. 04.04.2012 - 2 U 864/11). Das Gericht entschied sich für eine medikamentenbezogene Anwendungspraxis und findet damit eine überzeugende Lösung, die sowohl die Interessen der Apotheker an einer Kundenbindung, als auch die über das arzeneimittelrechtliche Rabattverbot geschützten Patienteninteressen in einen angemessenen und interessengerechten Ausgleich bringt. Wie das OLG zutreffend ausführt, wäre es willkürlich, ein System für lauterkeitsrechtlich unbedenklich zu halten, wenn der Kunde, dem mehrere Medikamente auf verschiedenen Rezepten verschrieben wurden, die er einzeln einlöst, einen Bonus für jedes verschriebene Medikament erhält, das Bonussystem aber für unlauter zu halten, wenn er alle verschriebenen Medikamente „auf einmal" einlöst. Das OLG führt aus, dass „nur bei einer ganz zweifelsfrei an das verschriebene Medikament anknüpfenden Sichtweise" auch die gewünschte Rechtssicherheit hergestellt und ein „Graubereich" vermieden wird. Hierin ist dem OLG Jena uneingeschränkt zuzustimmen. Mit bislang noch nicht veröffentlichtem Urteil vom 12.01.2012 (BGH, Urteil vom 12.1.2012 - I ZR 211/10) hat sich auch der BGH erneut mit der Zulässigkeit von Rabattgewährungen zu befassen gehabt. Wie der Pressemitteilung vom 13.01.2012 zu entnehmen ist, geht es in diesem Fall darum, ob eine deutsche Apotheke auf Ihre Medikamente einen Rabatt gewähren darf, wenn die Kunden dieser Apotheke diese Medikamente zuvor in einer Apotheke in Budapest bestellt haben, die Medikamente jedoch anschließend in der deutschen Apotheke der Beklagten abgeholt werden. Auch diese Praxis sieht der BGH offensichtlich als unzulässig an. Die Frage der Rabattgewährung auf verschreibungspflichtige Arzneimittel bleibt damit weiterhin spannend.
Dr. Robert Kazemi
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