Für Sie gelesen
Sehr geehrte Apothekerin, sehr geehrter Apotheker,
hier ist der vollständige Text für Sie:
Steuern & Recht
Stellt die Veröffentlichung im
geschäftlichen Verkehr an eine einzelne Person versendete E-Mails auf
einer Internetseite einen Verstoß gegen das allgemeine
Persönlichkeitsrechts des Absenders dar? Das Landgericht (LG)
Saarbrücken beantwortet dieses Frage grds. mit „JA" (LG Saarbrücken, Urteil vom 16. Dezember 2011, Az: 4 O 287/11).
Der Fall:
Die
Verfügungsklägerin betreibt eine Internetpräsenz, unter der Vermieter
Bonitätsauskünfte über potentielle Mieter einholen können. Die
Verfügungsbeklagte betreibt ihrerseits eine Internetseite, unter der
sich u.U. betroffenen Verbraucher über die bei der Verfügungsklägerin
gespeicherten Daten informieren können. Im Rahmen eines E-Mailwechsels
zwischen den Parteien über die Zulässigkeit des jeweiligen
Internetangebots, veröffentlichte die Verfügungsbeklagte die E-Mails der
Verfügungsklägerin auf ihrer Internetseite. Die E-Mails waren dabei mit
dem Vermerk oberhalb der Unterschrift versehen: "Einer Veröffentlichung
wird mit Blick auf das Urheberrecht und Firmengeheimnis widersprochen".
Am Ende aller E-Mails der Verfügungsklägerin war der Vermerk: "Diese
E-Mail enthält vertrauliche und rechtlich Geschützte Informationen. Wenn
Sie nicht der richtige Absender sind und die E-Mail irrtümlich erhalten
haben, informieren Sie bitte sofort den Absender und vernichten Sie
diese E-Mail. Das Kopieren von Inhalten dieser E-Mail, die Weitergabe
ohne Genehmigung ist nicht erlaubt und stellt eine
Urheberrechtsverletzung dar." angebracht.
Die Verfügungsklägerin
forderte die Verfügungsbeklagte mit anwaltlichem Schreiben zur Abgabe
einer strafbewährten Unterlassungserklärung auf. Auch dieses Schreiben
wurde durch die Verfügungsbeklagte veröffentlicht. Daraufhin beantragte
die Verfügungsklägerin den Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen
die Verfügungsbeklagte.
Die Entscheidung:
Das
Landgericht hat dem Antrag stattgegeben und den hiergeben eingelegten
Widerspruch der Verfügungsbeklagten als unbegründet zurückgewiesen und
die einstweilige Verfügung aufrechterhalten. Das Gericht geht vorliegend
davon aus, dass der Verfügungsklägerin ein Unterlassungsanspruch gem.
§§ 823 i.V.m 1004 Abs. 1 BGB analog aufgrund Verletzung des allgemeinen
Persönlichkeitsrechts aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 GG gegen die
Verfügungsbeklagte zusteht. Teil des allgemeinen Persönlichkeitsrechts
sei das Recht am geschriebenen Wort.
Dieses umfasst die Befugnis,
grundsätzlich selbst zu bestimmen, ob der Inhalt eines Schreibens
der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden soll oder im privaten
Bereich bleibt. Die unbefugte Fixierung oder Veröffentlichung von
vertraulichen Aufzeichnungen - dazu gehört auch eine E-Mail, die nur
an einen bestimmten abgegrenzten Personenkreis übersandt wird -
tangiert das Allgemeine Persönlichkeitsrecht, denn der Einzelne hat ein
grundsätzliches Recht darauf, nicht den Blicken der Öffentlichkeit
ausgesetzt zu sein [...] (LG Saarland a.a.O.; BVerfG NJW 2006, 3406
[3408]; BVerfG 101, 361 [384f.]).
Allerdings verweist das Gericht
zu Recht darauf, dass es für die Frage in welchem Umfang der Einzelne
davon ausgehen darf, den Blicken der Öffentlichkeit nicht ausgesetzt zu
sein (Lg Saarland a.a.O.; BVerfG a.a.O.) von den jeweiligen Umständen
des Einzelfalls und des Verhaltens des Betroffenen selbst abhängt.
Versendet der Betroffene beispielsweise einen in einem verschlossenen
Kuvert befindlichen Brief, darf er davon ausgehen, dass lediglich der
Adressat hiervon Kenntnis erlangt. Bei einer E-Mail ist dies nicht ohne
Weiteres der Fall, muss der Absender doch grds. schon davon ausgehen,
dass eine Weiterleitung an Dritte, insb. vor dem Hintergrund der
einfachen technischen Möglichkeit über die Weiterleitungsfunktion
erfolgen kann. Allerdings soll dann ein entsprechender Schutz gelten,
wenn der Wille zur Vertraulichkeit des Inhalts bzw. ein der Verbreitung
und Weiterleitung entgegenstehender Wille zutage tritt. Vorliegend war
es so, dass der Absender ausdrücklich darauf hingewiesen hatte, den
Inhalt vertraulich zu behandeln und eine Weitergabe zu unterlassen. Die
Frage, ob es sich hierbei um einen sog. "Disclaimer" handelte, dessen
Rechtsverbindlichkeit bezweifelt wird oder, ob es sich um AGB gehandelt
haben mag, ließ das Gericht zu Recht offen. Relevant ist diese Frage
nämlich nur dann, wenn es sich um Haftungsausschlüsse oder
Vertragsschlüsse zwischen den Parteien handelt. Vorliegend ging es aber
nur um die Frage, ob eine Veröffentlichung der E-Mails erfolgen durfte
oder nicht. Zu Recht ging das Gericht davon aus, dass es unbillig wäre,
eine solche zwar pauschale, aber doch eindeutige Erklärung nicht als
ausreichende Willensbekundung der Vertraulichkeit der Äußerung
anzusehen (LG Saarland a.a.O.).
Weiterhin zutreffend ging das Gericht
auch von der Rechtswidrigkeit der Veröffentlichung aus. Zwar mag dann
ein Eingriff in das Persönlichkeitsrecht ausnahmsweise gerechtfertigt
sein, wenn, wie vorliegend, die bloße Sozialsphäre betroffen und unter
Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls die Meinungsfreiheit des
Veröffentlichenden und das Informationsinteresse der Öffentlichkeit aus
Art. 5 GG überwiegt, allerdings war vorliegend zu Recht davon
ausgegangen worden, dass aufgrund des Vertraulichkeitshinweises und der
Form der privaten Kommunikation zwischen den Parteien das
Persönlichkeitsrecht des Verfügungsklägers überwiegt. Richtigerweise
verweist das Gericht zwar darauf, dass grds. ein großes Interesse der
Öffentlichkeit und insb. der Betroffenen an der Einhaltung des
Bundesdatenschutzgesetzes besteht, allerdings wäre dies nur dann und
u.U. beachtenswert, wenn eine Weitergabe der E-Mails lediglich an die
betroffenen Verbraucher erfolgt sei und nicht, wie vorliegend, an einen
unbegrenzten Personenkreis, nämlich grds. an jeden Internetnutzer.
Bewertung:
Das Urteil zeigt, dass auch E-Mail-Nachrichten dem Schutz des Grundgesetzes unterfallen. Allerdings stellt das Gericht auch klar, dass dies nicht ohne Weiteres gilt, sondern vielmehr ein Vertraulichkeitsvermerk wie im vorliegenden Falle nötig ist, da ansonsten, im Ergebnis auch zutreffend, durch den Absendenden schon von der Möglichkeit der Weitergabe ausgegangen werden muss. Zwar ist auch erkennbar, dass dies nicht in jedem Falle gilt, so sind Konstellationen durchaus denkbar, in denen die Rechte des Weitergebenden bzw. der Öffentlichkeit überwiegen, es empfiehlt sich jedoch von der Möglichkeit eines solchen Vertraulichkeitsvermerk Gebrauch zu machen, wenn es die Absicht des Absenders ist, den Inhalt der E-Mail ausschließlich dem Empfänger zugänglich zu machen.
Das Urteil zeigt, dass auch E-Mail-Nachrichten dem Schutz des Grundgesetzes unterfallen. Allerdings stellt das Gericht auch klar, dass dies nicht ohne Weiteres gilt, sondern vielmehr ein Vertraulichkeitsvermerk wie im vorliegenden Falle nötig ist, da ansonsten, im Ergebnis auch zutreffend, durch den Absendenden schon von der Möglichkeit der Weitergabe ausgegangen werden muss. Zwar ist auch erkennbar, dass dies nicht in jedem Falle gilt, so sind Konstellationen durchaus denkbar, in denen die Rechte des Weitergebenden bzw. der Öffentlichkeit überwiegen, es empfiehlt sich jedoch von der Möglichkeit eines solchen Vertraulichkeitsvermerk Gebrauch zu machen, wenn es die Absicht des Absenders ist, den Inhalt der E-Mail ausschließlich dem Empfänger zugänglich zu machen.
Dr. Robert Kazemi
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