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hier ist der vollständige Text für Sie:
MEHRKOSTENREGELUNG
Berlin - Eigentlich wollte
Schwarz-Gelb mit der Mehrkostenregelung patientenfreundlich sein: Wer
partout kein Rabattarzneimittel will, soll künftig gegen Aufzahlung das
Präparat seiner Wahl bekommen. Weil dabei aber die Verträge mit den
Herstellern geheim bleiben müssen, sollen die Versicherten zunächst in
Vorleistung gehen. Nicht nur Industrie und Kassen, sondern auch die
Verbraucher halten davon wenig. Sie fürchten, in den Apotheken über den
Tisch gezogen zu werden.
Abverkauf statt Wahlfreiheit: Sozialverbände und Gewerkschaften halten nichts von der geplanten Mehrkostenregelung. Foto: Elke Hinkelbein
Der Sozialverband VdK Deutschland lehnt die Regelung wegen der
assymetrischen Informationsverteilung ab: „Es ist zu befürchten, dass
Versicherte in die Kostenerstattung gedrängt werden, ohne die
Konsequenzen ihres Handelns voll zu überblicken", schreibt der VdK in
seiner Stellungnahme zum Arzneimittelmarkt-Neuordnungsgesetz (AMNOG).
Bei der Anhörung im Gesundheitsausschuss des Bundestages forderte der
VdK daher, dass sich die Apotheker die Beratung über die Mehrkosten
schriftlich vom Versicherten quittieren lassen müssen. Auf diese Weise
soll ihnen ihre Pflicht zur unabhängigen Information in Erinnerung
gerufen werden.
Die Dienstleistungsgewerkschaft verdi formulierte es vor den
Gesundheitsexperten der Fraktionen noch unmissverständlicher: Die
scheinbare Wahlfreiheit eröffne neue Verkaufsstrategien für nicht
rabattierte Medikamente. Die Auswahl erfolge dann aber nicht mehr
danach, was gut sei, sondern was am besten in der Apotheken Umschau
beworben werde, sagte verdi-Gesundheitsexperte Herbert Weisbrod-Frey.
Auch der Sozialverband Deutschland (SoVD) befürchtet, dass die
Patienten durch „direktes Marketing oder auch durch Werbung über die
Apotheken" beeinflusst werden könnten.
Die BAG Selbsthilfe hält es für unabdingbar, dass sich die
Patienten „objektiv und unabhängig" über Unterschiede zwischen Rabatt-
und Aufzahlungs-Arzneimittel informieren können, beispielsweise auf
einer „übersichtlichen und unabhängigen Plattform zu den entsprechenden
Medikamenten". Ansonsten entstehe zwangsläufig der Eindruck,
Rabattarzneimittel seien Medikamente zweiter Klasse.
Die Vorkasse-Regelung halten die Verbände nicht nur für unzweckmäßg,
sondern auch für teurer, da die pauschalen Rückvergütungen der Kassen
durch Abschläge für Verwaltungskosten und fehlende
Wirtschaftlichkeitsprüfungen reduziert würden. Ohnehin gebe es keinen
Grund für die Vorkasse - es sei denn, man verstehe sie als ersten
Schritt zu der von Bundesgesundheitsminister Dr. Philipp Rösler (FDP)
geplanten generellen Ausweitung der Kostenerstattung.
Patrick Hollstein, Donnerstag, 30. September 2010, 12:51 Uhr
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