• 22.09.2010 - „Wir reden nicht mehr über Minirabatte"

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VIDEO-INTERVIEW PKV

„Wir reden nicht mehr über Minirabatte"

 

Berlin  -  Die private Krankenversicherung (PKV) stand jahrelang weitgehend außerhalb der gesundheitspolitischen Einflusssphäre. Bundesgesundheitsminister Dr. Philipp Rösler (FDP) überträgt den Versicherern nun weitreichende Einsparinstrumente aus dem Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV). APOTHEKE ADHOC sprach mit PKV-Verbandsdirektor Dr. Volker Leienbach über die neuen Möglichkeiten, den Anspruch auf Vertragskompetenz und potenzielle Verhandlungsfelder mit Apotheken.

ADHOC: Wie ähnlich sollen sich PKV und GKV werden?
LEIENBACH: Die private Krankenversicherung lebt vom Unterschied. Auch innerhalb der gesetzlichen Krankenversicherung gibt es Wettbewerb, auch dort lebt man vom Unterschied. Es gibt immer Segemente, wo man sich vielleicht einander annähert, und es gibt andere, wo man sich stärker voneinander entfernt. Das ist in einer Wettbewerbslandschaft so. Es darf natürlich nicht zu einer gesetzgeberischen Gleichschaltung kommen, dann wäre der Wettbewerb tot. Dann wäre all das nicht mehr möglich, was eine bürgerliche Regierung unter einem freiheitlichen Gesundheitssystem versteht.

ADHOC: Was will die PKV von der GKV adaptieren?
LEIENBACH: Es geht nicht um Adaption. Es geht darum, dass die private Krankenversicherung Instrumente bekommt, die sie handlungsfähig machen. Es geht darum, dass die PKV beispielsweise das selbstverständliche Instrument der Vertragskompetenz bekommt, was jedes Individuum, jede Institution in einer freiheitlichen Gesellschaft hat. Die GKV hat das, wir haben das nicht.

ADHOC: Was bedeutet das für die Beiträge?
LEIENBACH: Es ist völlig klar, dass das Einfluss auf die Kosten hat. Wir haben sehr starke Ausgabensteigerungen im Bereich der Arzneimittel. Es ist klar, dass sich dieser Kostenanstieg verlangsamt, wenn wir diese Instrumente bekommen, dass es gegebenenfalls sogar - je nachdem, wie der politische Prozess ausgeht - zu Kostensenkungen kommen kann. Selbstverständlich werden diese an die Versicherten weitergegeben, wobei man wissen muss, dass die Kostenexpansion und die Beitragsentwicklung nicht nur vom Arzneimittelmarkt abhängen.

ADHOC: Kommt der Herstellerrabatt für die PKV?
LEIENBACH: Wir gehen davon aus, dass die Bundesregierung nicht einseitig Rabatte verordnen kann für 90 Prozent der Bevölkerung in Deutschland. Es darf nicht sein, dass die Verluste, die der Pharmaindustrie dort entstehen, strukturell kompensiert werden von 10 Prozent der Bevölkerung, nämlich den privat Krankenversicherten, unter denen viele sind mit kleinen, mit mittleren Einkommen. Insofern brauchen wir eine wirkungsgleiche Übertragung der Rabatte.

ADHOC: Braucht die PKV Schutzzäune?
LEIENBACH: Die private Krankenversicherung braucht keine Schutzzäune. Ganz im Gegenteil: Die private Krankenversicherung braucht mehr Freiheitsgrade. Und das Vertragsinstrument, von dem ich eben gesprochen habe, ist ein selbstverständliches Freiheitsinstrument. Ich wundere mich immer, dass man das rechtfertigen muss, wenn man das einfordert.

ADHOC: Warum schließt die PKV kaum Rabattverträge?
LEIENBACH: Wir haben ja im Augenblick nur ein sehr stumpfes Instrumentarium. Wir können mit der Pharmaindustrie verhandeln, die Pharmaindustrie muss aber nicht mit uns verhandeln. Wir haben eine ganze Reihe von Anläufen genommen, um in ein verbindliches Verhandlungsgeschehen zu kommen. Das, was dort auf dem Verhandlungstisch lag, war aber so kleinteilig, dass eine Verhandlung wirklich nicht gelohnt hätte. Wir brauchen deutliche verbindlichere Ansätze, und wir brauchen vor allen Dingen ein Kriterium für Verhandlungen. Das kann Angemessenheit sein, das können Preise sein, die andere vereinbart haben. Aber wir können nicht im luftleeren Raum auf der Basis sehr hoher Preise über Minirabatte reden. Das ist keine Verhandlung.

ADHOC: Warum war die PKV bei den Zyto-Rezepturen erfolglos?
LEIENBACH: Wir hatten hier ein Verhandlungsmandat. Das war aber sehr schwierig, weil die gesetzliche Regelung vorsah, dass, wenn die Verhandlungen scheitern, es wiederum zu einer Preisgestaltungsregelung kommt, die für die Apotheker - ich sage es sehr vorsichtig - sehr vorteilhaft gewesen wäre. Es ist klar, dass da die Verhandlungsbereitschaft sehr gebremst ist. Hier zeichnet sich eine gesetzgeberische Lösung ab: Die private Krankenversicherung zahlt einen bestimmten Prozentsatz mehr als die GKV. Es geht um das Inkassorisiko, das sonst allein bei den Apothekern bliebe. Wir sehen ein, dass die Apotheker von dem Inkassorisiko befreit werden müssen.

ADHOC: Wird es Selektivverträge mit Apotheken geben?
LEIENBACH: Da fehlt mir im Augenblick die Fantasie. Einzelne Unternehmen sind hier unterwegs. Das ist aber ein Wettbewerbsfeld, wo der Verband sich nicht einmischen sollte.

ADHOC: Müssen die Apotheken vor der PKV Angst haben?
LEIENBACH: Ich glaube, Angst ist nicht die Kategorie. Wenn wir weiter im fairen Miteinander miteinander umgehen, so wie wir das in der Vergangenheit getan haben, dann können Verhandlungen zwischen Apothekern und Pharmaindustrie auf der einen Seite und zwischen Apothekern und privater Krankenversicherung auf der anderen Seite zum Nutzen aller sein.

APOTHEKE ADHOC, Mittwoch, 22. September 2010, 18:46 Uhr

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(APOTHEKE ADHOC)

 

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