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Finanzen
Deutschland muss den Beispielen aus Großbritannien oder der Schweiz folgen und im Bereich der betrieblichen Altersvorsorge (bAV) ein Obligatorium einführen. So lautet das Fazit der 6. Villa Mumm-Konferenz von Fidelity Worldwide Investment. Auf der Veranstaltung hat der Vermögensverwalter gestern mit institutionellen Investoren und Wissenschaftlern Lösungen für den Umgang mit dem Rentenproblem und dem historisch niedrigen Zinsniveau diskutiert. Das Thema ist akut, denn der Druck auf Kapitalanleger und Garantiegeber von Pensionsleistungen steigt.
Der Lebensstandard von Arbeitnehmern wird sich im Rentenalter nur erhalten lassen, wenn es gelingt, die betriebliche Altersvorsorge im Rentenmix deutlich und zügig zu stärken. Das Thema rückt daher aktuell auch wieder in den Fokus der Politik. „Bislang unternehmen der Gesetzgeber und Firmen noch zu wenig, um diesem Ziel näher zu kommen. Mit aktuell rund 4% bleibt der Anteil der bAV an den Alterseinkünften in Deutschland drastisch hinter dem effektiven Bedarf zurück. Bereits auf mittlere Sicht wird ein Anteil von 25 bis 30% nötig sein", sagt Dr. Klaus Mössle, Leiter Institutionelles Geschäft bei Fidelity Worldwide Investment in Deutschland. Aber auf welche Vermögensklassen können institutionelle Investoren im Niedrigzinsumfeld setzten? Und was kann Deutschland mit Blick auf die benötigte Stärkung der bAV von anderen Ländern lernen?
Kapitalmarktgedeckte Altersvorsorge jenseits von Staatsanleihen
„Vor dem Hintergrund der anhaltenden Staatsschuldenkrise müssen alte Vorstellungen von Rendite und Risiko grundlegend überdacht und Alternativen zu jenen Anlagen gefunden werden, die institutionelle Anleger bisher bevorzugt haben, namentlich zu Staatsanleihen. Mit dividendenstarken Aktien, Unternehmensanleihen oder auch Immobilien lassen sich heute attraktive und verlässliche Erträge erwirtschaften. Dabei muss das Risiko bei gründlicher Auswahl nicht deutlich steigen", so Mössle weiter.
Attraktive Anlagemöglichkeiten liegen dabei oft direkt vor der eigenen Haustür. Ein Blick auf den DAX zeigt: An den Märkten wird noch immer ein negatives Szenario für die Entwicklung der Eurozone eingepreist, die im DAX notierten Schwergewichte sind gemessen an ihrer hervorragenden Verfassung sehr günstig bewertet. Mit 10,4 liegt das aktuelle Kurs-Gewinn-Verhältnis deutlich unter dem langjährigen und dem globalen Durchschnitt. Zudem bieten sie mit durchschnittlich 3,5% eine historisch hohe Dividendenrendite. „Deutsche Unternehmen haben in den vergangenen Jahren ihre Hausaufgaben gemacht und ihre Verschuldung deutlich heruntergefahren, so dass Investitionen und Dividendenausschüttungen durch gesunde Bilanzen getragen werden. Dank einer sehr wettbewerbsfähigen Exportindustrie mit starker Ausrichtung auf die schnell wachsenden Schwellenländer, vergleichsweise niedriger Verschuldung und hoher Innovationskraft baut die deutsche Wirtschaft ihren Vorsprung weiter aus", sagt Christian von Engelbrechten, Manager des Fidelity Germany Fund.
Auch international finden sich viele erfolgreiche Unternehmen mit soliden Kennzahlen. „Qualitätsanleihen europäischer oder US-amerikanischer Unternehmen bieten deutlich mehr Renditepotenzial als die Staatsanleihen der als sicher geltenden Staaten – und das bei einem gegenwärtig sehr attraktiven Rendite-Risiko-Verhältnis. Sie stellen somit eine gute Ergänzung zu Aktien dar", sagt Christian Chrobok, Rentenportfolio-Manager bei Fidelity Worldwide Investment. „Aus strategischer Sicht empfehle ich zudem einen 30%-igen Anteil an Schwellenland-Anleihen im Portfolio. Aus taktischer Sicht ist es für dieses Jahr auch noch interessant, dem Anleiheportfolio High-Yield-Bonds beizumischen."
Dass auch Immobilien eine verlässliche und aus Renditesicht gute Alternative zu Einkommen aus Staatsanleihen bieten, machte Dr. Arno Vaeth, Portfolio-Manager für Immobilien bei Fidelity Worldwide Investment, deutlich: „Mit einer nachhaltig erzielbaren Rendite von 5 bis 6% weisen deutsche Gewerbeimmobilien eine vielfach höhere Rendite auf als beispielsweise europäische Staatsanleihen. Zudem ist der deutsche Immobilienmarkt im internationalen Vergleich sehr stabil und hat aufgrund der positiven wirtschaftlichen Fundamentaldaten gute Perspektiven."
Von den Nachbarn lernen
Anlagemöglichkeiten sind für institutionelle Investoren wie beispielsweise betriebliche Pensionsfonds also vorhanden. Entscheidend ist aus Sicht der Bürger in Deutschland, dass der Ausbau der bAV hierzulande systematischer und energischer angegangen wird. „Dass es in manchen Branchen wie etwa der Chemischen Industrie bereits beispielhafte Vorstöße gibt, ist ebenso ermutigend wie das wieder erstarkende Bekenntnis der Politik zur bAV. Doch der demografische Wandel macht keinen Halt. Um Arbeitnehmer flächendeckend zu ermutigen, ihre Alterseinkünfte stärker als bislang über ein Engagement in der bAV abzusichern, müssen Unternehmen, Gewerkschaften und Politik an einem Strang ziehen", so Mössle. Vorstellbar sind verschiedene Modelle: zum Beispiel ein echtes Obligatorium nach Schweizer Vorbild. Oder eine automatische Entgeltumwandlung mit einem individuellen Ausstiegsrecht (opt-out), wie sie Großbritannien gerade einführt und wie sie in Deutschland in einzelnen Unternehmen und Branchen bereits praktiziert wird.
Tatsachen geschaffen
Fidelity Worldwide Investment hat in diesem Jahr selbst ein neues Vorsorgemodell für seine Mitarbeiter eingeführt. Die Fidelity Zukunftsvorsorge 2012 besteht aus drei Komponenten: Zeitwertkonto sowie Vorsorgeplan bestehend aus Vorsorgekonto und Risikovorsorge. So deckt das Paket Berufsunfähigkeits- und Todesfallrisiken während der Arbeitsphase ab, trägt dazu bei, die Rentenlücke effizient zu verkleinern und eröffnet dem Mitarbeiter während der Arbeitsphase mehr Raum für eine flexible Gestaltung der Lebensarbeitszeit. Der Fidelity Vorsorgeplan ist eine Direktzusage in Form einer sogenannten Beitragszusage mit Mindestleistung. Der Plan zeichnet sich durch eine automatische Entgeltumwandlung mit flexibler individueller Ausstiegsmöglichkeit aus. Unterhalb der Beitragsbemessungsgrenze werden monatlich 8% des Bruttogehalts eingebracht, je zur Hälfte vom Arbeitgeber und vom Mitarbeiter, sofern er dem Vorschlag der Firma folgt. Bei langer Betriebszugehörigkeit erhöhen sich die Arbeitgeberbeiträge. „Auf diese Weise konnten wir einen Beteiligungsgrad an der Entgeltumwandlung von 85% der Mitarbeiter erreichen. Die Automatik ist ein entscheidender Impuls für eine aktive Beteiligung der Arbeitnehmer", so Mössle. (ac)
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