Sehr geehrte Apothekerin, sehr geehrter Apotheker,
hier ist der vollständige Text für Sie:
Berlin - Hersteller, Großhandel, Apotheke. Das ist die klassische Lieferkette. Aber das ist nicht alles. In zahlreichen Nischen tummeln sich Zwischenhändler, Umverteiler und Schnäppchenjäger. Ein Akronym als Firmenname und ein gut gepflegtes Adressbuch, dazu eine Handvoll Mitarbeiter und zwei Dutzend Apotheken als Kunden - mehr braucht es nicht, um erfolgreich zu sein. Die Branche ist unscheinbar und verschwiegen, Diskretion gehört ebenso wie Schnelligkeit und Flexibilität zum Geschäft.
Schnelle Eingreiftruppen: Wenn Ware zu verfallen droht, sind Zwischenhändlern und ihre Netzwerke gefragt. Foto: Elke Hinkelbein
Rund 4000 Großhandelslizenzen gibt es in Deutschland. Eine Übersicht
fehlt, doch drei Viertel, so schätzen Experten, gehören so genannten
„Schwiegermutterbetrieben" von Apotheken. Zieht man Vollsortimenter,
Reimporteure und Logistikdienstleister ab, bleiben immer noch mehrere
hundert Anbieter, die am Rande der regulären Lieferkette ihr Glück
suchen. Gehandelt wird zwischen Hersteller, Großhandel und Apotheke -
und dabei in alle Richtungen.
Eines haben fast alle gemeinsam: Sie sind Schnäppchenjäger auf dem
Pharmamarkt, mit geringem personellem und logistischem Aufwand und
einer guten Vernetzung. Sie finden Angebote, für die normale Strukturen
zu langsam und schwerfällig sind. „Wir bekommen einen Anruf und dann
schauen wir, wo wir das her bekommen", sagt einer der Anbieter.
Die Zwischenhändler kaufen zu guten Konditionen direkt bei den
Herstellern oder im Großhandel. Die Gründe für die Zusammenarbeit sind
ebenso vielfältig wie schlicht: Überhänge aus der laufenden Produktion
belegen Lagerfläche, Verfallware droht zur Komplettabschreibung zu
werden. Vielleicht steht gerade der Jahresabschluss vor der Tür, oder
der Konzernchef aus Übersee hat sich zur Revision angemeldet. Dann wird
kurzfristig Ware mit großen Zugeständnissen in den Markt gedrückt.
„Der Zwischenhandel ist verpönt, aber auch erwünscht - selbst wenn die
Hersteller keine offiziellen Angebote machen", sagt einer der Anbieter.
Auch aus Sicht so manches vollsortierten Großhändlers sind
Teilsortimenter nichts als Rosinenpicker, die keine Verantwortung für
eine kontinuierliche Versorgung übernehmen.
Gemeinsame Geschäfte macht man trotzdem. Zum Beispiel wenn Ware bei
einer Tochtergesellschaft im Ausland abgegeben werden muss oder
Restposten aufgelöst werden sollen. Bei unwiderstehlichen Angeboten
oder dringendem Bedarf beziehen die Großhändler auch schon mal Ware
abseits der Lieferkette. Reden will darüber aber niemand.
Dass sich die Großhändler nicht selbst stärker in dem Bereich
engagieren, liegt einem Industrievertreter zufolge an der
Grenzenlosigkeit des Geschäfts: „Fast immer gehen die Bestände in den
Export. Das können nicht alle Großhändler, das wollen nicht alle
Großhändler, und das dürfen nicht alle Großhändler: Schließlich haben
die Landesgesellschaften Verträge mit den jeweiligen Dependancen der
Hersteller."
Obwohl sie eher im Hintergrund arbeiten und Kontakte zu ihren
Geschäftspartnern ohne Marketing und Außendienst pflegen, legen die
Zwischenhändler Wert darauf, nicht in die illegale Ecke gestellt zu
werden. „Gefälschte Produkte hatte ich noch nie, und bei dubiosen
Händlern kaufe ich erst gar nicht", sagt ein Händler. Er beziehe seine
Ware ausschließlich aus erster oder zweiter Hand. „Es gibt nur wenige
schwarze Schafe, denn man kann in dem Markt auch so Geld verdienen",
sagt der Händler.
Wie viel, das bleibt sein Geheimnis. Wie alle Kaufleute lassen sich die
Zwischenhändler nicht gerne in die Bücher schauen. „Das Preisgefälle
ist nicht so groß, zum Teil ist man froh, wenn man 2 Prozent
herausbekommt", berichtet ein Zwischenhändler. Ein anderer meint, die
Pharmazie sei in Angebot und Nachfrage „ein ganz normaler
Wirtschaftsraum". Und ein Dritter: „Der Jahresumsatz einzelner
'Pharmagroßhändler' im Graumarkt schwankt zwischen 2 Millionen und 100
Millionen Euro."
Über die eigenen Umsätze spricht jedenfalls niemand. Dafür über
Gemeinnutz: Während einige Anbieter sich als Garanten für die
Versorgung bei Engpässen sehen, stellen andere Effizienzaspekte nach
vorn: „Es muss Zwischenhändler neben Herstellern und vollsortiertem
Großhandel geben, sonst würden viel mehr Produkte in der Mülltonne
landen."
Das funktioniert allerdings nicht immer: Vor nicht allzu langer Zeit übernahm ein Apotheker mit Großhandelserlaubnis ein größeres Kontingent eines Generikaherstellers. Die Ware war vermutlich in der Hoffnung auf einen Rabattvertrag angelegt worden und musste erst einmal aus den Büchern verschwinden. „Nicht zu verkaufen", lautete irgendwann das Urteil des Apothekers. Doch offenbar hatte er gut verhandelt: Nach Ende der Laufzeit ging die verfallene Ware an den Hersteller zurück. (apotheke adhoc)
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Berlin - Zum ersten Mal ist in diesem Jahr in Deutschland eine Arzneimittelfälschung in der regulären Lieferkette aufgetaucht: In einer Apotheke in Delmenhorst wurde bereits vor zwei Monaten eine gefälschte Packung des HIV-Medikaments Combivir entdeckt. Der Hersteller GlaxoSmithKline (GSK) rief daraufhin in der vergangenen Woche die komplette Charge zurück. Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Bremen legen nahe, dass illegal reimportierte Ware über einen Zwischenhändler in das Großhandelssortiment gelangte.
Fälschung in Lieferkette: In Apotheken ist gefälschtes Combivir aufgetaucht. Foto: APOTHEKE ADHOC
Am 16. Juni wandte sich die Apotheke mit einem pharmazeutischen Problem
an den Hersteller sowie die zuständige Aufsichtsbehörde: Ein Kunde
hatte reklamiert, dass seine Packung einen versiegelten Blister ohne
Tabletten enthielt. Bei einer Vergleichsuntersuchung stellte GSK fest,
dass sowohl Verpackung, Beipackzettel als auch Blister gefälscht waren.
Obwohl GSK damit nur ein einziger Fall bekannt war, ließ der Hersteller
die komplette Charge vom Markt nehmen. Denn die aufgedruckte
Chargennummer R343741 stimmte mit einer tatsächlich von GSK vergebenen
Nummer überein. Die betroffenen Packungen, die zwischen Mai und Juni
2008 an deutsche Großhändler und Apotheken ausgeliefert wurden, sollten
überprüft werden.
Unterdessen stellte die Staatsanwaltschaft Bremen bei Durchsuchungen in
diversen Apotheken im Bremer Raum weitere gefälschte Packungen sicher -
diesmal mit Inhalt. Bei einem Labortest stellte sich heraus, dass die
Tabletten mit den Originalprodukten von GSK identisch sind. Die
Ermittler vermuten daher, dass es sich um illegale Reimporte von
subventionierten Produkten für den afrikanischen Markt handelt.
Im Fokus der Untersuchungen stand nun die Herkunft der gefälschten
Ware. Der Frankfurter Großhändler Anzag hatte im Vorfeld Combivir an
die Apotheke geliefert; unklar war jedoch zunächst, ob auch die
betreffende Packung aus den Beständen der Anzag stammte. Wie andere
Großhändler kauft auch die Anzag über ihre Logistiktochter CPL Ware
nicht nur beim Hersteller, sondern auch bei zugelassenen
Zwischenhändlern.
In diesem Zusammenhang folgten die Ermittler einer weiteren Spur,
diesmal nach Sylt. Die Staatsanwaltschaft hatte einen Hinweis auf ein
Geflecht von drei auf der Insel ansässigen Pharma-Vertriebsfirmen
erhalten. Bei der Durchsuchung der Geschäftsräume wurden weitere
gefälschte GSK-Präparate sichergestellt: Neben gefälschtem Combivir gab
es Plagiate der HIV-Medikamente Epivir und Trizivir, die offenbar über
Antwerpen nach Deutschland eingeführt worden waren.
Für die Bremer Ermittler ist der Fall damit weitgehend abgeschlossen; in den kommenden Wochen soll das Verfahren an die Kollegen in Flensburg abgegeben werden. Das prinzipielle Problem bleibt: Der grenzübergreifende Handel mit so genannter vagabundierender Ware gilt unter Kritikern als Haupteinfallstor für Fälschungen. Nach Angaben des Bundeskriminalamtes sind seit 1996 in der legalen Verteilerkette 38 Fälle aufgetaucht: meist Packungsfälschungen mit verschobener Ware aus Afrika oder Osteuropa. (apotheke adhoc) Désirée Kietzmann und Patrick Hollstein, Mittwoch, 02. September 2009, 18:45 Uhr
Berlin - Der Lebensmittelhändler Edeka will sein Sortiment nun auch in Baden-Württemberg mit Produkten aufwerten, die von den Herstellern eigentlich nur an Apotheken verkauft werden. Seit drei Monaten gibt es in der Region Südwest in fünf Filialen der Edeka-Tochter Marktkauf apothekenexklusive Produkte im Sortiment.
Ein Meter Testware: Fünf Marktkauf-Filialen in Baden-Württemberg bieten nun apothekenexklusive Produkte an.
So bietet der Marktkauf in Friedrichshafen unter anderem Biolectra
Magnesium (Hermes), Antistax (Boehringer Ingelheim), Calcium-Sandoz
(Novartis), Cetebe und Eunova (beide GlaxoSmithKline) sowie Produkte
der Kosmetikmarken Bepanthol (Bayer), Frei und Vichy an.
Platziert waren die Artikel zunächst wenig prominent: Im Regal mit der
Bezeichnung „Freiverkäufliche Medikamente" standen sie auf einer Länge
von etwa einem Meter auf den unteren drei Böden. Pünktlich zur
Eröffnung des umgebauten Supermarktes Anfang Dezember wurden sie
allerdings in die oberen fünf Böden geräumt. Für Großeinkäufe eignet
sich das Angebot allerdings nicht, von jedem Artikel stehen nur zwei
bis drei Packungen im Regal.
Mit den apothekenexklusiven Produkten wollte man das Angebot für die
Kunden erweitern, begründete eine Edeka-Sprecherin die Neuausrichtung
gegenüber apotheke adhoc. „Die fünf Marktkauf-Häuser dienen als
Testmärkte", sagte sie. Für den Fall, dass die Kundschaft das Angebot
gut annehme, wollte sie eine Ausweitung auf andere Filialen nicht
ausschließen.
Beliefert werden die Märkte der Sprecherin zufolge von der Firma
Fertimed Pharma. Das Unternehmen mit Großhandelserlaubnis stand bereits
als Lieferant für die 26 Marktkauf-Filialen im Raum Hannover/Minden im
Verdacht, in denen seit August 2008 apothekenexklusive Produkte
angeboten werden.
Geschäftsführer Frank Riemer stritt gegenüber apotheke adhoc eine
geschäftliche Beziehung zu Edeka ab. „Davon weiß ich nichts", lautete
die knappe Stellungnahme. Welche Kunden die Firma beliefert, wollte
Riemer nicht verraten. Neben dem Großhandelsgeschäft betreibt Riemer
die Apotheke in der Deutschen Klinik in Bad Münder am Deister sowie die
DocMorris-Apotheke Wedemark.
Seit kurzem ist der Apotheker außerdem Prokurist bei der Iwan Budnikowsky Marketinggesellschaft. Das Joint-Venture zwischen der Drogeriekette und der schweizerischen Apo AG des ehemaligen DocMorris-Marketing- und Vertriebschefs Jens Apermann hat zum Zweck, „Sortimente und Verkaufskompetenzen für Medikamente und andere Gesundheitsprodukte zu komplettieren und aufzuwerten". Budni ist in der Branche bereits seit längerem für seine Aktivitäten mit apothekenexklusiver Ware bekannt. (apotheke adhoc), Désirée Kietzmann, Montag, 04. Januar 2010, 11:15 Uhr
Berlin - Der von den Großhändlern gewünschte Fixzuschlag war in den Verhandlungen zur AMG-Novelle unter die Räder gekommen. Wenigstens den Belieferungsanspruch hatten die Grossisten ins Ziel gerettet. Doch wie viel ist er wert? Während Hersteller und Großhändler streiten, hält sich das Bundesgesundheitsministerium (BMG) vage und fordert Vernunft von allen Beteiligten.
Anspruch mit Grenzen: Laut BMG können die
Großhändler die Belieferung durch Hersteller einfordern, allerdings nur
in Maßen. Foto: Elke Hinkelbein
Seit Inkrafttreten der AMG-Novelle zeichnet sich zunehmend ab, dass es
in der Branche unterschiedliche Auffassungen gibt, wie der
Belieferungsanspruch auszulegen ist: Einige Hersteller haben ihre
Produkte kommentarlos in den Großhandel gegeben und das
Nichtverfügbarkeits-Kennzeichen aus der Software gelöscht. Andere
Firmen versuchen, über Einzelverträge die Lieferbedingungen zu
fixieren.
Wieder andere Hersteller sperren sich unter Berufung auf
Ausnahmeregelungen dagegen, ihre Produkte aus dem Direktvertrieb zu
entlassen. Ein Teil der Firmen schließe sogar weiterhin
Exklusivverträge ab, um einen Rechtsstreit in dieser Frage zu
provozieren, heißt es aus der Branche.
Laut Gesetzestext muss die Industrie eine „kontinuierliche Belieferung
vollversorgender Arzneimittelgroßhandlungen gewährleisten". In der
Begründung zur AMG-Novelle heißt es dagegen, es stehe den
pharmazeutischen Unternehmern grundsätzlich frei, in welcher Form und
gegenüber welchen vollversorgenden Großhändlern sie ihrer Pflicht zur
Belieferung nachkämen. Diesen Widerspruch wollte der Bundesverband der
Arzneimittelhersteller (BAH) geklärt wissen.
In seiner Antwort stellte das BMG jetzt klar, dass der
Belieferungsanspruch nicht mit einem unbedingten Kontrahierungszwang
einhergehe, dass die Pharmahersteller also nicht verpflichtet seien, an
jeden Großhändler in gleicher Menge und zu gleichen Konditionen zu
liefern. Schließlich solle trotz Bereitstellungsauftrag der Wettbewerb
zwischen den Großhändlern untereinander und mit der pharmazeutischen
Industrie erhalten bleiben.
Allerdings dürfe kein Großhändler von der Industrie bewusst
ausgeschlossen werden. Vertragsgestaltungen, die den Handelsstufen „die
Erfüllung ihrer Aufgaben bewusst unmöglich machen oder unangemessen
erschweren", seien nicht mit den Regelungen aus dem AMG vereinbar, so
das BMG. Dies gelte insbesondere für Exklusivverträge.
Neben dem Diskriminierungsverbot müssten die Firmen die „grundsätzliche
Zielsetzung" des Gesetzestextes beachten: Da die Großhändler zur
Belieferung der Apotheken verpflichtet seien, dürften sie vom
pharmazeutischen Unternehmer „innerhalb eines vorhandenen Bedarfs für
den deutschen Markt" eine Belieferung einfordern. Auch Mengenkürzungen
dürfe es - „sofern sich die Nachfrage des Großhandels im Rahmen der
Bedarfsdeckung bewegt" - nur geben, wenn der Hersteller mit der
Produktion nicht nachkommt.
Die eigentliche Frage bleibt damit offen: Was ist normaler Bedarf - und
wer muss diesen im Zweifelsfall definieren? Zwar gibt das AMG eine
Linie vor: Der Bedarf der Patienten muss von den Apotheken „werktäglich
innerhalb angemessener Zeit gedeckt werden"; die vom Großhandel
vorzuhaltenden Arzneimittel müssen mindestens dem durchschnittlichen
Bedarf für zwei Wochen entsprechen.
Doch darüber hinaus fühlt sich das BMG nicht zuständig: Starre
mengenmäßige Grenzen, „ab wann ein Belieferungsanspruch nicht mehr
besteht oder an wie viele Großhändler zu welchen Teilen geliefert
werden muss oder bis zu welchem Prozentsatz eine Direktbelieferung an
Apotheken zulässig ist", sehe das Gesetz bewusst nicht vor.
Ein Ministeriumssprecher sagte auf Nachfrage: „Der Gesetzestext ist
eindeutig." Gleichzeitig räumt man im BMG ein, dass „bedarfsgerecht"
und „kontinuierlich" unbestimmte Rechtsbegriffe seien, deren
Interpretationsspielraum im Zweifel die Gerichte klären müssten.
Zu gerichtlichen Auseinandersetzungen über den tatsächlichen Bedarf
wird es laut BAH mit Sicherheit kommen: Der Belieferungsanspruch sei
ein „massiver Eingriff in die unternehmerische Freiheit" der
Hersteller, sagte BAH-Geschäftsführer Dr. Hermann Kortland gegenüber
APOTHEKE ADHOC.
„Der Gesetzgeber hat zu kurz gedacht. Eine Umstellung der Honorierung
wäre der richtige Weg gewesen. Der Belieferungsanspruch ist eine Krücke
und nicht geeignet, dem Großhandel wirtschaftlich auf die Füße zu
helfen", so Kortland weiter. „Es wird Zivilklagen geben, und sehr
wahrscheinlich wird dann ein Hauptsacheverfahren dem Europäischen
Gerichtshof vorgelegt werden."
Für die EU-Richter wäre der Sachverhalt nicht neu: Im vergangenen Jahr
hatte Luxemburg in einem Vorlageverfahren aus Griechenland entschieden,
dass die nationalen Aufsichtsbehörden bestimmen müssen, was „normale
Mengen" sind und ab wann Hersteller die Belieferung verweigern dürfen.
In Berlin pocht man derweil auf ein gegenseitiges Rücksichtnahmegebot und hofft, dass sich „für die große Mehrzahl der Marktbeteiligten die meisten Fragen - ein verantwortungsvolles Handeln im Sinne der Zielsetzung des Gesetzes vorausgesetzt - ohne Rechtsstreitigkeiten werden lösen lassen". (apotheke adhoc), Alexander Müller und Patrick Hollstein, Freitag, 04. September 2009, 16:09 Uhr
Berlin - In Großbritannien könnten so genannte Teilsortimenter in Zukunft deutliche Schwierigkeiten bekommen, auf der Großhandelsstufe Arzneimittel zu vertreiben. Die Arzneimittelaufsicht will die Auflagen für die Vergabe von Großhandelslizenzen sowie für den Geschäftsbetrieb deutlich verschärfen. Zur Zeit können die Verbände im Gesundheitswesen im Rahmen einer Anhörung Stellungnahmen zum Thema abgeben.
Strengere Auflagen, weniger Anbieter: Die
britische Arzneimittelaufsicht will die Zahl der Großhandelslizenzen
reduzieren. Foto: M
Ziel der Behörde ist es, die Zahl der Lizenzen - mit derzeit 1800 über
EU-Durchschnitt - zu reduzieren. Dadurch soll das wachsende Risiko für
Fälschungen innerhalb der regulären Lieferkette minimiert werden. Seit
2004 habe es neun Zwischenfälle gegeben, in denen gefälschte
Arzneimittel Apotheken und Patienten erreichten. In weiteren fünf
Fällen seien die Fälschungen bis zur Großhandelsstufe gelangt.
Künftig sollen Herstellung, Besitz und Vetrieb von gefälschten
Arzneimitteln härter bestraft werden. Andere geplante Maßnahmen sind
Eignungsprüfungen, Anmeldegebühren, Lager- und Transportvorschriften
sowie die Ernennung einer verantwortlichen Person und regelmäßige
Betriebsinspektionen.
Diese Auflagen richten sich auch gegen den Parallelhandel mit
Arzneimitteln. Dieser hatte zuletzt eine Reihe internationaler
Pharmakonzerne zur Einführung von Exklusivvertriebsmodellen veranlasst,
bei denen ausschließlich Vertragsgroßhändler die Ware eines Herstellers
in die Apotheken liefern (Direct to pharmacy, DTP).
Was auf den ersten Blick geeignet erscheint, den Anreiz für DTP und
damit auch den immensen logistischen und finanziellen Aufwand für die
Apotheken zu senken, könnte schnell zum Bumerang werden: Denn Kritikern
zufolge werden die strengeren Auflagen, zusammen mit den geplanten
Maßnahmen der EU-Kommission, kleinere Anbieter (Short-Liner) komplett
aus dem Markt kegeln.
Schon heute dominieren, nicht zuletzt dank DTP, Alliance Boots, Celesio
und Phoenix mit ihren Landesgesellschaften den britischen
Großhandelsmarkt. Kein anderer Großhändler hat bislang einen
DTP-Zuschlag erhalten; ein privater Anbieter warf angesichts
wegbrechender Umsätze vor einem Jahr sogar komplett das Handtuch. Die
drei Konzerne, die auch die größten Apothekenketten des Landes
betreiben, sitzen dagegen relativ fest im Sattel.
Der britische Liberalismus könnte in ein Oligopol nach norwegischem
Vorbild umschlagen. Schützenhilfe erhalten die Konzerne dabei nun
ausgerechnet von den britischen Behörden. Auch Apotheken sollen laut
Vorschlag nur noch in Notfällen Arzneimittel ohne Großhandelserlaubnis
untereinander vertreiben dürfen.
Dies könnte dramatische Konsequenzen für Einkaufsmodelle wie
beispielsweise das Apothekenportal Rxchange haben: Hier können
Apotheken ihren Kollegen gegen Gebühr Ladenhüter zum Verkauf anbieten.
500 Apotheken nutzten laut Unternehmen seit dem Launch im Juli 2007 die
Plattform, deren Betreiber sich als Dienstleister für unabhängige
Apotheken verstehen.
Bei Rxchange will man sich die Vorschläge zunächst im Detail ansehen. Auch der Apothekerverband muss seine Antwort noch erarbeiten. Kritiker fürchten aber schon jetzt, dass die neuen Regelungen die unabhängigen Apotheken weiter in die Enge treiben könnten. (apotheke adhoc), Patrick Hollstein, Dienstag, 20. Januar 2009, 10:04 Uhr
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