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In der aktuellen Wirtschaftskrise ist die Zahlungsmoral besonders schlecht. Das bekommen vor allem Selbstständige zu spüren. Gerade junge Unternehmen sind aber besonders auf regelmäßige Zahlungen angewiesen: Sie wollen wachsen. Und was ausgegeben wird, muss auch schnell wieder in die Kasse. Das sofortige Verschicken von Mahnungen könnte Kunden vergraulen. Dennoch ermuntern Experten dazu.
Immer mehr Firmen zahlen derzeit erst nach der zweiten oder dritten Mahnung, sagt Waltraud Osterwald vom Verband Selbstständiger und Gewerbetreibender (VSG). "Das ergibt einen Rekord von 19,3 Tagen an Zahlungsverzögerung." Gerade kleine, selbstständige Unternehmen müssten selbst sehen, wie sie ihre Aufträge finanzieren, erklärt Hildegard Reppelmund, Rechts-Expertin beim Deutschen Industrie- und Handelskammertag in Berlin. "Je schneller sie ihr Geld bekommen, umso weniger Fremdmittel müssen sie sich beschaffen."
Jungen Selbstständigen fehle oft das Eigenkapital und Umlaufvermögen, um Unterstützung von den Banken zu bekommen, erläutert Osterwald. "Sobald Zahlungsausfälle auftreten, beginnt bei vielen der Domino-Effekt." Ein "straffes Forderungsmanagement" sei deshalb unerlässlich. Wird der Zahlungstermin nicht eingehalten, sollten Selbstständige also nicht zögern, zügig eine Mahnung zu schicken.
Hartnäckig bleiben
Gerade Unternehmen, die ganz neu am Markt sind, hätten zwar oft Angst, frische Kunden zu vergraulen. Keinem Unternehmen könne allerdings daran gelegen sein, mit einem unzuverlässigen Auftraggeber zusammenzuarbeiten, wendet Reppelmund ein: "Selbstständige sollten im Zweifelsfall hartnäckig sein. Sonst bleiben sie am Ende auf ihren Kosten sitzen."
Um nicht mit ganzer Kraft offene Türen einzurennen, ist es vor dem Verschicken einer Mahnung sinnvoll, den Kunden persönlich anzusprechen, ergänzt Gunnar Rega vom Verband der Selbstständigen und Freiberufler. "Auch eine Erinnerungs-Mail hilft, wenn die Rechnung wirklich nur vergessen wurde oder liegengeblieben ist." Eine freundliche Nachfrage sei aber erst angebracht, wenn der Kunde die zweiwöchige Zahlungsfrist um ein bis zwei Tage überzogen hat. Erst dann, nach der zweiten Mahnung, sollten Betroffene ein Inkasso-Unternehmen einschalten.
Läuft das Projekt schon, kann es aber bereits zu spät sein. Um vor einem Auftrag ein wenig finanzielle Sicherheit zu haben, holt das Unternehmen deshalb besser im Vornherein Informationen ein - über Schuldnerverzeichnisse, Handelsregister und Auskunfteien, zählt Rega auf. Das sei besonders für große Projekte wichtig, in denen viel Geld steckt. "Ein Ausfall kann für das Unternehmen in solchen Fällen existenzbedrohend sein."
Erfahrungen von Kollegen nutzen
Hilfreich sei auch, sich bei Kollegen in der Branche umzuhören. Vielleicht gebe es schon andere Unternehmen, die schlechte oder gute Erfahrungen mit dem gleichen Kunden gemacht haben, erklärt Rega. Erste Anzeichen für eine mögliche Zahlungsfähigkeit zeigten sich zum Beispiel schon beim Kundenbesuch. "Arbeiten bei dem Auftraggeber etwa nur zwei Leute an fünf Arbeitsplätzen, kann das ein Zeichen sein, dass es dem Kunden finanziell schlecht geht."
Durch vertragliche Regelungen können sich Selbstständige rechtlich absichern. Daher sei es auch so wichtig, im Vorfeld eines Auftrags sämtliche Vertragsbedingungen im Einzelnen gemeinsam mit dem Kunden durchzusprechen und schriftlich zu fixieren, sagt Osterwald. Klar verständliche Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGBs) sollten vom Kunden grundsätzlich schriftlich akzeptiert werden, bevor der Vertrag unterschrieben wird.
Indizien für Zahlungsunfähigkeit
Klar fixiert sein sollte außerdem, welche Leistungen enthalten sind und welche nicht, rät Reppelmund. "Sonst läuft man Gefahr, dass der Kunde unklare Punkte beanstandet und deshalb nicht zahlt." Taucht ein Kunde hinterher mit einer langen Mängelliste auf, ist es meist schon zu spät. Ein solches Verhalten sei oft ein Indiz für die Zahlungsunfähigkeit des Kunden, ergänzt Rega.
Gerade für Webdesigner, Grafiker oder kleinere PR-Agenturen kann eine Übergabe Zug um Zug Sinn machen, sagt Reppelmund. "Zum Beispiel kann eine Website erst freigegeben werden, wenn die endgültige Zahlung erfolgt ist." Gerade bei solchen Dienstleistungen sei es problematisch, im Nachhinein etwas zurückzufordern, erklärt Rega. Muss der Kunde Insolvenz anmelden, hätten es Selbstständige, die eine sogenannte immaterielle Dienstleistung anmelden, schwer. "Ein Grafikkonzept kann man eben nicht so einfach zurückfordern wie eine Druckmaschine."
Verzugszins für offene Forderungen
Selbstständigen steht für ausstehende Forderungen ein Aufschlag zu. Für Geschäfte zwischen Unternehmen liegt der Verzugszins bei acht Prozent über dem Basiszinssatz der Bundesbank, erklärt Reppelmund - bei Geschäften mit Verbrauchern fünf Prozent. Der Basiszins wird halbjährlich neu festgelegt.
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