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Sehr geehrte Apothekerin, sehr geehrter Apotheker,
hier ist der vollständige Text für Sie:
Steuer & Recht
Der
für das Versicherungsvertragsrecht zuständige IV. Zivilsenat des
Bundesgerichtshofs hat mit seinem Urteil vom heutigen Tag über die
Beteiligung des Versicherungsnehmers an Überschüssen und an
Bewertungsreserven (sog. stille Reserven) in einer Lebensversicherung
entschieden.
Der Kläger unterhielt bei der Beklagten eine
kapitalbildende Lebensversicherung. Nach Vertragsablauf 2008 rechnete
die Beklagte den Vertrag ab und zahlte dem Kläger 28.025,81 Euro aus,
wovon auf die garantierte Überschussbeteiligung 9.123,81 Euro entfallen.
Ferner gab sie an, dass in dieser ein Schlussüberschuss von 1.581,60
Euro sowie die auf den Vertrag entfallende Bewertungsreserve von 678,21
Euro enthalten seien. Die Bewertungsreserve setze sich aus einem
Sockelbetrag von 656,88 Euro sowie einem volatilen Anteil von 21,33 Euro
zusammen.
Der Kläger ist der Ansicht, ihm stehe ein Anspruch auf
Zahlung weiterer 656,88 Euro zu. Die Beklagte habe den Anteil an der
Bewertungsreserve unzulässigerweise mit seinem Anspruch auf die
Schlussüberschussbeteiligung verrechnet; richtigerweise stehe ihm die
Zahlung der Bewertungsreserve zusätzlich zu dem Schlussüberschussanteil
zu. Der Kläger verlangt Zahlung dieser 656,88 Euro. Hilfsweise begehrt
er im Wege der Stufenklage Feststellung der Unbilligkeit der von der
Beklagten vorgenommenen Berechnung der Überschussbeteiligung, deren
gerichtliche Neufestsetzung und sodann Auszahlung des sich hieraus
ergebenden Betrages, weiter hilfsweise die Verurteilung der Beklagten,
ihm Auskunft über die mathematische Berechnung seines Anteils der
Beteiligung an Überschuss und Bewertungsreserven zu erteilen und
anschließend Zahlung des sich aus dieser Auskunft ergebenden Betrages.
Die Klage ist in den Vorinstanzen erfolglos geblieben.
Der
Bundesgerichtshof hat die Revision des Klägers zurückgewiesen. Ein
weiterer Zahlungsanspruch steht dem Kläger nicht zu, da die Beklagte ihn
mit den geleisteten Zahlungen korrekt an den Bewertungsreserven
beteiligt hat.
Gem. § 153 Abs. 1 VVG steht dem
Versicherungsnehmer grundsätzlich eine Beteiligung an dem Überschuss und
an den Bewertungsreserven (Überschussbeteiligung) zu. Die
Bewertungsreserve ist nach § 153 Abs. 3 Satz 1 VVG durch den Versicherer
jährlich neu zu ermitteln und nach einem verursachungsorientierten
Verfahren rechnerisch zuzuordnen. In diesem Zusammenhang ist zwischen
der Berechnung und der Zuteilung der Bewertungsreserve einerseits sowie
deren Auszahlung andererseits zu differenzieren. Bewertungsreserven sind
zunächst rein rechnerische Posten, die sich aus der Differenz zwischen
dem Buchwert und dem Zeitwert von Kapitalanlagen ergeben. Eine hiervon
zu trennende Frage ist, wie die an den einzelnen Versicherungsnehmer
auszuzahlende Bewertungsreserve vom Versicherer finanziert wird. Hierzu
regelt das Versicherungsaufsichtsrecht, dass die für die
Überschussbeteiligung der Versicherten bestimmten Beträge, soweit sie
den Versicherten nicht unmittelbar zugeteilt wurden, in eine
Rückstellung für Beitragsrückerstattung einzustellen sind. Die der
Rückstellung für Beitragsrückerstattung zugewiesenen Beträge dürfen nur
für die Überschussbeteiligung der Versicherten einschließlich der durch §
153 VVG vorgeschriebenen Beteiligung an den Bewertungsreserven
verwendet werden. Da es sich mithin um eine Finanzierung der gesamten
Überschussbeteiligung i. S. von § 153 Abs. 1 VVG handelt, die sowohl die
Beteiligung an dem Überschuss (im engeren Sinne) als auch an den
Bewertungsreserven umfasst, hat ein höherer Anteil der
Bewertungsreserven bei den Rückstellungen für Beitragsrückerstattung
zugleich ein Absinken des Schlussüberschusses zur Folge. Dieses
Berechnungsverfahren hat die Beklagte eingehalten, so dass der
Zahlungsantrag unbegründet ist.
Ohne Erfolg bleibt ferner der
erste Hilfsantrag des Klägers. Die Regelung des § 315 BGB setzt eine
ausdrückliche oder konkludente rechtsgeschäftliche Vereinbarung voraus,
dass eine Partei durch einseitige Willenserklärung den Inhalt einer
Vertragsleistung nach billigem Ermessen bestimmen kann. Daran fehlt es
hier. Vielmehr haben die Parteien objektive Maßstäbe vereinbart, die es
ermöglichen, die vertraglichen Leistungspflichten zu bestimmen. Auch §
153 VVG sieht ein derartiges Ermessen nicht vor.
Ebenfalls
unbegründet ist der zweite Hilfsantrag. Zwar trifft den Schuldner nach
Treu und Glauben ausnahmsweise eine Auskunftspflicht, wenn der
Berechtigte in entschuldbarer Weise über Bestehen und Umfang seines
Rechts im Ungewissen ist und der Verpflichtete die zur Beseitigung der
Ungewissheit erforderliche Auskunft unschwer geben kann. Ob und
inwieweit dem Kläger auf dieser Grundlage ein Auskunftsanspruch gegen
die Beklagte zustehen oder ob diese sich ganz oder teilweise auf ein
berechtigtes Geheimhaltungsinteresse berufen könnte, kann offen bleiben.
Auskunft kann nur verlangt werden, wenn und soweit vom Bestehen eines
Zahlungsanspruchs ausgegangen werden kann, zu dessen Durchsetzung die
Auskunft dienen soll. Daran fehlt es hier, weil der Kläger die
Berechnung der Höhe der Bewertungsreserve durch die Beklagte als solche
nicht angreift, sondern - allerdings zu Unrecht - die Verrechnung der
ermittelten Bewertungsreserve mit dem Schlussüberschussanteil.
BGH, Pressemitteilung vom 11.02.2015 zum Urteil IV ZR 213/14 vom 11.02.2015
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