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Steuer & Recht
Keine Verwirkung des Anspruchs auf Elternunterhalt bei einseitigem Kontaktabbruch des Unterhaltsberechtigten gegenüber seinem volljährigen Sohn
Der
unter anderem für das Familienrecht zuständige XII. Zivilsenat des
Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass ein vom Unterhaltsberechtigten
ausgehender einseitiger Kontaktabbruch gegenüber seinem volljährigen
Sohn für eine Verwirkung seines Anspruchs auf Elternunterhalt allein
regelmäßig nicht ausreicht.
Die Antragstellerin, die Freie
Hansestadt Bremen, verlangt von dem Antragsgegner aus übergegangenem
Recht Elternunterhalt. Die Eltern des 1953 geborenen Antragsgegners
trennten sich 1971; ihre Ehe wurde noch im selben Jahr geschieden. Der
Antragsgegner verblieb im Haushalt seiner Mutter und hatte anfangs noch
einen losen Kontakt zu seinem Vater. Nach Erreichen des Abiturs im Jahr
1972 brach der Kontakt des volljährigen Sohnes zu seinem 1923 geborenen
Vater ab. Dieser bestritt seinen Lebensunterhalt als Rentner aus den
Erträgen einer Lebensversicherung sowie einer geringen Altersrente. 1998
errichtete er ein notarielles Testament, in dem er seine Bekannte zur
Erbin einsetzte. Zudem bestimmte er, dass der Antragsgegner nur den
"strengsten Pflichtteil" erhalten solle. Erläuternd führte der Vater in
dem Testament aus, dass zu seinem Sohn seit rund 27 Jahren kein Kontakt
mehr bestehe. Im April 2008 verzog der Vater in eine Heimeinrichtung; er
starb im Februar 2012. Die Antragstellerin nimmt den Antragsgegner im
Hinblick auf die seinem Vater in der Zeit von Februar 2009 bis Januar
2012 nach dem Sozialgesetzbuch erbachten Leistungen auf Zahlung eines
Gesamtbetrages von 9.022,75 Euro in Anspruch.
Das Amtsgericht hat
dem Antrag stattgegeben. Auf die Beschwerde des Antragsgegners hat das
Oberlandesgericht den Antrag zurückgewiesen, weil der Anspruch auf
Elternunterhalt verwirkt sei. Hiergegen wendet sich die Antragstellerin
mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde.
Der Bundesgerichtshof hat
den Beschluss des Oberlandesgerichts auf die Rechtsbeschwerde
aufgehoben, die Beschwerde zurückgewiesen und damit die amtsgerichtliche
Entscheidung wiederhergestellt. Der - zur Höhe unstreitige - Anspruch
auf Elternunterhalt war trotz des Kontaktabbruchs zu dem volljährigen
Sohn nicht nach § 1611 Abs. 1 BGB verwirkt.
Ein vom
unterhaltsberechtigten Elternteil ausgehender Kontaktabbruch stellt
wegen der darin liegenden Verletzung der sich aus § 1618 a BGB
ergebenden Pflicht zu Beistand und Rücksicht zwar regelmäßig eine
Verfehlung dar. Sie führt aber nur bei Vorliegen weiterer Umstände, die
das Verhalten des Unterhaltsberechtigten auch als schwere Verfehlung i.
S. d. § 1611 Abs. 1 Satz 1 Alt. 3 BGB erscheinen lassen, zur Verwirkung
des Elternunterhalts. Solche Umstände sind im vorliegenden Fall nicht
festgestellt. Zwar mag der Vater durch sein Verhalten das familiäre Band
zu seinem volljährigen Sohn aufgekündigt haben. Andererseits hat er
sich in den ersten 18 Lebensjahren seines Sohnes um diesen gekümmert. Er
hat daher gerade in der Lebensphase, in der regelmäßig eine besonders
intensive elterliche Fürsorge erforderlich ist, seinen Elternpflichten
im Wesentlichen genügt. Die Errichtung des Testaments selbst stellt
keine Verfehlung dar, weil der Vater insoweit lediglich von seinem Recht
auf Testierfreiheit Gebrauch gemacht hat.
BGH, Beschluss XII ZB 607/12 vom 12.02.2014
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