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Steuer & Recht
Das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen hat in einem Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes mit Beschluss vom 15. November 2013 entschieden, dass Unionsbürger, die sich zum Zweck der Arbeitsuche in Deutschland aufhalten, keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Recht der Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) haben.
Der Entscheidung lag ein Fall einer rumänischen Familie mit drei minderjährigen Kindern zugrunde, die Rumänien im Jahr 2010 verlassen und sich zunächst in Frankreich aufgehalten hatte, um sich im Sommer 2012 in Bremen - zunächst in einer Notunterkunft - niederzulassen. Die Eltern waren in der Folgezeit weder als Arbeitnehmer noch als Selbständige erwerbstätig. Ihr im November 2012 beim Jobcenter Bremen gestellter Antrag auf laufende Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts blieb zunächst erfolglos, weil sich das Jobcenter auf den im SGB II vorgesehenen Leistungsausschluss für arbeitsuchende Unionsbürger berief. Die Familie stellte darauf beim Sozialgericht Bremen einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung, dem das Sozialgericht stattgab. Das Sozialgericht war der Auffassung, dass der Leistungsausschluss gegen ein europarechtliches Diskriminierungsverbot verstößt, und verpflichtete das Jobcenter, der Familie vorläufig Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für einen Zeitraum von sechs Monaten zu gewähren.
Diese Entscheidung hat der 15. Senat des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen mit dem o. g. Beschluss aufgehoben. Er hat die Bedenken gegen die Vereinbarkeit des Leistungsausschlusses (§ 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB II) für arbeitsuchende Unionsbürger mit europäischem Recht nicht geteilt. Für den vorliegenden Fall bedeutet dies, dass die rumänische Familie keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld II hat. Der 15. Senat hat maßgeblich darauf abgestellt, dass der deutsche Gesetzgeber mit der in Rede stehenden Vorschrift von einer im europäischen Recht, der sog. Unionsbürgerrichtlinie, vorgesehenen Ermächtigung Gebrauch gemacht hat. Diese erlaubt es den Mitgliedstaaten, Unionsbürgern, die nicht Arbeitnehmer oder Selbständige sind, unter bestimmten Voraussetzungen keine "Sozialhilfeleistungen" zu gewähren. Nach Auffassung des 15. Senats handelt es sich bei dem Arbeitslosengeld II um Sozialhilfe im Sinne dieser Richtlinie, da es dazu bestimmt ist, das verfassungsrechtlich verbürgte Existenzminimum eines Menschen sicherzustellen. Einen Verstoß gegen ein in einer europäischen Verordnung zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit vorgesehenes Diskriminierungsverbot hat der 15. Senat im Ergebnis nicht gesehen. Allerdings hat er für den Personenkreis der arbeitsuchenden Unionsbürger, die trotz bestehender Notlage keine laufenden Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts vom Jobcenter erhalten können, im Hinblick auf das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Daseins einen Anspruch auf eine Mindestsicherung angenommen. Dieser richtet sich allerdings gegen den Sozialhilfeträger, der die nach den Umständen des Einzelfalls unabweisbar gebotenen Leistungen zu erbringen hat. Dabei kommt bei möglicher und zumutbarer Rückkehr in das Heimatland in der Regel nur die Übernahme der Kosten der Rückreise und des bis dahin erforderlichen Aufenthalts in Betracht (Überbrückungsleistungen). Ist die Rückkehr im Einzelfall vorerst nicht möglich, sind längerfristige Leistungen zu erbringen, die das verfassungsrechtlich gebotene Existenzminimum sichern.
Der 15. Senat ist mit dieser Entscheidung nicht dem in der Presse veröffentlichten Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen (LSG NRW) vom 10. Oktober 2013 (Az. L 19 AS 129/13) gefolgt. Das LSG NRW war der Auffassung, dass Unionsbürger, die keine begründete Aussicht haben, in absehbarer Zeit eingestellt zu werden, kein Freizügigkeitsrecht als arbeitsuchende Unionsbürger haben und damit auch nicht dem Leistungsausschluss für diesen Personenkreis unterliegen. Dies hätte zur Folge, dass die Jobcenter ihnen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts zu gewähren haben. Nach Auffassung des 15. Senats des LSG Niedersachsen-Bremen würde dies aber zu dem vom Gesetzgeber offensichtlich nicht gewollten Ergebnis führen, dass ausgerechnet die Personen, die auf dem deutschen Arbeitsmarkt nicht oder kaum integrierbar sind, von der gerade zur Vermeidung von sog. Sozialtourismus geschaffenen Ausschlussklausel nicht erfasst werden.
Der Beschluss ist mit der Beschwerde nicht anfechtbar.
LSG Niedersachsen, Beschluss L 15 AS 365/13 B ER vom 15.11.2013
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