Für Sie gelesen
Sehr geehrte Apothekerin, sehr geehrter Apotheker,
hier ist der vollständige Text für Sie:
Steuer & Recht
Wer kennt es nicht? Man sucht etwas im Internet und weiß nicht mehr genau, wie die Bezeichnung war. Kein Problem, google hilft. Gibt man nur annähernd das richtige Suchwort ein, schlägt google einem entsprechende Suchbegriffe vor. Mag dies in einem solchen Fall auch hilfreich sein, werden gleichzeitig aber auch bei der allgemeinen Recherche durch Internetsuchdienste häufig bestimmte weitere Schlagbegriffe zu einem Suchwort ergänzt. Dass hierbei auch Beziehung zwischen Personen und bestimmten - u.U. negativ konnotierten - Umständen hergestellt werden, ist an der Tagesordnung. Die Betroffenen sehen sich hierbei häufig in ihren Persönlichkeitsrechten verletzt, man erinnere sich nur an die Ex-Gattin des Ex-Bundespräsidenten. Mit einen solchen Fall hatte sich nun auch der BGH zu befassen.
Der Kläger stellte fest, dass bei der Eingabe seines Namens bei google im Rahmen der „Autocomplete-Funktion" Suchvorschläge wie „Scientology" und „Betrug" erschienen. Der Kläger hat u.a. behauptet, er stehe weder in irgendeinem Zusammenhang mit Scientology noch sei ihm ein Betrug vorzuwerfen noch ein entsprechendes Ermittlungsverfahren gegen ihn eingeleitet. In keinem einzigen Suchergebnis sei eine Verbindung zwischen dem Kläger und "Scientology" bzw. "Betrug" ersichtlich. Der Kläger nahm google auf Unterlassung in Anspruch.
Der BGH ging in der noch nicht veröffentlichten Entscheidung davon aus, die Suchwortergänzungsvorschläge "Scientology" und "Betrug" bei Eingabe des Vor- und Zunamens des Klägers in die Internet-Suchmaschine der Beklagten beinhalten eine Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts der Kläger, da ihnen ein fassbarer Aussagegehalt innewohne, zwischen dem Kläger und den negativ belegten Begriffen "Scientology" und/oder "Betrug" bestehe ein sachlicher Zusammenhang. Die Kläger werde hierdurch in seinem Persönlichkeitsrecht verletzt, wenn diese Aussage unwahr wäre und deshalb in der Abwägung ihrer grundrechtlich geschützten Position gegenüber derjenigen der Beklagten das Übergewicht zukäme.
Zwar stellte das Gericht klar, dass eine entsprechende Rechtsverletzung der Beklagten auch zuzurechnen sei, da das von ihr geschaffenen Computerprogramm das Nutzverhalten ausgewertet und den Benutzern der Suchmaschine die entsprechenden Vorschläge unterbreitet habe, daraus folge aber noch nicht, dass die Beklagte grds. für jedwede Persönlichkeitsbeeinträchtigung hafte. Haftungsbegründend sei nicht der Umstand, dass die Beklagte ein entsprechendes Programm entwickelt und verwendet habe, sondern vielmehr, dass diese keine hinreichenden Vorkehrungen getroffenen habe, um zu verhindern, dass die von der Software generierten Suchvorschläge Rechte Dritter verletzten. Der Betreiber einer Suchmaschine ist regelmäßig nicht verpflichtet, die durch eine Software generierten Suchergänzungsvorschläge generell vorab auf etwaige Rechtsverletzungen zu überprüfen. Der Betreiber ist grundsätzlich erst verantwortlich, wenn er Kenntnis von der rechtswidrigen Verletzung des Persönlichkeitsrechts erlangt. Weist ein Betroffener den Betreiber auf eine rechtswidrige Verletzung seines Persönlichkeitsrechts hin, ist der Betreiber verpflichtet, zukünftig derartige Verletzungen zu verhindern.
Auf Basis dieses Urteils ist nun ein erstes Verfügungsurteil ergangen. Nach einer Pressemitteilung der Freisinger TV-Wartezimmer GmbH & Co.KG hat sich diese nun erfolgreich gegen die Autocomplete Funktion zu Wehr gesetzt.
In der Pressemitteilung heißt es:
„Gab man nun den Firmennamen "TV-Wartezimmer" auf der Homepage www.google.de ein, erhielt man bisher automatisch durch die Autocomplete-Funktion den ergänzenden Suchvorschlag "tv-wartezimmer Insolvenz". Dieser jedoch führt zu keinem Suchergebnis, das eine Verbindung von TV-Wartezimmer und Insolvenz aufweist. Man findet im Internet lediglich Beiträge zur Insolvenz eines ehemaligen Wettbewerbers, der val-u-media AG, im Jahr 2005, die am Markt ein "Wartezimmer-Fernsehen" anbot.
David gegen Goliath: "Google-Nutzer erhalten nach Eingabe unseres Firmennamens 'TV-Wartezimmer' den Ergänzungssuchbegriff 'Insolvenz' angezeigt. Damit wird der falsche Eindruck erweckt, wir befänden uns in wirtschaftlichen Schwierigkeiten oder seien nicht mehr zahlungsfähig. Dies ist natürlich unzutreffend und geschäftsschädigend.", erläutert Markus Spamer, Geschäftsführer des vor zehn Jahren von ihm gegründeten Unternehmens TV-Wartezimmer, den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen Google Inc., dem das Landgericht München I am 17. Juni 2013 stattgab und welcher sich auch auf das Kartellrecht stützte. Google wurde nun durch das Gericht untersagt, nach Eingabe des Suchbegriffs "TV-Wartezimmer" den Ergänzungssuchbegriff "Insolvenz" anzuzeigen bzw. vorzuschlagen.
Google haftet zwar nach der neuesten Rechtsprechung des BGH (Entscheidung vom 14. Mai 2013, VI ZR 269/12) nicht von vornherein für jede Persönlichkeitsrechtsbeeinträchtigung durch ihre Suchvorschläge. Doch auch wenn keine Verpflichtung besteht, die durch Software generierten Suchergänzungsvorschläge generell vorab auf Rechtsverletzungen zu prüfen, trifft sie eine entsprechende Pflicht zur Prüfung und Unterlassung laut BGH und LG München I jedenfalls ab Kenntniserlangung von der rechtswidrigen Verletzung von Persönlichkeitsrechten.
"Google Inc. hat auf unsere schriftliche Aufforderung im Mai, den streitgegenständlichen Suchvorschlag nicht mehr anzuzeigen und uns binnen 14 Tagen eine entsprechende Unterlassungserklärung abzugeben, noch nicht einmal reagiert.", erklärt Spamer weiter. "Im Falle der Fortsetzung der Verletzung drohen uns irreparable geschäftliche Schäden." Letzteres ist nicht zuletzt auf die hohe Intensität und enorme Breitenwirkung der Rechtsverletzung zurückzuführen. Denn Google dient der Mehrheit der Bevölkerung als primäre Quelle von Informationen aller Art. Selbst die Duden-Redaktion veröffentlichte bereits in der 2004 verbreiteten 23. Auflage des Duden erstmals den Begriff "googeln" mit der Bedeutung "im Internet suchen". Google monierte daraufhin einen missverständlichen Sprachgebrauch, bei dem der Verlust des Markenschutzes drohe, wenn sich "googeln" als Oberbegriff für jede Recherche auch mit anderen Suchmaschinen im Internet durchsetze. Somit wurde 2006 im Duden die Bedeutung geändert in "mit Google im Internet suchen".
Dr. Robert Kazemi
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