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Sehr geehrte Apothekerin, sehr geehrter Apotheker,
hier ist der vollständige Text für Sie:
Steuer & Recht
Die Fluggäste eines Flugs mit Anschlussflügen müssen entschädigt
werden, wenn ihr Flug am Endziel mit einer Verspätung von drei Stunden oder
mehr ankommt.
Die Tatsache, dass die ursprüngliche Verspätung des Flugs die vom
Unionsrecht festgelegten Grenzen nicht überschritten hat, wirkt sich nicht auf
den Ausgleichsanspruch aus.
Die Verordnung über Ausgleichs- und Unterstützungsleistungen für Fluggäste
gewährt ihnen grundsätzlich Unterstützung während der Verzögerung ihres Flugs.
Der Gerichtshof hat in seinem Urteil Sturgeon zudem entschieden, dass auch
Fluggäste, deren Flug sich verspätet hat, Ausgleichszahlungen erhalten können -
auch wenn dieser Anspruch von der Verordnung nur im Fall der Annullierung von
Flügen ausdrücklich gewährt wird -, sofern sie ihr Endziel drei Stunden oder
mehr nach der planmäßigen Ankunft erreichen. Eine solche pauschale
Ausgleichszahlung, die in Abhängigkeit von der Entfernung des Flugs zwischen
250 und 600 Euro beträgt, wird anhand des letzten Zielorts bestimmt, an dem der
Fluggast später als zur planmäßigen Ankunftszeit ankommt.
Frau Folkerts verfügte über eine Buchung für einen Flug von Bremen
(Deutschland) über Paris (Frankreich) und São Paulo (Brasilien) nach Asunción
(Paraguay). Der von der Gesellschaft Air France durchgeführte Flug von Bremen
nach Paris hatte von Beginn an Verspätung und startete mit einer Verspätung von
fast zweieinhalb Stunden gegenüber der ursprünglich geplanten Abflugzeit.
Folglich verpasste Frau Folkerts ihren Anschlussflug von Paris nach São Paulo,
der ebenfalls von Air France durchgeführt wurde, die Frau Folkerts auf einen späteren
Flug mit demselben Zielort umbuchte. Aufgrund ihrer verspäteten Ankunft in São
Paulo verpasste Frau Folkerts den ursprünglich geplanten Anschlussflug nach
Asunción und kam dort erst mit einer Verspätung von elf Stunden gegenüber der
ursprünglich geplanten Ankunftszeit an.
Nachdem Air France verurteilt worden war, Frau Folkerts Schadensersatz zu
zahlen, der u. a. einen Betrag in Höhe von 600 Euro nach der Verordnung
umfasste, legte diese Gesellschaft beim Bundesgerichtshof Revision ein. Der
Bundesgerichtshof möchte vom Gerichtshof wissen, ob dem Fluggast eine
Ausgleichszahlung zusteht, wenn die Verspätung seines Flugs zum Zeitpunkt des
Abflugs weniger als drei Stunden betrug, er aber sein Endziel mit einer
Verspätung von drei Stunden oder mehr gegenüber der planmäßigen Ankunftszeit
erreichte.
In seinem heutigen Urteil weist der Gerichtshof zunächst darauf hin, dass
Gegenstand der Verordnung die Gewährung von Mindestrechten für Fluggäste ist,
die mit drei verschiedenen Situationen konfrontiert sind: der Nichtbeförderung
gegen ihren Willen, der Annullierung des Flugs und schließlich der Verspätung
des Flugs.
Sodann verweist der Gerichtshof auf seine Rechtsprechung, wonach Fluggäste von
verzögerten Flügen, die eine große Verspätung erleiden - d. h. eine Verspätung
von drei Stunden oder mehr -, ebenso wie Fluggäste, deren ursprünglicher Flug
annulliert wurde und denen das Luftfahrtunternehmen keine anderweitige
Beförderung unter den von der Verordnung vorgesehenen Voraussetzungen anbieten
kann, einen Ausgleichsanspruch haben, da sie in ähnlicher Weise einen
irreversiblen Zeitverlust und somit Unannehmlichkeiten erleiden (Urteile
Sturgeon, Nelson). Da diese Unannehmlichkeiten im Fall verspäteter Flüge bei
der Ankunft am Endziel eintreten, muss das Vorliegen einer Verspätung anhand
der planmäßigen Ankunftszeit am Endziel, also am Zielort des letzten Flugs,
beurteilt werden.
Somit muss im Fall eines Flugs mit Anschlussflügen die pauschale
Ausgleichszahlung anhand der Verspätung gegenüber der planmäßigen Ankunftszeit
am Endziel bemessen werden, d. h. dem Zielort des letzten Flugs des
betreffenden Fluggasts.
Andernfalls läge eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung vor, weil Fluggäste,
die ihr Endziel mit einer Verspätung von drei Stunden oder mehr gegenüber der
planmäßigen Ankunftszeit erreichen, in Abhängigkeit davon, ob die Verspätung
ihres Fluges gegenüber der planmäßigen Abflugzeit die in der Verordnung
genannten Grenzen übersteigt oder nicht, unterschiedlich behandelt würden,
obwohl ihre mit einem irreversiblen Zeitverlust verbundenen Unannehmlichkeiten
identisch sind.
Der Gerichtshof stellt hierzu klar, dass die pauschale Ausgleichszahlung, auf
die ein Fluggast nach der Verordnung Anspruch hat, wenn sein Flug das Endziel
drei Stunden oder mehr nach der planmäßigen Ankunftszeit erreicht, nicht von
der Einhaltung der Voraussetzungen für die Unterstützungs- und
Betreuungsleistungen abhängt, da diese dem Fluggast anzubieten sind, wenn der
Flug zum Zeitpunkt des Abflugs verspätet ist.
Hinsichtlich der finanziellen Konsequenzen für die Luftfahrtunternehmen stellt
der Gerichtshof fest, dass diese zunächst gemindert werden können, wenn das
Luftunternehmen nachweisen kann, dass die große Verspätung auf außergewöhnliche
Umstände zurückgeht, die sich auch dann nicht hätten vermeiden lassen, wenn
alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen worden wären, also auf Umstände, die von
dem Luftfahrtunternehmen tatsächlich nicht zu beherrschen sind (Urteil
Wallentin-Hermann). Des Weiteren sind die Verpflichtungen aus der Verordnung unbeschadet
des Rechts der Luftfahrtunternehmen zu erfüllen, bei sämtlichen Verursachern
der Verspätung, einschließlich Dritten, Regress zu nehmen (Urteil Nelson u.
a.). Schließlich können die Ausgleichszahlungen, die je nach der mit den
betreffenden Flügen zurückgelegten Entfernung 250 Euro, 400 Euro oder 600 Euro
betragen, nach der Verordnung noch um 50 % gekürzt werden, wenn die Verspätung
bei einem Flug über eine Entfernung von mehr als 3.500 km unter vier Stunden
bleibt. Der Gerichtshof weist zudem darauf hin, dass das Ziel des Schutzes der
Verbraucher und somit auch der Fluggäste negative wirtschaftliche Folgen selbst
beträchtlichen Ausmaßes für bestimmte Wirtschaftsteilnehmer rechtfertigen kann.
Somit antwortet der Gerichtshof, dass einem Fluggast eines Flugs mit
Anschlussflügen, dessen Verspätung zum Zeitpunkt des Abflugs unterhalb der in
der Verordnung festgelegten Grenzen lag, der aber sein Ziel mit einer
Verspätung von drei Stunden oder mehr gegenüber der planmäßigen Ankunftszeit
erreicht hat, eine Ausgleichszahlung zusteht. Diese Ausgleichszahlung hängt
nämlich nicht vom Vorliegen einer Verspätung beim Abflug ab.
Weitere Informationen finden Sie auf der Homepage des EuGH.
EuGH, Urteil in der Rechtssache C-11/11 vom 26.02.2013
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