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APOTHEKE | Medienspiegel & Presse |
Das Skonto-Urteil des Bundesgerichtshofs hat die wirtschaftlichen Spielregeln für Apotheken drastisch verändert. Mit der Deckelung von Rabatten auf verschreibungspflichtige Arzneimittel kämpfen viele Betriebe um ihre Margen. Während Großhändler die Entscheidung zu ihren Gunsten nutzen, stehen Apotheken vor der Herausforderung, ihre Einkaufsbedingungen neu zu verhandeln. Der Bericht zeigt, wie gezielte Strategien und professionelle Verhandlungsführung den Weg aus der Margenfalle ebnen können – und warum politischer Rückhalt dringend notwendig ist.
Das Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) vom Februar 2024, das die Gewährung von Skonti und Rabatten auf verschreibungspflichtige Arzneimittel (Rx-Arzneimittel) auf maximal 3,05 % der Großhandelsmarge beschränkt, hat die Apothekenlandschaft in Deutschland grundlegend verändert. Die einstige Praxis, mit zusätzlichen Rabatten oder Skonti die gesetzlichen Margen zu umgehen, wurde durch die Entscheidung der Karlsruher Richter unterbunden. Während das Urteil darauf abzielte, Markttransparenz und Wettbewerb zu stärken, hat es in der Praxis erhebliche wirtschaftliche Herausforderungen für die Apotheken geschaffen, die bis heute spürbar sind.
Seit der Umsetzung des Urteils im Juni 2024 stehen Apotheken unter massivem wirtschaftlichen Druck. Großhändler, die das Urteil als Gelegenheit nutzen, um ihre eigenen Margen zu sichern, haben in vielen Fällen einseitig neue Konditionen diktiert. Insbesondere kleinere Apotheken, die oft weniger Verhandlungsmacht haben, mussten signifikante Einschnitte hinnehmen. Die durchschnittlichen Einkaufsrenditen, die vor dem Urteil zwischen 6 % und 7,5 % lagen, sanken vielerorts auf 3,5 % bis 4,5 %. Dies führte dazu, dass viele Betriebe ihre wirtschaftliche Stabilität neu überdenken mussten.
Eine der zentralen Herausforderungen liegt in der mangelnden Verhandlungsbereitschaft der Großhändler. Apotheken berichteten, dass neue Konditionen häufig schriftlich mitgeteilt wurden, ohne Raum für Gespräche oder individuelle Anpassungen. Viele Inhaber fühlten sich gezwungen, die Vorgaben zu akzeptieren, um ihre Versorgungssicherheit nicht zu gefährden. Gleichzeitig zeigte sich, dass Großhändler, die bereit waren, in Verhandlungen zu treten, erhebliche Spielräume boten. Einige Apotheken konnten durch gezielte Nachverhandlungen ihre Einkaufsrenditen bis November 2024 auf bis zu 6 % steigern, was beweist, dass aktive Verhandlungsstrategien einen wichtigen Hebel darstellen.
Ein zentraler Ansatzpunkt zur Kompensation der Einbußen ist der Packungswertausgleich, bei dem Großhändler die Differenz zwischen der tatsächlich erzielten Marge und ihrer Soll-Marge berechnen. Durch eine Reduzierung dieser Berechnungsbasis können Apotheken deutliche Einsparungen erzielen. Ebenso bieten die Transport- und Tourenkosten, die aufgrund der gestiegenen Treibstoffpreise eingeführt wurden, Verhandlungsspielraum. Einige Apotheken erreichten, dass diese Zuschläge vollständig gestrichen wurden.
Auch bei der Vergütung von Hochpreis-Arzneimitteln sowie den Rabattausschlüssen konnten erfolgreiche Verhandlungen bemerkenswerte Ergebnisse erzielen. Apotheken, die alle Rx-Arzneimittel einheitlich mit einem Rabatt von 3,05 % abrechnen, profitieren nicht nur von transparenteren Rechnungen, sondern auch von einer effizienteren Kostenstruktur. Diese Beispiele zeigen, dass eine fundierte Kenntnis der eigenen Zahlen und eine klare Verhandlungsstrategie entscheidend für den wirtschaftlichen Erfolg sind.
Trotz dieser positiven Ansätze bleibt die Gesamtbilanz durchwachsen. Viele Apotheken, insbesondere in strukturschwachen Regionen, sehen sich einer erheblichen finanziellen Belastung ausgesetzt, die ohne zusätzliche Maßnahmen existenzbedrohend sein könnte. Die politischen Rahmenbedingungen tragen ebenfalls wenig zur Entspannung bei. Forderungen nach einer Erhöhung des Rx-Fixums oder einer Lockerung der Rabattgrenzen werden von der Bundesregierung weiterhin ignoriert. Mit dem Bruch der Ampel-Koalition sind mögliche Reformen zudem in weite Ferne gerückt.
Die Herausforderungen, die das Skonto-Urteil geschaffen hat, sind tiefgreifend. Apotheken müssen sich stärker denn je als Unternehmer positionieren und proaktiv nach Lösungen suchen. Externe Unterstützung, etwa durch Verhandlungsprofis, kann dabei helfen, bessere Konditionen zu erzielen und langfristige Stabilität zu gewährleisten. Ohne eine klare Strategie riskieren viele Betriebe, den Anschluss zu verlieren – ein Risiko, das sich in der derzeitigen Marktlage niemand leisten kann.
Das Skonto-Urteil des BGH ist mehr als eine juristische Entscheidung – es ist ein Wendepunkt für die gesamte Apothekenbranche. Was als Versuch begann, Transparenz und Wettbewerb im Arzneimittelhandel zu fördern, hat in der Praxis eine erhebliche Schieflage geschaffen. Die Großhändler, die das Urteil als Rechtfertigung nutzen, um ihre eigenen Interessen durchzusetzen, haben die Verhandlungsposition der Apotheken massiv geschwächt. Doch die Verantwortung liegt nicht allein bei den Großhändlern oder der Politik. Auch die Apotheken selbst müssen sich den neuen Herausforderungen stellen.
Diejenigen, die proaktiv verhandeln und sich intensiv mit ihren Zahlen auseinandersetzen, zeigen, dass Verbesserungen möglich sind. Es bedarf jedoch einer klaren Strategie und oft auch externer Expertise, um diese Ziele zu erreichen. Die Beispiele erfolgreicher Nachverhandlungen belegen, dass Margenverluste zumindest teilweise kompensiert werden können. Doch dies erfordert Zeit, Hartnäckigkeit und ein tiefes Verständnis der komplexen Verrechnungsmethoden des Großhandels.
Gleichzeitig ist es unerlässlich, den politischen Druck aufrechtzuerhalten. Ohne eine Anpassung des Rx-Fixums oder eine Flexibilisierung der Rabattregelungen droht eine weitere Erosion der Apothekenlandschaft, insbesondere in ländlichen Regionen. Die Bundesregierung muss erkennen, dass die Apothekerschaft nicht nur ein wirtschaftlicher, sondern auch ein systemrelevanter Akteur im Gesundheitswesen ist. Ihre Stabilität ist entscheidend für die flächendeckende Versorgung der Bevölkerung.
Das Skonto-Urteil zeigt, wie schnell sich Rahmenbedingungen ändern können und wie wichtig es ist, darauf vorbereitet zu sein. Apotheken, die sich dieser Realität verweigern, riskieren langfristig ihre Existenz. Doch die Branche hat auch bewiesen, dass sie in der Lage ist, sich anzupassen und zu kämpfen. Es bleibt zu hoffen, dass diese Entschlossenheit anhält – denn der Kampf um faire Bedingungen ist noch lange nicht vorbei.
Von Engin Günder, Fachjournalist
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