• 17.11.2024 – Apotheken-News: Vergütung, Reformen und Unsicherheit in der Apothekenbranche

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APOTHEKE | Medienspiegel & Presse |

Apotheken-News: Vergütung, Reformen und Unsicherheit in der Apothekenbranche

 

Interne Konflikte, politische Pläne und wirtschaftliche Herausforderungen bestimmen die Zukunft der Apotheken

Die Apothekenbranche steht vor tiefgreifenden Veränderungen: Während Diskussionen über höhere Vergütungen stagnieren, offenbaren interne Konflikte innerhalb der ABDA unterschiedliche Interessen. Das umstrittene „Projekt 5000“ könnte kleine Apotheken gefährden, und Securpharm sorgt weiterhin für finanzielle und praktische Zweifel. Politisch bahnt sich ein Wandel an, denn die CDU/CSU plant nach einem möglichen Regierungswechsel einen neuen Kurs in der Gesundheitspolitik. Gleichzeitig stellen regionale Herausforderungen wie die geodatenbasierte Notdienstverteilung die Apotheken vor zusätzliche Hürden. Inmitten dieses Reformstaus bleibt die Zukunft der Apotheken ungewiss, während der Ruf nach innovativen Lösungen immer lauter wird.


Die Situation in der Apothekenbranche bleibt angespannt. Diskussionen über die Zukunft der Vergütung und strukturelle Reformen bestimmen die Agenda. Insbesondere die jüngste Aussage von Claudia Korf, Geschäftsführerin Ökonomie der ABDA, „Es wird nie wieder so, wie es mal war“, verdeutlicht die Notwendigkeit eines Umdenkens in der Branche. Die wirtschaftliche und politische Lage verlangt nach neuen Ansätzen, doch konkrete Ergebnisse bleiben aus. Während eine Erhöhung der Apothekenvergütung in Diskussion steht, zeigt sich zunehmend, dass der Traum von pauschalen Verbesserungen nicht ausreicht, um den Herausforderungen der Gegenwart zu begegnen. Innerhalb der ABDA und ihrer Mitgliedsorganisationen offenbaren sich immer deutlicher unterschiedliche Meinungen und Strategien. Offiziell mag die Organisation als Einheit auftreten, doch hinter den Kulissen sind Konflikte spürbar, die den Reformprozess erschweren.

Ein weiterer Streitpunkt ist das sogenannte „Projekt 5000“, mit dem die ABDA eine Bündelung von Apotheken unter einem Dach sowie die Wiederzulassung von Skonti fordert. Während größere Apotheken von solchen Regelungen profitieren könnten, sehen sich kleinere Betriebe benachteiligt. Diese Ungleichheit könnte langfristig zu einer Marktbereinigung führen, die vor allem ländliche Apotheken gefährdet. Der umstrittene Slogan „Lassen Sie sich keine Bude andrehen“, der im Kontext der Apothekenreform verwendet wurde, hat zudem die Kluft zwischen den Interessen unterschiedlicher Apothekentypen verdeutlicht. Während die ABDA offiziell als Fürsprecherin der gesamten Branche auftritt, ist die Unterstützung für kleine, unabhängige Apotheken vielfach infrage gestellt.

Auch das Thema Securpharm sorgt weiterhin für Unmut. Das 2019 eingeführte System zur Bekämpfung von Arzneimittelfälschungen stellt eine erhebliche finanzielle Belastung dar, deren Nutzen nach fünf Jahren immer noch fraglich ist. Besonders die hohen Betriebskosten, die auf die Apotheken umgelegt werden, stoßen auf Kritik. Viele Apothekeninhaber hinterfragen, ob der tatsächliche Schutz vor Arzneimittelfälschungen die laufenden Ausgaben rechtfertigt. Dies führt zu einer Grundsatzdebatte darüber, wie regulatorische Maßnahmen gestaltet sein müssen, um sowohl die Patientensicherheit zu gewährleisten als auch wirtschaftlich tragbar zu sein.

Parallel dazu steht die Branche unter dem Eindruck der gescheiterten Apothekenreform. Die ursprünglich geplanten Änderungen, darunter die Reduzierung der 3-Prozent-Marge auf 2 Prozent und die Einführung von Apotheken ohne Apotheker, wurden vorerst auf Eis gelegt. Zwar bedeutet dies eine kurzfristige Entlastung für die Betriebe, doch die geplanten erweiterten Impf- und Testbefugnisse, die als potenzielle Einnahmequelle dienten, bleiben ebenfalls aus. Dies hinterlässt die Branche in einem Schwebezustand, der zwar vorerst Stabilität bietet, jedoch keine langfristigen Perspektiven eröffnet.

Die gesundheitspolitische Lage ist zudem geprägt von einem angekündigten Kurswechsel der CDU/CSU. Nach den jüngsten Entwicklungen deutet sich das Ende der Ampel-Koalition an. Vertreter der Union, wie Tino Sorge, sprechen sich gegen die bisherige rot-grüne Agenda aus und planen grundlegende Änderungen in der Gesundheitspolitik. Dieser politische Wandel könnte weitreichende Konsequenzen für die Apothekenbranche haben, die ohnehin unter der Last stagnierender Honorare und steigender Kosten leidet.

In Mecklenburg-Vorpommern stehen derweil geodatenbasierte Notdienstverteilungen und Änderungen der ABDA-Satzung im Fokus. Die geplante Einführung eines flächendeckenden Systems zur Optimierung der Notdienstversorgung ab 2026 zeigt die wachsende Bedeutung technologischer Lösungen in der Branche. Gleichzeitig sorgt die Komplexität der Umsetzung in ländlichen Regionen für Kritik. Die damit einhergehenden Veränderungen in der ABDA-Satzung stoßen ebenfalls auf Ablehnung, da sie viele Apothekerinnen und Apotheker als ungerecht empfinden.

Inmitten all dieser Herausforderungen zeigt sich, wie vielseitig und bedeutend die Rolle der Apotheken ist. Das Lymphsystem des menschlichen Körpers kann dabei als Metapher dienen. Wie das Lymphsystem überschüssige Flüssigkeit und Abfallstoffe aus dem Körper abtransportiert, so bewältigen Apotheken täglich eine Vielzahl an Aufgaben, die weit über den reinen Medikamentenverkauf hinausgehen. Doch auch in dieser Analogie wird deutlich: Ohne ein funktionierendes Netzwerk und ausreichende Ressourcen droht eine Überlastung.

Die Absicherung gegen Berufsunfähigkeit ist ein weiteres Thema, das speziell Apotheker betrifft. Als systemrelevanter Beruf mit hohen gesundheitlichen Anforderungen ist die Absicherung eine Herausforderung. Die bürokratischen Hürden, die mit der Beantragung einer Berufsunfähigkeitsversicherung einhergehen, verdeutlichen die Notwendigkeit klarer und transparenter Regelungen, um Apotheker in Ausnahmesituationen besser zu unterstützen.

Die Zukunft der Apotheken bleibt ungewiss. Reformstau, wachsende finanzielle Belastungen und interne Konflikte innerhalb der Interessenvertretungen stellen die Branche vor immense Herausforderungen. Der Ruf nach einer ganzheitlichen Lösung, die alle Beteiligten einbezieht, wird lauter.


Kommentar:

Die Apothekenbranche steht an einem Scheideweg. Die Herausforderungen sind vielfältig und komplex: stagnierende Honorare, steigende Betriebskosten, eine unklare Reformagenda und interne Zerwürfnisse innerhalb der ABDA. All dies zeigt, dass die Zeit für kleine kosmetische Anpassungen vorbei ist. Die Branche benötigt eine klare Vision und mutige Schritte. Die Diskussionen um das „Projekt 5000“ und die Wiederzulassung von Skonti offenbaren ein grundlegendes Problem: Die Interessen kleinerer Apotheken werden zunehmend marginalisiert. Dies ist nicht nur unfair, sondern auch kurzsichtig, denn gerade diese Betriebe sind in ländlichen Regionen oft das Rückgrat der medizinischen Versorgung.

Securpharm und ähnliche Maßnahmen zeigen zudem, dass regulatorische Vorgaben mit Augenmaß gestaltet werden müssen. Die finanzielle Belastung für die Apotheken darf nicht die Patientensicherheit gefährden, sondern muss im Einklang mit wirtschaftlicher Vernunft stehen. Auch die politische Landschaft trägt zur Unsicherheit bei. Der angekündigte Kurswechsel der CDU/CSU könnte neue Chancen eröffnen, birgt jedoch ebenfalls Risiken. Entscheidend wird sein, ob die politischen Akteure bereit sind, die Anliegen der Apotheken tatsächlich zu berücksichtigen.

Die ABDA muss ihrer Rolle als Interessenvertretung gerecht werden und Lösungen anbieten, die die gesamte Branche einbeziehen. Es reicht nicht aus, große Projekte voranzutreiben, wenn dabei ein erheblicher Teil der Apotheken auf der Strecke bleibt. Ein „weiter so“ kann und darf es nicht geben. Die Apothekenbranche benötigt eine umfassende Reform, die alle Beteiligten stärkt, klare Perspektiven schafft und die Bedeutung der Apotheken als unverzichtbaren Bestandteil des Gesundheitssystems anerkennt.

Von Engin Günder, Fachjournalist

 

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