• 01.11.2024 – Omega-3-Fettsäuren: Zwischen Gesundheitsnutzen und Risiken

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GESUNDHEIT | Medienspiegel & Presse |

Omega-3-Fettsäuren: Zwischen Gesundheitsnutzen und Risiken

 

Wann Nahrungsergänzung sinnvoll ist – und wann Vorsicht geboten bleibt

Omega-3-Fettsäuren gelten als echte Allrounder in der Gesundheitsvorsorge und sind für ihre entzündungshemmenden Eigenschaften bekannt. Ob bei Hautproblemen, Migräne oder rheumatischen Erkrankungen – Studien belegen vielfältige positive Effekte. Doch besonders bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen ist der Nutzen umstritten, und hohe Dosen bergen Risiken wie Vorhofflimmern. Der Bericht beleuchtet fundiert die potenziellen Vorteile und Gefahren der Omega-3-Supplementation und zeigt auf, wann eine ergänzende Einnahme sinnvoll sein kann und wann Vorsicht geboten ist.


Die Einnahme von Omega-3-Fettsäuren in Form von Nahrungsergänzungsmitteln wird zunehmend populärer, doch die wissenschaftliche Diskussion über die gesundheitlichen Effekte und Risiken bleibt komplex und widersprüchlich. Omega-3-Fettsäuren, darunter die Eicosapentaensäure (EPA) und Docosahexaensäure (DHA), sind langkettige, mehrfach ungesättigte Fettsäuren, die für ihre entzündungshemmenden Eigenschaften bekannt sind und eine zentrale Rolle in der Funktion von Zellmembranen sowie der Synthese von Gewebshormonen spielen. Diese essenziellen Fette können vom Körper nur begrenzt synthetisiert werden, weshalb eine ausreichende Zufuhr über die Ernährung oder Nahrungsergänzung wichtig ist. Studien legen nahe, dass ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Omega-6- und Omega-3-Fettsäuren, idealerweise bei etwa 4:1, entzündungsfördernde Prozesse im Körper verringern und die Produktion entzündungshemmender Substanzen fördern kann. Doch in der westlichen Ernährung liegt dieses Verhältnis häufig bei etwa 15:1, was die Empfehlung zur vermehrten Aufnahme von Omega-3 verstärkt hat.

Einige wissenschaftliche Studien stützen den potenziellen Nutzen einer Supplementation mit Omega-3-Fettsäuren bei spezifischen Krankheitsbildern. Bei entzündlichen Hauterkrankungen wie Akne etwa zeigte eine Studie der LMU München, dass Akne-Patienten nach 16 Wochen täglicher Omega-3-Einnahme eine deutliche Verbesserung der Hautsymptome verzeichneten. Auch entzündliche und nicht-entzündliche Läsionen gingen zurück, während die Lebensqualität der Probanden stieg. Omega-3 scheint hier die entzündungshemmenden Prozesse im Körper zu unterstützen. Eine andere Studie aus Taiwan untersuchte den Effekt von EPA auf Migräne und zeigte, dass Migränetage durch die tägliche Einnahme von 1,8 g EPA signifikant reduziert werden konnten. Zudem sank der Bedarf an Schmerzmitteln, und die Probanden berichteten von einer verbesserten Lebensqualität. Die entzündungshemmende Wirkung von EPA könnte dabei eine zentrale Rolle spielen, indem es die Synthese von Arachidonsäure hemmt, die an der Produktion von entzündungsfördernden Mediatoren beteiligt ist.

Auch bei rheumatischen Erkrankungen wie rheumatoider Arthritis und Arthrose wurde der Nutzen von Omega-3-Fettsäuren untersucht. Eine umfassende Metaanalyse mit 18 randomisierten kontrollierten Studien ergab, dass RA-Patienten, die Omega-3 einnahmen, eine signifikante Reduktion schmerzhafter Gelenke verzeichneten. Bei Arthrosepatienten führte die Supplementation zur Verbesserung der Gelenkfunktion und Schmerzlinderung. Die entzündungshemmenden Eigenschaften der Omega-3-Fettsäuren scheinen auch hier eine wichtige Rolle zu spielen und könnten die Lebensqualität der Betroffenen deutlich verbessern. Bei chronischen Atemwegserkrankungen wie COPD weisen Studien ebenfalls auf positive Effekte hin. Höhere EPA/DHA-Konzentrationen im Plasma wurden mit einer besseren Lebensqualität und einem geringeren Risiko für moderate Exazerbationen bei COPD-Patienten in Verbindung gebracht.

Die Rolle der Omega-3-Fettsäuren bei der Herzgesundheit bleibt hingegen kontrovers. Während einige Studien auf Vorteile bei Patienten mit Herzinsuffizienz hinweisen, sind die Ergebnisse nicht eindeutig. Die amerikanische Herzgesellschaft empfiehlt eine Omega-3-Supplementation für Patienten mit fortgeschrittener Herzinsuffizienz, doch europäische Leitlinien raten zur Vorsicht, da der wissenschaftliche Nutzen in der Gesamtmortalität und der Re-Infarktrate nicht signifikant belegt ist. Zudem deuten Metaanalysen auf ein erhöhtes Risiko für Vorhofflimmern bei hohen Omega-3-Dosen hin. Ein kürzlich veröffentlichtes Rote-Hand-Brief weist auf ein dosisabhängiges Risiko für Vorhofflimmern bei der Einnahme von mehr als 4 g Omega-3-Fettsäuren pro Tag hin. Personen mit kardiovaskulären Erkrankungen sollten daher eine Supplementation nur in ärztlicher Absprache erwägen.

Während der Schwangerschaft und Stillzeit ist die Zufuhr von Omega-3-Fettsäuren, insbesondere DHA, besonders wichtig, da sie die Entwicklung des kindlichen Gehirns und der Augen fördert. Studien zeigen, dass Omega-3 auch das Risiko für Frühgeburten senken kann. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfiehlt Schwangeren, mindestens einmal pro Woche fetten Fisch zu konsumieren oder DHA-Präparate zu nutzen. Jedoch bleiben die Daten uneinheitlich, und weitere Studien sind erforderlich, um präzise Dosierungsempfehlungen festzulegen.

Für Verbraucher, die Omega-3-Supplemente in Betracht ziehen, raten Experten, den Omega-3-Index zu prüfen, der den Anteil von EPA und DHA in den Erythrozyten anzeigt. Dieser Wert sollte idealerweise zwischen 8 und 11 % liegen, um von den potenziellen gesundheitlichen Vorteilen zu profitieren. Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit empfiehlt für gesunde Erwachsene eine tägliche Zufuhr von 250 mg EPA und DHA. Höhere therapeutische Dosen sollten jedoch in Rücksprache mit Ärzten erfolgen, um mögliche Wechselwirkungen und Risiken zu berücksichtigen. Omega-3-Supplemente können in vielen Fällen eine wertvolle Unterstützung bieten, doch die Einnahme sollte gezielt und fundiert erfolgen. Für viele Menschen bleibt eine ausgewogene Ernährung, die regelmäßig fetten Seefisch und pflanzliche Omega-3-Quellen enthält, eine ausreichende und gesündere Alternative zur Supplementation.


Kommentar:

Omega-3-Fettsäuren gelten als eine der meistuntersuchten Nahrungsergänzungen der letzten Jahrzehnte. Die stetig wachsende Nachfrage zeigt das zunehmende Bewusstsein für eine ausgewogene Ernährung, doch gerade bei Omega-3-Produkten ist Vorsicht geboten. Die wissenschaftlichen Studien zur Supplementation zeichnen ein vielfältiges, teils widersprüchliches Bild. Es zeigt sich, dass Omega-3 durchaus gesundheitliche Vorteile bietet, insbesondere bei entzündlichen Erkrankungen, Hautproblemen, rheumatischen Beschwerden und zur Unterstützung der kognitiven Leistungsfähigkeit im Alter. Die entzündungshemmenden Effekte von EPA und DHA bieten großes Potenzial für Betroffene dieser Krankheitsbilder. Doch die Rolle von Omega-3 bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen ist weniger eindeutig und bleibt ein kontrovers diskutiertes Thema. Europäische Leitlinien warnen davor, Nahrungsergänzungsmittel wie Omega-3-Supplemente vorschnell als Ersatz für evidenzbasierte, kardiologische Therapien zu sehen. Hier zeigt sich die Notwendigkeit einer gezielten, wissenschaftlich fundierten Aufklärung, damit Verbraucher die potenziellen Vorteile und Grenzen besser verstehen und ihre Erwartungen realistisch anpassen.

Hinzu kommt, dass der Omega-3-Hype auch Schattenseiten hat. Die Gefahr einer Überdosierung, wie die Risiken für Vorhofflimmern, wird von vielen Verbrauchern unterschätzt. Die Empfehlungen der Herzgesellschaften sind unterschiedlich, und Studien deuten darauf hin, dass hohe Omega-3-Dosen möglicherweise schädlicher sind als gedacht. Solche Risiken machen deutlich, dass Nahrungsergänzungsmittel kein Ersatz für eine ausgewogene Ernährung sind und im besten Fall als gezielte Unterstützung dienen können, wenn eine ärztliche Indikation vorliegt. Die Forschung ist hier gefragt, noch präzisere Leitlinien zu entwickeln und Klarheit über die Langzeitwirkungen einer Omega-3-Supplementation zu schaffen.

Eine ausgewogene und gesunde Ernährung mit ausreichend Omega-3-reichen Lebensmitteln bleibt der einfachste und oft auch effektivste Weg, den eigenen Omega-3-Bedarf zu decken. Verbraucher sollten nicht nur auf Supplemente setzen, sondern auch natürliche Quellen wie fetten Fisch oder Algen in ihren Speiseplan einbauen. Omega-3-Supplemente bieten zwar in vielen Fällen eine praktische Möglichkeit zur Ergänzung, doch der eigenständige und unkontrollierte Einsatz kann bei falschen Erwartungen und Dosen mehr Schaden als Nutzen anrichten.

Von Engin Günder, Fachjournalist

 

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