• 19.10.2024 – Digitale Zukunft und Reformen im Fokus

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APOTHEKE | Medienspiegel & Presse |

Apotheken-News: Digitale Zukunft und Reformen im Fokus

 

Technologische Innovationen und Reformpläne stellen Apotheken vor große Veränderungen, während neue medizinische Entwicklungen und Engpässe die Gesundheitsversorgung fordern

Die Gesundheitsreform sorgt mit der Debatte um „Apotheken ohne Apotheker“ für Unruhe, während die zunehmende Digitalisierung Apotheken vor neue Herausforderungen bei der Cybersicherheit stellt. Fortschritte wie der Einsatz von Künstlicher Intelligenz in der Schmerztherapie bieten Potenzial, werfen jedoch ethische Fragen auf. Gleichzeitig stehen Apotheken durch Reformpläne und politische Diskussionen wie die Einführung einer Landapothekerquote in Thüringen am Scheideweg. Engpässe bei wichtigen Medikamenten und Impfstoffen belasten das Gesundheitssystem, doch neue medizinische Entwicklungen, wie ein Biomarker zur Diagnose von Endometriose, wecken Hoffnung.


Die Diskussion um die sogenannte "Apotheke ohne Apotheker" hat im Rahmen der Gesundheitsreform, insbesondere beim Deutschen Apothekertag 2024, große Wellen geschlagen. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach verteidigte seine Position, wonach die telepharmazeutische Beratung sowohl in der Apotheke als auch von zu Hause aus gleichwertig sei. Seiner Ansicht nach bestehe kein qualitativer Unterschied zwischen der herkömmlichen Beratung in der Apotheke und der telemedizinischen Beratung, die zunehmend Verbreitung findet. Lauterbach zieht hierbei Parallelen zur Telemedizin im Rettungsdienst sowie zu Hausbesuchen durch Ärzte, wo ähnliche digitale Technologien längst etabliert sind. Die Apothekenbranche reagierte auf diese Pläne mit großer Skepsis und warnte vor möglichen Auswirkungen auf das Berufsbild der Apotheker und die Qualität der Patientenversorgung. Kritiker befürchten, dass die Einführung der telepharmazeutischen Beratung langfristig zu einer Schwächung des Berufsstandes führen könnte.

Neben diesen Herausforderungen müssen sich Apotheken mit den wachsenden Bedrohungen der Digitalisierung auseinandersetzen. Der verstärkte Einsatz elektronischer Rezepte und digitaler Gesundheitsanwendungen bringt eine Fülle sensibler Patientendaten mit sich, die ein attraktives Ziel für Cyberkriminelle darstellen. Obwohl die Digitalisierung das Potenzial bietet, die Effizienz und den Patientenservice erheblich zu verbessern, erhöht sie gleichzeitig die Verwundbarkeit der Apothekeninfrastruktur. In der Vergangenheit haben viele Betreiber die Gefahr von Cyberangriffen unterschätzt, doch die Realität zeigt, dass Apotheken als zentrale Knotenpunkte im Gesundheitssystem besonders anfällig für digitale Angriffe sind. Der Schutz dieser Daten und die Aufrechterhaltung einer stabilen IT-Infrastruktur werden daher immer wichtiger, um den Betrieb sicher und effizient zu gestalten.

Ein weiterer Bereich, in dem die Digitalisierung zunehmend Einzug hält, ist die Schmerztherapie. Moderne Technologien wie Künstliche Intelligenz (KI), digitale Schmerzkalender und Virtual-Reality-Anwendungen (VR) bieten neue Ansätze, um Patienten mit chronischen Schmerzzuständen zu behandeln. Diese Innovationen, die beispielsweise bei Migräne und Rückenschmerzen zum Einsatz kommen, wurden auf dem diesjährigen Deutschen Schmerzkongress in Mannheim intensiv diskutiert. Sie versprechen nicht nur eine verbesserte Therapie, sondern werfen auch ethische Fragen auf, etwa hinsichtlich der Automatisierung von Diagnose- und Behandlungsprozessen und der Rolle des Arztes in einer zunehmend digitalisierten Gesundheitslandschaft.

Eine Woche nach dem Deutschen Apothekertag bleibt die Zukunft der Apotheken in Deutschland jedoch ungewiss. Trotz massiver Proteste gegen das geplante Apotheken-Reformgesetz (ApoRG) ist es noch unklar, ob die Reformpläne vollständig vom Tisch sind. Lauterbach bekräftigte während des Kongresses, dass eine Reform des Apothekenwesens unvermeidlich sei, doch die massiven Widerstände seitens der Apothekerschaft haben den politischen Prozess ins Stocken gebracht. Viele Apothekenbetreiber fragen sich, welche Veränderungen auf sie zukommen und wie sie sich auf die ungewisse Zukunft vorbereiten sollen.

Eine weitere wichtige Entwicklung in der Gesundheitspolitik ist das geplante "Gesundheits-Digitalagentur-Gesetz", das derzeit im Bundestag diskutiert wird. Dieses Gesetz sieht eine Umwandlung der Gematik in eine umfassende Digitalagentur für Gesundheit vor, die maßgeblich die Entwicklung und Bereitstellung der Telematikinfrastruktur im deutschen Gesundheitssystem steuern soll. Mit weitreichenden Kompetenzen, darunter hoheitliche Befugnisse wie Zertifizierungsverfahren und die Gefahrenabwehr, wird diese neue Agentur eine zentrale Rolle in der digitalen Transformation des Gesundheitswesens spielen. Kritiker warnen jedoch vor einer Machtkonzentration und sehen die Gefahr, dass bürokratische Hürden den Fortschritt verlangsamen könnten.

Auch auf medizinischer Ebene gibt es bedeutende Fortschritte. Forschende des Baylor College of Medicine in Houston, USA, haben einen Biomarker im Stuhl entdeckt, der möglicherweise eine nicht-invasive Diagnose von Endometriose ermöglicht. Diese Erkrankung, die weltweit Millionen von Frauen betrifft, wird oft erst nach mehreren Jahren diagnostiziert. Die Entdeckung eines Biomarkers könnte daher einen revolutionären Schritt in der Diagnose dieser schmerzhaften Erkrankung darstellen.

In der politischen Landschaft Thüringens zeichnet sich derweil eine neue Regierung ab. Die sogenannte Brombeer-Koalition, bestehend aus CDU, dem Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) und der SPD, hat sich in den Sondierungsgesprächen auf die Einführung einer Landapothekerquote verständigt, um die medizinische Versorgung in ländlichen Regionen zu stärken. Diese neue Regierungskoalition stellt sich gegen die rechtsextreme AfD, die bei den Landtagswahlen starke Zugewinne verzeichnen konnte. Die Landapothekerquote soll sicherstellen, dass die Versorgung mit Medikamenten auch in dünn besiedelten Gebieten gewährleistet bleibt.

Im Bereich der Kinderheilkunde sorgen derzeit Engpässe beim neuen RSV-Impfstoff Nirsevimab (Beyfortus®) für Unmut unter Kinderärzten. Dieser Antikörper, der seit diesem Herbst Säuglinge vor dem Respiratorischen Synzytial-Virus (RSV) schützen soll, wird als bedeutender Fortschritt in der Prävention schwerer Atemwegserkrankungen gewürdigt. Doch Lieferengpässe trüben die Einführung des neuen Präparats und sorgen für Unsicherheit bei Eltern und Ärzten.

Auch bei isotonischen Natriumchlorid-Lösungen, die essenziell für viele medizinische Anwendungen sind, gibt es derzeit Engpässe. Das Bundesministerium für Gesundheit hat offiziell einen Versorgungsmangel festgestellt und plant zusätzliche Importe, um die Versorgung aufrechtzuerhalten. Diese Maßnahme soll potenziell lebensbedrohliche Situationen verhindern, die durch einen Mangel an diesen Lösungen entstehen könnten.

Die Zahl der Atemwegserkrankungen in Deutschland hat in den letzten Wochen ein Rekordhoch erreicht. Laut dem Robert-Koch-Institut (RKI) sind rund 7,4 Millionen Menschen betroffen, was die höchste Inzidenz seit Beginn der Erhebungen im Jahr 2011 darstellt. Diese Zunahme stellt das Gesundheitssystem vor erhebliche Herausforderungen, insbesondere in den Herbst- und Wintermonaten, wenn sich die Krankheitswellen üblicherweise verstärken.

Für Patienten mit Hämophilie gibt es jedoch neue Hoffnung: Die Europäische Arzneimittelagentur (EMA) hat kürzlich eine Empfehlung für die Zulassung von Concizumab, einem Antikörper-basierten Medikament, ausgesprochen. Concizumab richtet sich speziell an Patienten mit Hämophilie A oder B, die Inhibitoren gegen die Faktoren VIII oder IX entwickelt haben, und könnte somit eine bedeutende neue Behandlungsoption darstellen.

Im Bereich der Impfstoffentwicklung gibt es ebenfalls wichtige Neuigkeiten: Die Europäische Arzneimittelagentur hat eine Empfehlung zur Anpassung der Grippe- und Covid-19-Impfstoffe herausgegeben. Insbesondere die Entscheidung, von tetravalenten zu trivalenten Grippeimpfstoffen zurückzukehren, hat für Aufsehen gesorgt. Der Grund dafür liegt im Verschwinden der Yamagata-Komponente, eines der beiden Influenza-B-Stämme, der weltweit nicht mehr nachgewiesen werden konnte.

Der Kommentar zu den genannten Entwicklungen zeigt, dass sich das deutsche Gesundheitssystem in einer Phase tiefgreifender Umbrüche befindet. Die Digitalisierung ist ein treibender Faktor, der sowohl Chancen als auch Risiken mit sich bringt. Apotheken müssen sich nicht nur auf neue Beratungsmodelle und telepharmazeutische Angebote einstellen, sondern auch ihre IT-Infrastruktur und Cybersicherheit stärken, um mit den Anforderungen der modernen Gesundheitsversorgung Schritt zu halten. Gleichzeitig dürfen ethische und qualitative Fragen nicht außer Acht gelassen werden, insbesondere im Hinblick auf die Automatisierung medizinischer Prozesse.

Die politischen Entwicklungen, wie die Reformpläne von Karl Lauterbach und das Gesundheits-Digitalagentur-Gesetz, könnten weitreichende Auswirkungen auf die Apothekenlandschaft haben. Es bleibt abzuwarten, ob die Apothekenreform in ihrer jetzigen Form umgesetzt wird oder ob die Proteste der Apotheker eine Kurskorrektur erzwingen. In jedem Fall ist klar, dass die Apotheke der Zukunft sich auf zahlreiche Veränderungen vorbereiten muss, um ihre Rolle im Gesundheitssystem zu behaupten. Die Entdeckungen im medizinischen Bereich, wie der Biomarker zur Diagnose von Endometriose oder der neue RSV-Impfstoff, zeigen zudem, dass wissenschaftliche Fortschritte weiterhin zentrale Herausforderungen in der Gesundheitsversorgung lösen können, wenngleich ihre praktische Umsetzung oft durch Lieferengpässe und bürokratische Hürden verzögert wird.

Von Engin Günder, Fachjournalist

 

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