• 27.09.2024 – Apotheken-News: Zwischen Anpassung und Existenzbedrohung

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APOTHEKE | Medienspiegel & Presse |

Apotheken-News: Zwischen Anpassung und Existenzbedrohung

 

Wettbewerbsdruck, Fachkräftemangel und Reformpläne – Wie Apotheken um ihr Überleben kämpfen und welche Wege aus der Krise führen könnten

Die Apothekenlandschaft in Deutschland steht vor tiefgreifenden Veränderungen: Versandapotheken und Fachkräftemangel setzen die Branche unter Druck, während stagnierende Honorare und steigende Betriebskosten die finanzielle Lage vieler Apotheken verschärfen. Zudem sorgt die AvP-Insolvenz weiterhin für Aufsehen, da Apotheker vor Gericht um ihre Ansprüche kämpfen. Das umstrittene Apotheken-Reformgesetz (ApoRG) spaltet die politische Landschaft, während Apotheker zunehmend auf Unterstützung hoffen, um ihre Existenz zu sichern. Hinzu kommen gesundheitspolitische Herausforderungen wie der weltweite Mangel an Verhütungsmitteln, kontroverse Myopiebehandlungen und die Problematik von Retaxationen bei der Versorgung mit dringend benötigten Medikamenten. Inmitten dieser Krise stellt sich die Frage: Wie sieht die Zukunft der deutschen Apotheken aus, und welche Reformen sind nötig, um ihre Rolle als tragende Säule der Gesundheitsversorgung zu sichern?


Die Apothekenlandschaft in Deutschland steht derzeit vor einer massiven Neuordnung, ausgelöst durch verschiedene Faktoren, die den Betrieb der Apotheken zunehmend erschweren. Apothekenbetreiber müssen sich mit Herausforderungen wie dem wachsenden Wettbewerbsdruck durch Versandapotheken, stagnierenden Honoraren von Krankenkassen, steigenden Betriebskosten und einem zunehmenden Fachkräftemangel auseinandersetzen. Gleichzeitig erfordern die Digitalisierung und veränderte Konsumgewohnheiten eine Anpassung der Geschäftspraktiken, während politische Reformen wie das Apotheken-Reformgesetz (ApoRG) zusätzliche Unsicherheiten schaffen. Viele Apotheker, wie Dr. Jens-Andreas Münch, Präsident der Apothekerkammer Sachsen-Anhalt, kritisieren die Reformpläne des Gesundheitsministeriums scharf und begrüßen das Veto der FDP. Der Besuch des FDP-Abgeordneten Konstantin Pott in Münchs Apotheke verdeutlichte die Dringlichkeit politischer Unterstützung, um die wirtschaftliche Stabilität der Apotheken zu sichern.

In einem besonders bemerkenswerten Fall im Zusammenhang mit der Insolvenz des Abrechnungsdienstleisters AvP hat ein Apotheker aus Bayern vor dem Landgericht Würzburg einen Prozess gegen den Insolvenzverwalter Dr. Jan-Philipp Hoos gewonnen. Der Apotheker durfte eine Auszahlung, die er kurz vor der Insolvenz von AvP erhalten hatte, behalten, obwohl der Insolvenzverwalter diese zurückfordern wollte. Dieser Fall ist einer der wenigen, in denen Apotheker im Zusammenhang mit der AvP-Insolvenz erfolgreich gegen Rückforderungen von Zahlungen vorgehen konnten, was in der Branche für Aufsehen sorgt.

Auch im Bereich der Versicherung gibt es für Apothekenbetreiber Sparpotenziale. Bei der Kfz-Versicherung stellt sich die Frage, ob eine Selbstbeteiligung in der Kaskoversicherung sinnvoll ist. Während Privatpersonen oft auf eine Selbstbeteiligung verzichten, um im Schadensfall keine zusätzlichen Kosten zu tragen, könnten Apothekenbetreiber von einer höheren Selbstbeteiligung finanziell profitieren. Dies könnte insbesondere bei betrieblichen Fahrzeugen eine kosteneffiziente Lösung darstellen, da geringere Prämien anfallen.

Auf der politischen Ebene hat der Bundesrat kürzlich das Medizinforschungsgesetz verabschiedet, das schnellere Arzneimittelzulassungen und niedrigere Preise ermöglichen soll. Ziel des Gesetzes ist es, die bürokratischen Hürden bei der Entwicklung und Zulassung von Medikamenten zu senken und Deutschland als Forschungsstandort zu stärken. Dies ist ein wichtiger Schritt der Bundesregierung, um die Versorgung mit innovativen Medikamenten zu verbessern und den Zugang zu erschwinglichen Arzneimitteln zu erleichtern.

Die Problematik von Retaxationen bleibt jedoch ein heikles Thema, wie das Beispiel der Apothekerin Dr. Sybille Koch aus der Hexental-Apotheke in Merzhausen zeigt. Sie versorgte kürzlich einen neunjährigen Patienten mit einem dringend benötigten Penicillin-Import aus Österreich, da in Deutschland massive Lieferengpässe bestanden. Trotz des Einsatzes der Apothekerin, um eine Krankenhausaufnahme des Kindes zu verhindern, retaxierte die Krankenkasse die Abgabe des Medikaments, da keine vorherige Genehmigung eingeholt wurde. Diese Retaxationen stellen für viele Apotheken ein erhebliches Risiko dar und belasten die Versorgungssicherheit.

Auch alltägliche Abläufe in der Apotheke können für Verunsicherung sorgen, wie kürzlich in der Heide Markt Apotheke geschehen. Eine Patientin erhielt zwei unterschiedliche Packungen eines Antidepressivums, obwohl beide die gleiche Pharmazentralnummer (PZN) hatten. Der Apotheker Heinz Köppl musste die Packungen aufgrund des aut-idem-Kreuzes des Arztes, das den Austausch von Medikamenten verhindert, bestellen. Dies führte bei der Kundin zu Verwirrung und zeigt, wie komplex die Arzneimittelversorgung in der Praxis sein kann.

Während sich die Apothekenbranche mit vielen strukturellen Problemen auseinandersetzen muss, sorgt auch die geplante Notfallreform für Kritik. Die Einbindung von Apotheken in Integrierte Notfallzentren (INZ) könnte zwar eine Verbesserung der Notfallversorgung darstellen, doch die Möglichkeit, dass Ärzte in Ausnahmefällen Arzneimittel abgeben dürfen, stößt bei Apothekern auf Ablehnung. Dies könnte zu neuen Herausforderungen für die Apotheken führen, die ohnehin schon stark unter Druck stehen.

Neben den Herausforderungen im Apothekenwesen gibt es auch gesundheitliche Themen, die breite Bevölkerungsschichten betreffen. Eine aktuelle Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Forsa zeigt, dass zwei Drittel der Frauen in Deutschland unter Menstruationsbeschwerden leiden, die ihren Alltag erheblich beeinträchtigen. Trotz dieser Beschwerden versuchen die meisten betroffenen Frauen, ihren Alltag ohne große Einschränkungen zu meistern. Diese Belastungen verdeutlichen den Bedarf an besseren Lösungen für die Behandlung von Regelschmerzen, da viele Frauen auf Schmerzmittel angewiesen sind, um ihren Alltag zu bewältigen.

Ein weiteres kontroverses Thema in der Medizin ist die Behandlung von Myopie bei Kindern und Jugendlichen. Während Atropin-Augentropfen in asiatischen Ländern bereits positive Ergebnisse gezeigt haben, ist die Wirksamkeit dieser Therapie in Europa umstritten. Experten wie Professor Dr. Wolf Lagrèze von der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft betonen die Vorteile eines regelmäßigen Aufenthalts im Freien und ausreichender Sonnenexposition, um das Fortschreiten der Myopie zu verlangsamen.

Auch Glaskörpertrübungen, ein Phänomen, das bei vielen Menschen ab dem mittleren Lebensalter auftritt, sorgen häufig für Besorgnis. Diese sogenannten "Mouches volantes" sind zwar in den meisten Fällen harmlos, doch können sie auch Anzeichen für ernsthafte Augenerkrankungen sein, die einer medizinischen Abklärung bedürfen.

Ein weiteres globales Problem ist der mangelnde Zugang zu Verhütungsmitteln, wie am heutigen Weltverhütungstag von der Deutschen Stiftung Weltbevölkerung (DSW) betont wird. Besonders in Afrika südlich der Sahara haben viele Frauen keinen Zugang zu modernen Verhütungsmethoden, was zu gravierenden gesundheitlichen Risiken führt. Die DSW weist darauf hin, dass Komplikationen bei Schwangerschaft und Geburt weltweit die häufigste Todesursache bei Mädchen zwischen 15 und 19 Jahren sind, was die dringende Notwendigkeit eines besseren Zugangs zu Verhütungsmitteln verdeutlicht.


Kommentar:

Die Apothekenlandschaft in Deutschland befindet sich an einem kritischen Wendepunkt. Der zunehmende Druck durch Versandapotheken, der allgegenwärtige Fachkräftemangel und stagnierende Honorare von den Krankenkassen stellen existenzielle Bedrohungen für viele Apotheken dar. Was einst ein tragendes Element der wohnortnahen Gesundheitsversorgung war, droht, ohne umfassende Reformen und politische Unterstützung, langfristig auszubluten. Gerade das Apotheken-Reformgesetz (ApoRG) des Gesundheitsministeriums steht dabei symbolisch für den tiefen Graben zwischen Apothekern und der Regierung. Während das Gesundheitsministerium auf Strukturveränderungen setzt, um der Digitalisierung und dem Wettbewerbsdruck zu begegnen, fühlen sich die Apotheker, die im Kern des deutschen Gesundheitssystems stehen, übergangen.

Der Besuch des FDP-Abgeordneten Konstantin Pott und seine offene Kritik an den Reformplänen zeigen deutlich, dass die Apothekenbranche politische Fürsprecher braucht. Doch es geht nicht nur um politische Lippenbekenntnisse – konkrete Maßnahmen sind gefragt, die den Apotheken Luft zum Atmen verschaffen und ihre Wettbewerbsfähigkeit stärken. Dazu gehört eine angemessene Anpassung der Honorare an die steigenden Betriebskosten und die Entbürokratisierung von Prozessen wie den Retaxationen, die derzeit die Versorgungssicherheit gefährden.

Die Entscheidung des Landgerichts Würzburg, einem Apotheker im Zusammenhang mit der AvP-Insolvenz Recht zu geben, verdeutlicht zudem, dass der Kampf der Apotheken um finanzielle Stabilität bis in die Gerichtssäle reicht. Es ist ein Weckruf für die Branche, dass sie sich nicht länger in die Defensive drängen lassen darf. Die Frage der Selbstbeteiligung in der Kfz-Versicherung mag zwar auf den ersten Blick banal erscheinen, doch sie zeigt, wie akribisch Apotheker auf jedes Detail achten müssen, um Kosten zu senken und ihre Betriebe wirtschaftlich über Wasser zu halten.

Es wird jedoch nicht ausreichen, auf politische Unterstützung zu hoffen. Die Apotheker müssen selbst aktiv nach Wegen suchen, um in diesem sich wandelnden Marktumfeld zu bestehen. Die Digitalisierung bietet hierbei Chancen, die es zu ergreifen gilt – sei es durch den Ausbau der Telemedizin oder durch die stärkere Einbindung in Integrierte Notfallzentren. Auch wenn die Notfallreform kritisch gesehen wird, könnte sie, wenn richtig umgesetzt, den Apotheken eine neue Rolle in der medizinischen Grundversorgung ermöglichen.

Insgesamt zeigt sich, dass die Apothekenbranche an einem Scheideweg steht. Bleibt die Politik passiv, droht das Apothekensterben, und mit ihm der Verlust eines wichtigen Pfeilers im deutschen Gesundheitswesen. Nur durch gezielte Reformen, finanzielle Unterstützung und die Bereitschaft der Apotheker, sich den neuen Herausforderungen zu stellen, wird es möglich sein, diesen unverzichtbaren Teil der Gesundheitsversorgung zu erhalten und zu stärken.

Von Engin Günder, Fachjournalist

 

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