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APOTHEKE | Medienspiegel & Presse |
Die Apotheken in Deutschland stehen vor einer existenziellen Krise. Lieferengpässe, unklare Rabattverträge und unrechtmäßige Retaxationen setzen die Betriebe zunehmend unter Druck. Nun sorgt der Vorstoß von Gesundheitsminister Karl Lauterbach, sogenannte „Light-Apotheken“ einzuführen, für zusätzlichen Widerstand in der Branche. Während andere Berufsgruppen regelmäßige Honorarerhöhungen erhalten, warten die Apotheker seit über einem Jahrzehnt auf eine faire Vergütung. Inmitten dieser Herausforderungen wächst die Sorge um die Qualität der Arzneimittelversorgung und die Zukunft der Apothekenlandschaft in Deutschland.
Der Vorstoß von Gesundheitsminister Karl Lauterbach, die sogenannte „Light-Apotheke“ einzuführen, bei der pharmazeutisch-technische Assistenten (PTA) weitgehend ohne die Präsenz von approbierten Apothekern arbeiten, stößt in der Apothekerbranche auf erheblichen Widerstand. Besonders in Bremen, wo die Apothekendichte bundesweit zu den niedrigsten zählt, wird der Vorschlag scharf kritisiert. Klaus Scholz, Präsident der Apothekerkammer Bremen, äußerte grundlegende Zweifel an der Umsetzbarkeit des Modells im Gespräch mit der Bundestagsabgeordneten Dr. Kirsten Kappert-Gonther. Kritiker sehen vor allem die Qualitätssicherung bei der Arzneimittelabgabe gefährdet und warnen vor einem Abbau der Patientensicherheit. Die Apothekenlandschaft in Bremen sei bereits stark belastet, und eine solche Reform könnte bestehende strukturelle Schwächen noch verschärfen.
Parallel dazu stehen die Apotheken in Bayern vor großen Herausforderungen im Umgang mit den unklaren Rabattverträgen bei Zytostatika. Krankenkassen verhandeln mit den Herstellern von onkologischen Wirkstoffen unter Ausschluss der Öffentlichkeit über Preise und Lieferkonditionen. Diese Rabattverträge treten ohne klare Vorankündigung in Kraft, was es den Apotheken nahezu unmöglich macht, den Überblick über die geltenden Preise zu behalten. Dies sorgt nicht nur für erhebliche wirtschaftliche Unsicherheiten, sondern belastet auch die Versorgung schwer kranker Patienten, die auf diese Spezialmedikamente angewiesen sind.
In Brandenburg wurde kürzlich ein neues Konzept getestet, bei dem ein Bestellterminal in einem Supermarkt aufgestellt wurde. Dieses Terminal ermöglicht es den Kunden, E-Rezepte einzulösen und Arzneimittel zu bestellen, die später von der Apotheke geliefert werden. Doch diese Innovation sorgt nun für Diskussionen, insbesondere im Hinblick auf die rechtliche Zulässigkeit solcher Terminals ohne behördliche Genehmigung. Das Beispiel zeigt, wie Apotheken in Deutschland nach neuen Wegen suchen, um in der zunehmend digitalisierten Welt wettbewerbsfähig zu bleiben. Gleichzeitig bewegt sich die Branche jedoch in einer rechtlichen Grauzone, die mehr Klarheit von Seiten der Gesetzgeber erfordert.
Ein weiteres Problem, das Apotheken betrifft, ist die zunehmende Zahl unrechtmäßiger Retaxationen durch Krankenkassen. In einem aktuellen Fall sieht sich eine Apotheke mit einer Retaxation konfrontiert, nachdem ein Patient binnen zwei Tagen dieselben Arzneimittel auf Basis eines E-Rezepts und eines Papier-Rezepts erhalten hatte. Die Krankenkasse verweigert die Zahlung und unterstellt der Apotheke eine doppelte Abrechnung, obwohl die Abgabe der Arzneimittel korrekt erfolgt ist. Solche Fälle sind keine Seltenheit und zeigen die Schwierigkeiten, mit denen Apotheken im deutschen Gesundheitssystem regelmäßig kämpfen müssen.
Die geplanten Reformen im Apothekenwesen stoßen ebenfalls auf unterschiedliche Reaktionen. Walter Hess, Geschäftsführer des Versandhändlers DocMorris, begrüßte die Einführung des E-Rezepts und lobte das Cardlink-Verfahren als einen Schritt zur Modernisierung des gesamten Gesundheitssystems. Gleichzeitig fordern stationäre Apothekenbetreiber seit über einem Jahrzehnt eine angemessene Anpassung ihrer Honorare, doch bisher ohne Erfolg. Während ärztliche Honorare regelmäßig erhöht werden, blicken Apotheken auf ein weiteres Jahr voller Enttäuschungen. Gesundheitsminister Lauterbach deutete kürzlich an, dass Honorarverhandlungen möglich seien, doch seine sarkastische Bemerkung, dass die Apotheken „es auch bleiben lassen können“, wenn sie die Reform nicht unterstützen, sorgte für Fassungslosigkeit in der Branche.
Die Medikamentenversorgung in Deutschland steht weiterhin vor großen Herausforderungen. Besonders angespannt ist die Situation bei Antibiotika-Säften, wie Thomas Preis, Vorsitzender des Apothekerverbands Nordrhein, betont. Rund 500 Medikamente sind aktuell nicht lieferbar, was vor der anstehenden Erkältungssaison für Besorgnis sorgt. Der Bundesgesundheitsminister hat diese Engpässe als „punktuelle Probleme“ bezeichnet, doch vor Ort stellt sich die Lage deutlich gravierender dar. Apotheken schlagen Alarm und sehen die Versorgungssicherheit gefährdet. Besonders das „Aktionsbündnis Patientengesundheit“, dem unter anderem der Hausärzteverband Nordrhein und der Apothekerverband Nordrhein angehören, kritisiert die Haltung des Ministers scharf. Lauterbach wird vorgeworfen, das Ausmaß der Lieferengpässe herunterzuspielen und nicht ausreichend auf die Versorgungskrise zu reagieren.
Zusätzlich zur Versorgungssituation sorgen auch illegale Medikamentenverkäufe in sozialen Netzwerken für große Bedenken. Auf Facebook gibt es Gruppen, in denen verschreibungspflichtige Medikamente wie Trulicity oder Ozempic illegal gehandelt werden. Dieser Verkauf verstößt klar gegen das Arzneimittelgesetz, doch die Überwachung durch die Behörden scheint unzureichend, was erhebliche rechtliche und gesundheitliche Risiken für die Käufer birgt.
Derweil halten die Diskussionen um die sogenannte „Länderliste“ an. Die Freie Apothekerschaft setzt sich seit langem dafür ein, die Liste der EU- und EWR-Staaten, die am Versandhandel mit Arzneimitteln teilnehmen dürfen, zu aktualisieren. Die Liste wurde seit 2011 nicht mehr überarbeitet, was laut Kritikern ein erhebliches Sicherheitsrisiko darstellt, da nicht alle Länder die gleichen hohen Standards wie Deutschland gewährleisten.
Im Zuge der Reformpläne im Gesundheitswesen traf sich Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach mit Apothekern aus Brandenburg, Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern. Die Apothekerinnen und Apotheker brachten klare Forderungen mit, darunter eine Honorarerhöhung und die Wiedereinführung von Großhandelsrabatten. Trotz der Bedeutung dieser Forderungen trafen sie bei Lauterbach auf Zurückhaltung, was den Frust in der Branche weiter anheizte.
Die Apotheken in Deutschland stehen somit vor einer Vielzahl von Herausforderungen, die von strukturellen Problemen bis hin zu Versorgungsengpässen und wirtschaftlichem Druck reichen. Während die Rolle der Apotheken im Gesundheitssystem unbestritten ist, sehen sich die Betreiber zunehmend mit einem ungleichen Kampf ums Überleben konfrontiert.
Der zunehmende Druck auf die Apotheken in Deutschland ist nicht länger nur ein wirtschaftliches Problem, sondern eine ernsthafte Bedrohung für die Gesundheitsversorgung. Der Vorschlag, sogenannte „Light-Apotheken“ einzuführen, mag auf den ersten Blick nach einer pragmatischen Lösung für den Personalmangel aussehen, ist jedoch ein gefährlicher Schritt in Richtung Qualitätsverlust. Apotheken spielen eine zentrale Rolle in der flächendeckenden Versorgung, und diese Funktion sollte nicht durch Sparmaßnahmen oder verfrühte Modernisierungsversuche gefährdet werden.
Die Branche kämpft bereits mit unklaren Rabattverträgen, unrechtmäßigen Retaxationen und dramatischen Lieferengpässen. Diese Herausforderungen machen es den Apothekern schwer, ihrer zentralen Aufgabe nachzukommen: der sicheren und verlässlichen Versorgung der Patienten. Besonders in Regionen wie Bremen, wo die Apothekendichte ohnehin niedrig ist, können Reformen, die auf Kosten der Patientensicherheit gehen, fatale Folgen haben.
Zudem ist es schlichtweg unverständlich, dass andere Berufsgruppen wie Ärzte regelmäßige Honorarerhöhungen erhalten, während die Apotheken seit über einem Jahrzehnt auf eine angemessene Vergütung warten. Diese Ungleichbehandlung untergräbt die Wertschätzung für die unverzichtbare Arbeit der Apotheken und gefährdet langfristig deren wirtschaftliches Überleben. Auch die zunehmend digitalen Vertriebswege dürfen nicht überstürzt eingeführt werden, solange die rechtlichen Rahmenbedingungen ungeklärt bleiben. Die Innovationen, die auf den ersten Blick als Fortschritt erscheinen, können letztlich zu rechtlichen Grauzonen und einer weiteren Destabilisierung der Apothekenlandschaft führen.
Die Bundesregierung muss daher dringend handeln und die Apotheken nicht länger als austauschbare Glieder in der Versorgungskette betrachten. Statt halbgare Reformvorschläge, die zu Unsicherheit und Widerstand führen, braucht es klare, faire und zukunftsfähige Lösungen. Die Apotheken sind mehr als bloße Arzneimittellieferanten – sie sind eine tragende Säule des Gesundheitssystems, deren Bedeutung endlich die Anerkennung erhalten muss, die sie verdient.
Von Engin Günder, Fachjournalist
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