• 15.09.2024 – Apotheken-News: Zwischen finanziellen Risiken, Reformen und digitaler Zukunft

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APOTHEKE | Medienspiegel & Presse |

Apotheken-News: Zwischen finanziellen Risiken, Reformen und digitaler Zukunft

 

Steigende Sozialabgaben, wirtschaftlicher Druck und veraltete Strukturen – wie Apotheker sich auf die Zukunft vorbereiten

Der Wechsel von der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) in die private Krankenversicherung (PKV) ist für Apotheker eine Entscheidung, die gut überlegt sein muss. Während die Beiträge zur GKV in den kommenden Jahren voraussichtlich steigen werden, erscheint die PKV als attraktive Alternative. Doch ein unüberlegter Wechsel kann langfristig zu erheblichen Mehrkosten führen. Steigende Sozialabgaben belasten nicht nur Privatpersonen, sondern auch Apotheken. Prognosen sagen einen Anstieg der Sozialabgaben auf bis zu 50 % des Einkommens voraus, was für Apotheken eine existenzielle Bedrohung darstellen könnte. Gleichzeitig stellen arbeitsrechtliche Formvorschriften in der digitalisierten Welt Apothekenbetreiber vor zusätzliche Herausforderungen. Auch das Thema Rente mit 63 bleibt brisant. Für Apothekenmitarbeiter, die frühzeitig in den Ruhestand gehen wollen, kann dies erhebliche finanzielle Einschnitte bedeuten. Parallel zur Rente wird die Einführung der Aktienrente diskutiert, die das deutsche Rentensystem stabilisieren soll, aber auch Risiken birgt. Apotheker sehen sich zudem mit wirtschaftlichen Herausforderungen wie den niedrigen Margen bei Hochpreismedikamenten konfrontiert, die oft die Liquidität ihrer Betriebe gefährden.


Der Wechsel von der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) in die private Krankenversicherung (PKV) ist für Apotheker eine Entscheidung, die weitreichende Konsequenzen haben kann. In einer Zeit, in der die Beiträge zur GKV kontinuierlich steigen, wirkt die PKV auf den ersten Blick wie eine verlockende Alternative. Apotheker, die mit hohen Einkünften rechnen, können von individuelleren Leistungen profitieren, die in der GKV nicht in gleichem Umfang verfügbar sind. Doch der Wechsel birgt auch Risiken: Besonders im Alter, wenn die Einkünfte möglicherweise sinken und die Gesundheitskosten steigen, können die PKV-Beiträge zu einer erheblichen Belastung werden. Apotheker sollten daher sorgfältig abwägen, ob ein solcher Schritt langfristig finanzielle Vorteile oder doch eher zusätzliche Risiken mit sich bringt.

Ein weiteres zentrales Thema, das die Apothekenbranche zunehmend beschäftigt, sind die steigenden Sozialabgaben, die sowohl für Arbeitgeber als auch für Arbeitnehmer zur existenziellen Herausforderung werden könnten. Experten prognostizieren, dass die Sozialabgaben in den kommenden Jahrzehnten auf bis zu 50 % des Einkommens ansteigen könnten. Für Apothekenbetreiber, die ohnehin mit schmalen Gewinnspannen und hohem Kostendruck zu kämpfen haben, würde dies eine massive Belastung darstellen. Kleinere und mittelständische Apotheken, die über weniger finanzielle Rücklagen verfügen, könnten in dieser Entwicklung ein existenzielles Risiko sehen. Gleichzeitig führt diese Situation zu Unsicherheiten bei der Planung von Investitionen und der Einstellung von Mitarbeitern.

Arbeitsrechtliche Vorschriften, insbesondere in Bezug auf die Schriftform, sind ein weiteres Hindernis, mit dem Apothekenbetreiber zunehmend zu kämpfen haben. In Zeiten der Digitalisierung, in denen E-Rezepte und digitale Patientenakten immer häufiger Einzug in den Alltag halten, wirken strenge Regelungen zur Dokumentation in Papierform wie aus einer längst vergangenen Zeit. Für viele Apotheker stellt sich die Frage, wie sie den Spagat zwischen der Einhaltung rechtlicher Vorschriften und der Modernisierung ihrer Betriebe schaffen können. Das Problem liegt hierbei vor allem in der Tatsache, dass die Digitalisierung zwar als Fortschritt betrachtet wird, aber in vielen Bereichen noch nicht ausreichend durch gesetzliche Rahmenbedingungen unterstützt wird. Das bedeutet, dass Apotheker in vielen Fällen doppelt arbeiten müssen: digital und in Papierform.

In der Rentenpolitik bleibt die Rente mit 63 weiterhin ein kontroverses Thema, das auch die Apothekenbranche betrifft. Die Regelung ermöglicht es langjährig Versicherten, vorzeitig in den Ruhestand zu gehen, ohne Abschläge auf ihre Rentenansprüche in Kauf nehmen zu müssen. Diese Option ist besonders für Apothekenmitarbeiter attraktiv, die bereits seit 45 Jahren in die gesetzliche Rentenversicherung eingezahlt haben. Doch trotz der vermeintlichen Vorteile dieser Regelung gibt es auch Herausforderungen. Der vorzeitige Renteneintritt kann dazu führen, dass wichtige Fachkräfte fehlen, was insbesondere in kleineren Apotheken zu Problemen führen könnte. Außerdem sind die finanziellen Abstriche, die mit einem vorzeitigen Renteneintritt verbunden sein können, für viele Arbeitnehmer nicht zu unterschätzen.

Die Reform des Rentensystems, die die Ampel-Koalition mit der Einführung der Aktienrente plant, wirft weitere Fragen auf. Die Idee, einen Teil der Rentenbeiträge in ertragreiche Finanzprodukte zu investieren, ist nicht neu. Länder wie Schweden und Norwegen haben bereits erfolgreiche Modelle implementiert, die langfristig zu stabileren Rentensystemen geführt haben. Doch die Einführung der Aktienrente in Deutschland könnte für Apothekenbetreiber und deren Mitarbeiter neue Unsicherheiten bringen. Finanzmarktabhängige Vorsorgesysteme bergen immer auch Risiken, besonders in Zeiten wirtschaftlicher Turbulenzen. Apotheker müssen sich darauf einstellen, dass die Reform des Rentensystems sowohl Chancen als auch Risiken mit sich bringen könnte.

Wirtschaftlich bleibt die Abgabe von Hochpreismedikamenten eine der größten Herausforderungen für Apotheken. Diese Medikamente, die oft nur in geringen Mengen abgegeben werden, haben extrem hohe Einkaufspreise. Apotheker müssen diese Medikamente oft wochen- oder monatelang vorfinanzieren, während die prozentualen Aufschläge für den Verkauf nur sehr gering sind. Diese Vorfinanzierung bindet nicht nur Liquidität, sondern birgt auch das Risiko, dass die Apotheken auf den Kosten sitzen bleiben, wenn Krankenkassen die Erstattung verweigern oder verzögern. Die finanzielle Belastung durch Hochpreismedikamente stellt insbesondere für kleinere Apotheken eine Gefahr dar, die langfristig deren wirtschaftliche Existenz bedrohen kann.

Es sind genau solche wirtschaftlichen Belastungen, die dazu führen, dass immer mehr Apotheken in Deutschland schließen müssen. Ein besonders tragisches Beispiel ist die Schließung der Lorsbacher Apotheke in Hofheim. Nach fast einem Jahrzehnt erfolgreicher Geschäftstätigkeit sah sich der Betreiber gezwungen, den Betrieb aufgrund massiver Umsatzeinbußen aufzugeben. Eine monatelange Straßensperrung hatte dazu geführt, dass viele Kunden zu anderen Apotheken wechselten und nicht zurückkehrten, nachdem die Sperrung aufgehoben wurde. Dies zeigt, wie stark Apotheken von äußeren Umständen abhängig sind und wie schwer es sein kann, solche Einbußen zu kompensieren.

Die strukturellen Probleme der Apothekenbranche sind ebenfalls ein drängendes Thema. Die föderale Organisation der ABDA, der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände, wird immer häufiger als ineffizient kritisiert. Die 34 eigenständigen Landesapothekerkammern und -verbände führen zu einer komplexen und teuren Struktur, die viele Apothekenbetreiber zusätzlich belastet. Die hohen Beiträge, die sowohl an die Kammern als auch an die Industrie- und Handelskammern entrichtet werden müssen, sorgen für Frustration unter den Apothekern, die sich mehr Unterstützung und weniger Bürokratie wünschen.


Kommentar:

Die Apothekenlandschaft in Deutschland steht vor einer der größten Herausforderungen ihrer Geschichte. Während die Gesundheitsbranche an vielen Fronten digitalisiert wird, kämpfen Apothekenbetreiber mit veralteten Strukturen, steigenden Sozialabgaben und wirtschaftlichem Druck. Der Wechsel von der gesetzlichen in die private Krankenversicherung mag für manche Apotheker kurzfristig attraktiv erscheinen, doch die langfristigen Risiken, insbesondere im Alter, sollten nicht unterschätzt werden. Gerade Apotheker, die mit hohen Einkommen kalkulieren, sollten sich genau überlegen, ob die PKV eine langfristig tragfähige Lösung für sie darstellt.

Hinzu kommen die prognostizierten Steigerungen der Sozialabgaben, die Apotheken in eine noch schwierigere wirtschaftliche Lage bringen könnten. Während der Kostendruck weiter steigt, bleiben die Margen bei wichtigen Medikamenten wie Hochpreismedikamenten niedrig. Apotheker müssen die Vorfinanzierung dieser Medikamente oft über Monate hinweg schultern, während das Risiko einer Nicht-Erstattung durch Krankenkassen stets im Raum steht. Es kann nicht sein, dass Apotheken am Ende auf den Kosten sitzen bleiben und ihre Liquidität riskieren müssen, um wichtige Präparate bereitzustellen.

Der demografische Wandel und die geplanten Reformen im Rentensystem bringen weitere Unsicherheiten mit sich. Die Rente mit 63 bietet für viele Apothekenmitarbeiter die Möglichkeit, frühzeitig in den Ruhestand zu gehen, doch der Verlust wichtiger Fachkräfte und die finanziellen Folgen müssen von den Apothekenbetreibern bedacht werden. Die geplante Aktienrente birgt zudem nicht nur Chancen, sondern auch Risiken. Eine zu starke Abhängigkeit vom Finanzmarkt könnte langfristig zu instabilen Rentenleistungen führen, was die Unsicherheiten für Apotheker noch weiter verstärken würde.

Die strukturellen Probleme der Apothekenbranche, insbesondere die ineffiziente Organisation der ABDA, verschärfen die Lage zusätzlich. Apotheker fühlen sich von einer föderalen Struktur behindert, die nicht mehr zeitgemäß ist. Die komplexen organisatorischen Abläufe und die hohen finanziellen Belastungen durch doppelte Mitgliedsbeiträge sind ein Hemmschuh für die dringend benötigte Modernisierung der Branche.

Es ist an der Zeit, dass die Politik und die Branchenvertreter gemeinsam nach Lösungen suchen, um Apotheken zu entlasten. Die Digitalisierung bietet enorme Chancen, den Apothekenbetrieb zu modernisieren und effizienter zu gestalten. Doch diese Chancen müssen genutzt werden, ohne dass Apothekenbetreiber durch bürokratische Hürden und wirtschaftliche Zwänge ausgebremst werden. Die Zukunft der Apotheken hängt davon ab, wie schnell und wie entschlossen Reformen umgesetzt werden. Nur so können Apotheken auch in Zukunft eine tragende Rolle im deutschen Gesundheitssystem spielen.

Von Engin Günder, Fachjournalist

 

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