• 15.09.2024 – Apotheken-Nachrichten von heute: Zwischen digitaler Innovation und politischem Reformstau

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APOTHEKE | Medienspiegel & Presse |

Apotheken-Nachrichten von heute: Zwischen digitaler Innovation und politischem Reformstau

 

Wie technologische Fortschritte die Zukunft der Apotheken prägen, während finanzielle Engpässe und politische Verzögerungen die Branche belasten

Die Apothekenlandschaft in Deutschland befindet sich in einem tiefgreifenden Wandel. Innovative Konzepte wie Vorbestell-Terminals und telepharmazeutische Beratungen bieten neue Chancen, während die Digitalisierung, insbesondere bei BtM-Rezepten, weiterhin stockt. Gleichzeitig verzögert sich die Apothekenreform erneut, was den Handlungsdruck erhöht. Finanzielle Engpässe und Lieferprobleme belasten Apotheken zusätzlich, während private Krankenversicherer mit digitalen Lösungen wie dem E-Rezept voranschreiten. Politiker zeigen zunehmend Verständnis für die Lage der Apotheken, doch strukturelle Reformen, etwa bei der ABDA, kommen nur langsam voran. Zudem werfen Studien zu Medikamenten, wie das erhöhte Krampfanfallrisiko durch H1-Antihistaminika bei Kindern, neue gesundheitliche Bedenken auf.

 

Apothekenlandschaft im Umbruch: Kreativität, politische Widerstände und Reformvorschläge

Die Apothekenbranche in Deutschland zeigt einmal mehr, wie wandlungsfähig sie sein kann. Ein Beispiel aus Brandenburg verdeutlicht, wie innovative Konzepte in Zusammenarbeit mit anderen Branchen die Apothekenlandschaft verändern könnten. Ein Apotheker hat dort in Kooperation mit einem Supermarkt ein Vorbestell-Terminal installiert. Kunden können vor Ort rezeptfreie Medikamente (OTC) sowie E-Rezepte direkt vorbestellen und einlösen. Dieses Terminal bietet den Vorteil, dass Kunden ihre Medikamente bequem in ihrem Alltag bestellen können, während die Apotheke im Hintergrund die Bestellung abwickelt. Es zeichnet sich ab, dass dies nur der Anfang einer weitergehenden digitalen Vernetzung sein könnte – der nächste Schritt wäre die Einführung telepharmazeutischer Beratung, die Kunden eine Fernbetreuung ermöglicht. Solche Entwicklungen locken auch zunehmend EU-Versandapotheken an, die sich dadurch eine größere Marktchance in Deutschland erhoffen.

Während die technische Innovation voranschreitet, herrscht in der politischen Diskussion um die geplante Apothekenreform Stillstand. Zahlreiche Politikerinnen und Politiker besuchen Apotheken vor Ort und versichern den Inhabern ihre Unterstützung. Doch der Widerstand gegen die aktuellen Reformpläne wächst. Apothekerverbände und Branchenvertreter kritisieren, dass die Reform in ihrer jetzigen Fassung nicht geeignet ist, die Herausforderungen der Apotheken zu lösen. Besonders kleinere Apotheken sehen sich durch die geplanten Regelungen in ihrer Existenz bedroht, was die Verhandlungen ins Stocken gebracht hat. Es scheint, als sei die Reform in ihrer aktuellen Form nicht umsetzbar.

Um die Situation zu entschärfen, hat die ABDA (Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände) kürzlich einen neuen Vorschlag unterbreitet: Die gesetzlichen Krankenkassen sollen von versicherungsfremden Leistungen entlastet werden. Die dadurch eingesparten Gelder könnten direkt in das Apothekenhonorar fließen, was die finanzielle Lage der Apotheken stabilisieren könnte. Parallel dazu hat der Hessische Apothekerverband Maßnahmen vorgeschlagen, um den gravierenden Lieferengpässen bei Medikamenten entgegenzuwirken. Diese Vorschläge wurden dem Bundesgesundheitsministerium vorgelegt und sollen dazu beitragen, die Versorgungssicherheit in Deutschland zu gewährleisten.

Neben diesen Vorschlägen aus den Apothekerkreisen meldet sich auch der Apothekenökonom Dr. Franz Kaapke zu Wort. Er geht noch einen Schritt weiter und fordert eine grundlegende Neustrukturierung der ABDA selbst. Kaapke argumentiert, dass die Organisation verschlankt und professionalisiert werden müsse. Nur mit effizienteren Strukturen könne die ABDA die Apotheken zukunftsfähig vertreten und Reformen erfolgreich umsetzen.

Die deutsche Apothekenlandschaft befindet sich in einem tiefgreifenden Umbruch. Auf der einen Seite gibt es innovative Ansätze, wie das Vorbestell-Terminal in Brandenburg, das zeigt, dass Apotheken durchaus kreativ auf die veränderten Bedürfnisse ihrer Kunden reagieren können. Solche Projekte machen deutlich, dass Digitalisierung nicht zwingend eine Bedrohung für Apotheken darstellt, sondern vielmehr eine Chance sein kann, neue Kunden zu gewinnen und den Service zu verbessern. Die Aussicht auf telepharmazeutische Beratung als nächster Schritt könnte die Patientenversorgung noch weiter optimieren.

Auf der anderen Seite zeigt sich jedoch ein ganz anderes Bild, wenn man die politische und wirtschaftliche Lage der Apotheken betrachtet. Die Apothekenreform ist derzeit in einer Sackgasse. Der wachsende Widerstand aus der Branche, der sich gegen die geplanten Maßnahmen richtet, verdeutlicht, dass die Interessen von Politik, Krankenkassen und Apotheken nur schwer unter einen Hut zu bringen sind. Vor allem kleinere Apotheken fühlen sich durch die Reform bedroht, da sie befürchten, den finanziellen Druck nicht mehr bewältigen zu können. Es verwundert daher nicht, dass viele Apothekerverbände die Reform in ihrer aktuellen Form ablehnen.

Der Vorschlag der ABDA, die gesetzlichen Krankenkassen von versicherungsfremden Leistungen zu entlasten und diese Mittel für die Apotheken zu nutzen, zeigt, dass ein Umdenken in der Branche stattfindet. Diese Idee greift jedoch auch das grundsätzliche Problem auf: Das Gesundheitssystem ist finanziell stark unter Druck geraten, und Apotheken werden oft als Opfer von Sparmaßnahmen wahrgenommen. Eine Entlastung der Kassen könnte den Apotheken zwar kurzfristig helfen, doch langfristig muss eine umfassendere Lösung her.

Ein weiteres drängendes Problem sind die Lieferengpässe bei Medikamenten, die zunehmend zur Bedrohung für die Patientenversorgung werden. Es ist positiv zu bewerten, dass der Hessische Apothekerverband konkrete Vorschläge unterbreitet hat, wie dieses Problem angegangen werden könnte. Es bleibt zu hoffen, dass das Bundesgesundheitsministerium diese Ideen aufgreift und umsetzt, um die Versorgungssicherheit wiederherzustellen.

Besonders bemerkenswert ist die Forderung des Apothekenökonomen Dr. Franz Kaapke, der eine tiefgreifende Reform der ABDA selbst fordert. Seine Idee, die Organisation zu verschlanken und ihre Strukturen zu professionalisieren, trifft einen wunden Punkt. Denn so wichtig es ist, dass Apotheken in den politischen Verhandlungen gut vertreten werden, so essentiell ist es auch, dass die Interessenvertretung der Apotheken effizient und modern agiert. Nur durch eine Professionalisierung kann die ABDA in der Lage sein, die Interessen der Apotheken in Zukunft erfolgreich zu vertreten und die Herausforderungen der kommenden Jahre zu meistern.

Die aktuelle politische Situation zeigt, dass die Apothekenreform in ihrer jetzigen Form nicht weiter vorangetrieben werden kann. Es braucht einen neuen Ansatz, der die wirtschaftliche Realität der Apotheken besser berücksichtigt und gleichzeitig die Versorgungssicherheit der Patienten garantiert. Die Zeit drängt, denn während die Apotheken immer kreativer werden, wächst der Reformstau in der Politik weiter an.

 

Verzögerung der Apothekenreform – Kabinettsbeschluss erneut verschoben

Die Umsetzung der geplanten Apothekenreform in Deutschland verzögert sich weiter. Nachdem der Kabinettsentwurf von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach bereits zweimal verschoben wurde, scheint sich nun auch der erhoffte Beschluss im September zu zerschlagen. Laut der jüngsten Kabinettszeitplanung könnte die Reform frühestens im Oktober auf die Tagesordnung kommen, doch selbst dieses Datum bleibt ungewiss.

Besonders aus den Bundesländern wächst der Widerstand gegen die Reformpläne. Viele der beteiligten Akteure äußern Bedenken hinsichtlich der Auswirkungen auf die Apothekenlandschaft. Auch innerhalb der Regierung ist man sich noch nicht einig, sodass die internen Abstimmungen weiter andauern. Die zentrale Streitfrage bleibt die geplante Neugestaltung der Apotheken, bei der insbesondere die Rolle der Apotheker infrage gestellt wird. Lauterbachs Vorschlag, Apotheken in Zukunft ohne die zwingende Anwesenheit eines Apothekers zu betreiben, sorgt weiterhin für Diskussionen.

Auf dem kommenden Deutschen Apothekertag, der im Oktober stattfinden wird, könnte es zur entscheidenden Auseinandersetzung mit den Reformideen kommen. Es wird erwartet, dass Lauterbach oder ein digital zugeschalteter Vertreter die Gelegenheit nutzt, seine Vorstellungen vor den Delegierten der Apothekerschaft zu präsentieren. Hier könnten wichtige Weichenstellungen erfolgen, die maßgeblich die Zukunft der Apotheken in Deutschland prägen.

Unklar bleibt jedoch, ob und in welcher Form die Reform letztlich umgesetzt wird. Der politische Druck wächst, doch die Uneinigkeit auf mehreren Ebenen sorgt weiterhin für Verzögerungen. Für viele Beteiligte steht fest: Eine schnelle Einigung ist nicht in Sicht.

Die wiederholte Verzögerung der Apothekenreform wirft ein Schlaglicht auf die politischen Herausforderungen im Gesundheitssektor. Bundesgesundheitsminister Lauterbach hat sich ambitionierte Ziele gesetzt, doch der Widerstand aus den Bundesländern und die regierungsinternen Differenzen verdeutlichen, dass der Weg zur Reform steinig ist.

Vor allem die Idee, Apotheken ohne Apotheker betreiben zu können, stößt auf breite Ablehnung. Es ist verständlich, dass viele Akteure in der Apothekerschaft ihre Rolle gefährdet sehen, doch es ist auch klar, dass der Apothekenmarkt angesichts der digitalen Transformation und veränderter Patientenbedürfnisse anpassungsfähig bleiben muss. Der Dialog darüber, wie diese Veränderungen sinnvoll gestaltet werden können, ist notwendig.

Es bleibt abzuwarten, ob Lauterbach bereit ist, seine Vorstellungen anzupassen und in den Dialog mit den Kritikern zu treten. Fest steht: Eine Reform, die nicht auf breiter Akzeptanz basiert, wird langfristig kaum Bestand haben.

 

Stockende Digitalisierung: BtM-Rezepte weiter auf der Warteliste

Die Einführung des E-Rezepts in Deutschland ist ins Stocken geraten. Zwar ist die digitale Verschreibung von „normalen“ Rezepten für gesetzlich Versicherte seit einiger Zeit möglich, doch die Erweiterung auf andere Rezeptarten verläuft schleppend. Besonders betroffen sind die T-Rezepte, Hilfsmittel-Rezepte und Betäubungsmittelrezepte (BtM-Rezepte), die nach ursprünglichen Plänen des Bundesgesundheitsministeriums ebenfalls digitalisiert werden sollten. Insbesondere das BtM-Rezept, das aus Sicherheitsgründen aktuell noch in dreiteiliger Papierform ausgestellt wird, sollte im kommenden Jahr durch eine digitale Variante ersetzt werden.

Allerdings ist derzeit unklar, ob dieser Zeitplan eingehalten werden kann. Das Bundesgesundheitsministerium hält sich mit einer konkreten Aussage zurück. Insidern zufolge könnten fehlende finanzielle Mittel der Grund für die Verzögerungen sein. Dies ist umso brisanter, da der Digitalisierung des Gesundheitswesens eine Schlüsselrolle bei der Modernisierung und Effizienzsteigerung des Sektors zugeschrieben wird. Doch gerade im Bereich der sicherheitsrelevanten Betäubungsmittelrezepte scheint die Umsetzung stockend zu verlaufen. Viele Experten befürchten, dass sich die geplante Einführung weiter nach hinten verschieben könnte.

Die Apothekerschaft und medizinische Fachkreise haben wiederholt auf die Bedeutung der Digitalisierung für die Sicherheit und Nachverfolgbarkeit von Betäubungsmittelverschreibungen hingewiesen. Die Vermeidung von Fälschungen und der bessere Schutz sensibler Daten seien nur einige der Vorteile, die ein digitales BtM-Rezept bieten würde. Doch ohne klare Finanzierungsperspektiven und politische Prioritätensetzung könnte sich dieser Fortschritt weiterhin verzögern.

Die Verzögerungen bei der Einführung des digitalen BtM-Rezepts werfen ein Schlaglicht auf ein größeres Problem: die unzureichende Finanzierung und Priorisierung der Digitalisierung im Gesundheitswesen. Während die Bedeutung der Modernisierung unbestritten ist, scheint es, als ob der politische Wille fehlt, diese mit der notwendigen Entschlossenheit voranzutreiben. Dabei liegt der Nutzen auf der Hand – gerade bei sicherheitskritischen Dokumenten wie BtM-Rezepten.

Die Vorteile der Digitalisierung, insbesondere bei der Vermeidung von Missbrauch und Fälschungen, sind enorm. Dass dennoch finanzielle Mittel ein Hindernis darstellen, ist ein Armutszeugnis für ein Land, das sich gerne als technologisch führend darstellt. Deutschland hat sich international ambitionierte Digitalisierungsziele gesetzt, doch in der Praxis hapert es an der Umsetzung.

Die Frage, ob das BtM-Rezept wie geplant digitalisiert wird, ist ein Indikator für den generellen Stand der Digitalisierung im Gesundheitssektor. Solange finanzielle Engpässe weiterhin die Entwicklung ausbremsen, bleibt die Modernisierung in zentralen Bereichen eine Baustelle. Es wäre fatal, wenn die Sicherheit von Patientendaten und die Effizienz im Gesundheitssystem den Sparmaßnahmen zum Opfer fallen würden.

 

Strukturreform der ABDA kommt nur langsam voran

Die ABDA, die Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände, steht seit geraumer Zeit vor der Herausforderung, ihre internen Strukturen zu modernisieren. Mit 37 Organisationen unter ihrem Dach – darunter 17 Landeskammern, 17 Landesverbände, eine Bundesorganisation sowie die ABDA selbst – wird der Dachverband von Kritikern zunehmend als zu komplex und ineffizient wahrgenommen. In einer Zeit, in der die Zahl der Apotheken in Deutschland rückläufig ist, erscheinen diese aufwendigen Strukturen nicht mehr zeitgemäß. Der Ruf nach Reformen wird lauter.

Der Apothekenökonom Prof. Dr. Andreas Kaapke von der Dualen Hochschule Baden-Württemberg sieht in der aktuellen Organisationsstruktur der ABDA ein erhebliches Hindernis für ihre Zukunftsfähigkeit. In einer Analyse beschreibt Kaapke die ABDA als „atomisiert“ und plädiert dafür, dass eine tiefgreifende Reform längst überfällig sei. Laut Kaapke besteht die Gefahr, dass kleinere Reformschritte – sogenannte „Reförmchen“ – nicht ausreichen werden, um die Herausforderungen zu bewältigen, denen sich die Apothekenbranche in den kommenden Jahren stellen muss.

Die Reformbemühungen innerhalb der ABDA stocken allerdings. Ursprünglich angestoßene Änderungen sind bislang nur mäßig vorangekommen, was in der Apothekenlandschaft zunehmend für Unruhe sorgt. Die zentrale Frage bleibt, ob die ABDA mit ihren gegenwärtigen Strukturen in der Lage ist, die Interessen der Apotheken weiterhin effektiv zu vertreten, insbesondere in einer Zeit, in der der wirtschaftliche Druck auf viele Apotheken wächst.

Kritiker fordern nun eine umfassende Überprüfung der Organisationsstruktur. Dabei geht es nicht nur um Effizienzgewinne, sondern auch um die Fähigkeit der ABDA, auf die sich wandelnden Anforderungen in der Apothekenbranche zu reagieren. Angesichts der abnehmenden Apothekenzahl erscheint es fraglich, ob das derzeitige Konstrukt der ABDA zukunftsfähig ist.

Eine mögliche Reduktion der Organisationseinheiten oder eine stärkere Zentralisierung könnten Schritte in Richtung einer effizienteren Interessenvertretung sein. Doch diese Reformschritte müssten sorgfältig abgewogen werden, um nicht nur kurzfristige Erfolge zu erzielen, sondern langfristige Stabilität zu gewährleisten.

Die ABDA steht am Scheideweg. Der Reformbedarf ist offensichtlich, doch bislang fehlt es an der notwendigen Entschlossenheit, wirklich tiefgreifende Veränderungen anzugehen. Die gegenwärtige Struktur der ABDA wirkt wie ein Relikt aus vergangenen Zeiten – ein zu komplexer Apparat, der den heutigen Anforderungen nicht mehr gerecht wird. In einer Apothekenlandschaft, die sich zunehmend unter wirtschaftlichen Druck sieht, muss auch die Standesvertretung effizienter und agiler werden.

Der langsame Fortschritt bei den Reformbemühungen ist ein klares Signal dafür, dass der bisherige Kurs nicht ausreicht. Kleine Anpassungen, die den eigentlichen Kern des Problems nicht anpacken, werden die Herausforderungen der Zukunft nicht lösen. Es bedarf einer grundlegenden Neuaufstellung, um die ABDA zukunftsfähig zu machen und die Apotheken in Deutschland wieder in eine stärkere Position zu bringen.

Jetzt ist die Zeit, um mutige Entscheidungen zu treffen. Es gilt, die Strukturen zu hinterfragen und die Effizienz zu steigern, damit die Interessen der Apothekerinnen und Apotheker auch in Zukunft angemessen vertreten werden können.

 

Kostendruck steigt: Neue Sparmaßnahmen bedrohen Arzneimittelversorgung

Thomas Müller, der für Arzneimittel zuständige Abteilungsleiter im Bundesgesundheitsministerium, hat düstere Prognosen für die Zukunft der Arzneimittelversorgung in Deutschland abgegeben. Auf der Mitgliederversammlung des Verbands Pharma Deutschland erklärte er, dass die nächsten Kostendämpfungsmaßnahmen im Gesundheitssystem bereits vor der Tür stehen. Grund dafür seien die kürzlich veröffentlichten Finanzergebnisse der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV), die deutlich machen, dass ohne weitere Einsparungen eine nachhaltige Stabilisierung der GKV kaum möglich ist.

Müller betonte, dass insbesondere die zweistelligen Steigerungen bei den Arzneimittelausgaben ein Alarmzeichen seien. Nach der Bundestagswahl, so seine Einschätzung, werde die Regierung gezwungen sein, erneut gesetzliche Maßnahmen zur Reduzierung der Ausgaben zu ergreifen. Es sei zwar unwahrscheinlich, dass in der aktuellen Legislaturperiode noch größere Reformen auf den Weg gebracht würden, jedoch werde der Druck auf die GKV weiter steigen.

Besonders der Arzneimittelsektor könnte dabei ins Visier geraten, da er traditionell als ein Bereich gilt, in dem Einsparungen relativ leicht durchzusetzen sind. Doch dies könnte weitreichende Konsequenzen haben, sowohl für die Pharmaindustrie als auch für Apotheken und Patienten. Insbesondere für die Apotheken könnte dies zusätzliche Belastungen bedeuten, da Kostendämpfungsmaßnahmen häufig auch in Form von niedrigeren Erstattungssätzen oder strengeren Preisvorgaben durchgesetzt werden.

Die finanzielle Situation der GKV hat sich in den vergangenen Jahren zunehmend verschlechtert. Mehrere Experten warnen vor einem Defizit in Milliardenhöhe, wenn nicht rechtzeitig gegengesteuert wird. Müller sieht daher die Notwendigkeit, nach der Wahl rasch zu handeln, um das System langfristig zu stabilisieren.

Die Aussagen von Thomas Müller werfen ein düsteres Licht auf die Zukunft des deutschen Gesundheitssystems. Während die Probleme der GKV seit Jahren bekannt sind, scheint es, als stünden nun erneut schwierige Zeiten bevor – vor allem für den Arzneimittelsektor. Die steigenden Kosten für Medikamente sind unbestreitbar ein Faktor, der die Finanzlage der Krankenkassen belastet. Doch die Frage bleibt: Wie gerecht ist es, diesen Bereich immer wieder zum Ziel von Einsparungen zu machen?

Eine einseitige Belastung der Pharmaindustrie und der Apotheken könnte langfristig die Versorgungssicherheit gefährden. Es sind nicht nur die großen Pharmakonzerne, die betroffen sind, sondern vor allem kleinere Betriebe, die innovative Medikamente entwickeln oder den Zugang zu Nischenprodukten sicherstellen. Auch die Apotheken, die bereits jetzt durch zunehmende Bürokratie und wirtschaftlichen Druck stark belastet sind, könnten weiter in die Enge getrieben werden.

Es ist dringend notwendig, dass die Politik bei zukünftigen Kostendämpfungsmaßnahmen den gesamten Gesundheitssektor in den Blick nimmt und nachhaltige Lösungen entwickelt. Ein kurzfristiger „Sparzwang“ darf nicht die langfristige Versorgung der Patienten gefährden. Es bleibt zu hoffen, dass nach der Wahl kluge Entscheidungen getroffen werden, die die Finanzlage der GKV stabilisieren, ohne die Qualität der Gesundheitsversorgung zu beeinträchtigen.

 

Politik und Apotheken: Haseloff fordert bessere Finanzierung

Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) hat die Halberstädter Apotheke am Bahnhof besucht, um sich ein Bild von der angespannten Lage der Apotheken in Deutschland zu machen. Inhaber Ulrich Grosch und sein Team nutzten die Gelegenheit, um Haseloff die akute finanzielle Problematik zu verdeutlichen, mit der viele Apotheken konfrontiert sind. Steigende Kosten, sinkende Margen und zusätzliche bürokratische Anforderungen stellen viele Apotheken vor existenzielle Herausforderungen.

Haseloff betonte während seines Besuchs die Bedeutung einer flächendeckenden Versorgung durch Apotheken, insbesondere für den ländlichen Raum. "Der Erhalt der Apotheken sichert die Stabilität unserer demokratischen Gesellschaft und der politischen Mitte", erklärte der Ministerpräsident. Er machte zudem deutlich, dass er die Verantwortung für die finanzielle Sicherung der Apotheken beim Bund sehe. Es müsse eine ausreichende Finanzierung gewährleistet werden, um die Apothekenstandorte dauerhaft zu erhalten.

Darüber hinaus forderte Haseloff eine Entlastung der gesetzlichen Krankenkassen von sogenannten sachfremden Leistungen, die nicht in deren eigentliche Aufgabenbereiche fallen. Solche Maßnahmen könnten dazu beitragen, die finanzielle Belastung der Apotheken zu reduzieren und den Fortbestand der flächendeckenden Versorgung zu gewährleisten.

Der Besuch in der Halberstädter Apotheke ist Teil einer breiteren Initiative, bei der Vertreter der Apotheken verstärkt den Dialog mit politischen Entscheidungsträgern suchen. Das Ziel dieser Gespräche ist es, ein besseres Verständnis für die Herausforderungen der Apothekenlandschaft zu schaffen und politische Unterstützung für notwendige Reformen zu gewinnen. Es bleibt abzuwarten, welche konkreten Maßnahmen in Zukunft ergriffen werden, um die Apotheken langfristig zu entlasten und die Versorgungssicherheit zu gewährleisten.

Der Besuch von Ministerpräsident Haseloff in der Halberstädter Apotheke zeigt einmal mehr, wie wichtig der direkte Dialog zwischen Apotheken und Politikern ist. In einer Zeit, in der viele Apotheken vor existenziellen Herausforderungen stehen, ist es entscheidend, dass die Politik die Realität vor Ort besser versteht und entsprechend handelt. Haseloffs klare Worte zur Bedeutung der Apotheken für die Stabilität der Gesellschaft sind ermutigend, doch Worte allein werden nicht ausreichen.

Die Forderung nach einer ausreichenden Finanzierung und der Entlastung der Krankenkassen ist dringend, doch es bleibt abzuwarten, ob Berlin diesen Appellen Gehör schenken wird. Die Bundesregierung muss die Bedeutung der Apotheken nicht nur anerkennen, sondern auch konkrete Schritte zur Unterstützung einleiten. Die Belastungen durch Bürokratie, steigende Kosten und eine oft unzureichende Honorierung können langfristig nicht durch gutes Zureden gelöst werden.

Der Appell an die Politik, sich stärker für die Apotheken einzusetzen, ist ein Schritt in die richtige Richtung. Doch Apothekenbetreiber und ihre Teams sollten auch weiterhin den direkten Kontakt zur Politik suchen, um den Druck aufrechtzuerhalten. Die Zukunft der Apotheken, insbesondere in ländlichen Gebieten, steht auf dem Spiel – und damit ein unverzichtbarer Teil unserer Gesundheitsversorgung.

 

Privatversicherte setzen auf das E-Rezept: Gothaer führt digitale Lösung ein

Die Gothaer Krankenversicherung hat als eine der ersten privaten Versicherer in Deutschland den Zugang zum E-Rezept ermöglicht. Ab sofort können die Versicherten der Gothaer ihre Rezepte digital verwalten und einlösen. Voraussetzung ist die Verwendung der einheitlichen Krankenversicherungsnummer (eKV-Nummer) sowie der Gothaer ePA-App, die bereits den Zugang zur elektronischen Patientenakte (ePA) ermöglicht und nun auch um die Funktion des E-Rezepts erweitert wurde.

Das E-Rezept ist ein wesentlicher Bestandteil der fortschreitenden Digitalisierung des Gesundheitswesens. Bisher konnten vor allem gesetzlich Versicherte auf diese innovative Technologie zugreifen, doch mit der Gothaer Krankenversicherung zieht nun auch der private Sektor nach. Das System bietet nicht nur den Vorteil einer unkomplizierten Rezeptverwaltung, sondern erlaubt es den Versicherten, Kostenbelege direkt über die GesundheitsApp an ihre Krankenversicherung zu übermitteln. Dies beschleunigt den Erstattungsprozess und sorgt für mehr Transparenz in der Abwicklung.

Für viele privat Versicherte stellt dies eine deutliche Erleichterung dar. Statt Papierrezepte einzureichen, können sie nun den gesamten Prozess digital abwickeln. Das digitale Rezept wird in einer Apotheke ihrer Wahl eingelöst, was den Gang zum Arzt und die Verwaltung von Rezepten erheblich vereinfacht. Dies ist besonders für Personen von Vorteil, die regelmäßig Medikamente benötigen und von einem reibungslosen Ablauf profitieren.

Mit der Einführung des E-Rezepts setzt die Gothaer Krankenversicherung ein starkes Zeichen für die Modernisierung und Effizienzsteigerung im privaten Gesundheitssektor. Es wird erwartet, dass weitere private Krankenversicherungen in naher Zukunft diesem Beispiel folgen werden, um ihren Versicherten einen ähnlichen digitalen Komfort bieten zu können.

Die Einführung des E-Rezepts durch die Gothaer Krankenversicherung ist ein lange überfälliger Schritt in Richtung Digitalisierung des privaten Gesundheitswesens. Während gesetzlich Versicherte schon seit einiger Zeit von den Vorteilen des E-Rezepts profitieren, hinkte der private Sektor bisher hinterher. Dass nun die Gothaer als Vorreiter auftritt, zeigt, dass auch private Krankenversicherer den Druck der digitalen Transformation spüren.

Für die Versicherten bedeutet dies vor allem eines: Vereinfachung. Statt Papierformulare und langwierige Prozesse zur Erstattung von Medikamentenrechnungen müssen sie nun lediglich ihre ePA-App nutzen. Der Übergang zu einem vollständig digitalen System wird nicht nur den administrativen Aufwand senken, sondern auch die Transparenz und Effizienz im Gesundheitswesen steigern.

Allerdings bleibt abzuwarten, ob die Einführung reibungslos funktioniert und ob andere private Krankenversicherungen diesem Beispiel schnell folgen. Der Bedarf an digitaler Infrastruktur ist längst überfällig, und die Privatversicherten erwarten zu Recht eine vergleichbare Versorgung wie die gesetzlich Versicherten.

Die Digitalisierung des Gesundheitswesens ist kein Trend, sondern eine Notwendigkeit. Sie bietet nicht nur den Patienten, sondern auch den Leistungserbringern und Versicherern selbst erhebliche Vorteile. Die Gothaer hat hier einen wichtigen ersten Schritt getan – nun müssen andere nachziehen.

 

Vermögensbildung mit Lebensversicherung – Renaissance eines Klassikers?

Über Jahrzehnte hinweg war die Lebensversicherung in Deutschland eine der beliebtesten Formen der privaten Altersvorsorge und Vermögensbildung. Mit über 80 Millionen abgeschlossenen Verträgen galt sie als ein solider Baustein, um finanzielle Sicherheit im Alter zu gewährleisten. Doch die Niedrigzinsphase der letzten Jahre brachte die Branche ins Wanken. Die Garantiezinsen sanken auf ein historisches Tief, und viele Verbraucher verloren das Vertrauen in die einst so lukrative Anlageform.

Aktuell deutet sich jedoch eine mögliche Trendwende an. Der Höchstrechnungszins, der über viele Jahre kontinuierlich gesenkt wurde, könnte wieder steigen. Diese Entwicklung könnte die Attraktivität der Lebensversicherung als Anlageprodukt wiederbeleben. Zwar liegt der Garantiezins derzeit bei nur 0,25 Prozent, doch angesichts der jüngsten Zinserhöhungen der Europäischen Zentralbank (EZB) scheint ein Ende der Tiefzinsphase in Sicht. Dies weckt Hoffnungen, dass die Lebensversicherung erneut an Bedeutung gewinnen könnte.

Ein weiterer Faktor, der für eine Wiederbelebung der Lebensversicherung spricht, ist die Stabilität, die sie trotz schwankender Märkte bietet. Während andere Anlageformen wie Aktien oder Immobilien von Marktvolatilität beeinflusst werden, bleibt die klassische Lebensversicherung vergleichsweise stabil. Hinzu kommt, dass viele Versicherer mit attraktiven Überschussbeteiligungen werben, die über den garantierten Zins hinausgehen und somit eine potenziell höhere Rendite ermöglichen.

Dennoch bleibt Skepsis angebracht. Die Kostenstruktur der Lebensversicherungen ist komplex, und die Renditen hinken oft hinter anderen Anlageformen wie ETFs oder Aktienfonds hinterher. Zudem bleibt unklar, inwieweit zukünftige Zinserhöhungen tatsächlich eine signifikante Steigerung der Auszahlungen bewirken werden.

Es stellt sich also die Frage: Macht eine Lebensversicherung als Vermögensbildungsinstrument wieder Sinn? Für sicherheitsorientierte Sparer, die Wert auf Stabilität legen und langfristige Garantien schätzen, könnte die Antwort „ja“ lauten. Allerdings sollten Verbraucher genau prüfen, welche Policen sich für sie lohnen und ob die Kosten-Nutzen-Rechnung aufgeht.

Die Lebensversicherung erlebt derzeit eine Renaissance – zumindest in den Diskussionen. Doch ob diese Anlageform wirklich wieder zur tragenden Säule der Vermögensbildung werden kann, bleibt fraglich. Sicherlich, in Zeiten steigender Zinsen könnte die Lebensversicherung für risikoscheue Anleger wieder interessant werden. Doch die vergangenen Jahre haben gezeigt, dass Flexibilität und Transparenz in der Anlageberatung wichtiger sind als starre Garantien.

Der Kapitalmarkt bietet heute eine Vielzahl von Alternativen, die mit geringeren Kosten und höheren Renditepotenzialen überzeugen. Wer langfristig Vermögen aufbauen möchte, sollte nicht allein auf die träge Lebensversicherung setzen, sondern sich breiter aufstellen.

Eine Rückkehr der Lebensversicherung in den Mainstream? Möglich, aber längst nicht sicher. Die Zukunft gehört denjenigen, die Risiken abwägen und in unterschiedliche Anlageklassen investieren.

 

EZB und Fed vor Zinssenkungen – Welche Folgen drohen für Wirtschaft und Sparer?

Die Europäische Zentralbank (EZB) steht kurz davor, erneut die Leitzinsen zu senken. Am kommenden Donnerstag wird eine Entscheidung erwartet, die weitreichende Auswirkungen auf die europäische Wirtschaft haben könnte. Nur eine Woche später plant die US-amerikanische Federal Reserve (Fed), ebenfalls die Zinswende einzuleiten und die Leitzinsen zu senken. Beide Zentralbanken reagieren damit auf wachsende wirtschaftliche Unsicherheiten und eine sich abkühlende globale Konjunktur. Doch welche Konsequenzen sind für Wirtschaft, Finanzmärkte und die Sparer zu erwarten?

Die EZB hat bereits mehrmals in der Vergangenheit die Zinsen gesenkt, um die Wirtschaft anzukurbeln und das Inflationsziel von zwei Prozent zu erreichen. Doch trotz dieser Maßnahmen bleibt die Inflation in der Eurozone hartnäckig unter den Erwartungen. Eine weitere Zinssenkung soll nun zusätzliche Impulse setzen, um die Investitionen zu stimulieren und den Konsum zu beleben. Besonders im Fokus stehen dabei die schwächelnde Industrie in Deutschland und die anhaltend niedrigen Inflationsraten in anderen EU-Staaten.

Auch in den USA befindet sich die Wirtschaft in einer Phase der Verlangsamung. Nach Jahren anhaltender Zinserhöhungen durch die Fed, um einer Überhitzung der Wirtschaft entgegenzuwirken, folgt nun der Kurswechsel. Die abnehmende Wachstumsdynamik und die Unsicherheiten im globalen Handel, insbesondere aufgrund des Handelskonflikts mit China, haben die Notenbanker zu diesem Schritt bewogen.

Doch die Zinssenkungen haben nicht nur positive Aspekte. Für Sparer bedeutet dies in Europa wie in den USA weiterhin niedrige Sparzinsen. Die Renditen auf klassische Anlageprodukte wie Tagesgeld und Festgeld dürften weiterhin auf historisch niedrigen Niveaus verharren. Auch für Banken stellen niedrige Zinsen eine Herausforderung dar, da sie die Margen im Kreditgeschäft weiter unter Druck setzen.

Gleichzeitig profitieren Unternehmen und Immobilienkäufer von den niedrigeren Zinsen. Kredite werden günstiger, was insbesondere in wirtschaftlich unsicheren Zeiten ein wichtiger Stabilisierungsfaktor sein kann. Allerdings besteht auch die Gefahr, dass sich die Zinsen langfristig nicht mehr normalisieren, was den Spielraum der Zentralbanken bei künftigen Krisen einschränken könnte.

Insgesamt bleibt die Frage, ob die geplanten Zinssenkungen den gewünschten Effekt haben werden oder ob es sich nur um kurzfristige Maßnahmen handelt, die das zugrunde liegende Problem – die schwache Konjunktur – nicht lösen können.

Die erneuten Zinssenkungen der EZB und der Fed werfen wichtige Fragen auf. In einer Zeit, in der die Wirtschaft schwächelt und die globalen Handelskonflikte zunehmen, greifen die Zentralbanken zu einem bewährten, aber umstrittenen Mittel: der Zinssenkung. Doch wie nachhaltig ist dieser Kurs wirklich?

Auf den ersten Blick scheint die Maßnahme sinnvoll. Niedrige Zinsen erleichtern es Unternehmen, Investitionen zu tätigen, und sollen den Konsum ankurbeln. Für Immobilienkäufer eröffnen sich günstige Finanzierungsmöglichkeiten, was besonders in unsicheren Zeiten ein beruhigendes Signal ist.

Doch der Preis, den wir dafür zahlen, ist hoch. Sparer und Pensionskassen leiden unter den niedrigen Zinsen, während Banken zunehmend Schwierigkeiten haben, mit den schrumpfenden Margen im Kreditgeschäft umzugehen. Dies könnte langfristig zu einer Erosion der Stabilität im Finanzsektor führen.

Hinzu kommt, dass die Zentralbanken mit jedem weiteren Zinsschritt an Einfluss verlieren. Je länger die Zinsen niedrig bleiben, desto weniger Spielraum haben sie in einer echten Krise, auf wirtschaftliche Herausforderungen zu reagieren. Die Gefahr besteht darin, dass wir uns in eine Situation begeben, in der die Instrumente der Geldpolitik erschöpft sind, ohne dass die grundlegenden wirtschaftlichen Probleme gelöst wurden.

Die kommenden Wochen werden zeigen, ob die geplanten Zinssenkungen eine Erholung bewirken können. Doch die Frage bleibt, ob wir uns nicht auf ein gefährliches Experiment einlassen, dessen langfristige Folgen noch kaum absehbar sind.

 

Rückgang der Apotheken in Berlin – Politik sieht begrenzten Handlungsspielraum

Die Zahl der Apotheken in Berlin ist seit 2013 in allen Bezirken deutlich gesunken. Das geht aus einer Antwort der Senatsverwaltung für Wissenschaft, Gesundheit und Pflege auf eine Anfrage des Linken-Abgeordneten Kristian Ronneburg hervor. Demnach ist die Apothekenzahl in der Hauptstadt um fast 17 Prozent zurückgegangen, während die Bevölkerungszahl im gleichen Zeitraum von 2014 bis 2023 um mehr als 9 Prozent gestiegen ist. Dies verdeutlicht ein Missverhältnis, das gerade in einem wachsenden Ballungsraum wie Berlin zunehmend problematisch wird.

Kristian Ronneburg wollte wissen, welche Maßnahmen der Berliner Senat ergreifen könne, um den anhaltenden Rückgang der Apotheken zu stoppen. Die Antwort des Senats fiel jedoch zurückhaltend aus. Die Politik sei sich der Schwierigkeiten der Apothekenbranche bewusst, deren Probleme seien auf Landesebene angekommen, so die Senatsverwaltung. Jedoch gebe es keine direkte staatliche Steuerung in diesem Markt. Der Senat habe daher keine Möglichkeit, in die wirtschaftlichen Abläufe einzugreifen.

Trotz dieser Einschränkungen betonte die Senatsverwaltung, dass sich die Politik auf Bundesebene in verschiedenen Gremien für bessere Rahmenbedingungen für Apotheken einsetze. So werde im Bundesrat und in der Gesundheitsministerkonferenz dafür geworben, die bundesweiten Regelungen so anzupassen, dass die wirtschaftliche Basis der Apotheken durch eine auskömmliche Vergütung und verlässliche Rahmenbedingungen gestärkt werde. Dennoch könne der Senat zum aktuellen Entwurf einer Apothekenreform keine Stellungnahme abgeben, da dies zum gegenwärtigen Zeitpunkt als "spekulativ" und "nicht zielführend" angesehen werde.

Der Rückgang der Apotheken trifft vor allem kleinere Stadtteile und Bezirke, in denen die Versorgungssicherheit durch diese Entwicklung gefährdet wird. Für viele Bürgerinnen und Bürger sind Apotheken wichtige Anlaufstellen, besonders in der Versorgung mit Medikamenten und Gesundheitsdienstleistungen. Der zunehmende Apothekenmangel in Verbindung mit einer wachsenden Bevölkerung stellt daher ein erhebliches Problem dar.

Der anhaltende Rückgang der Apotheken in Berlin wirft ein beunruhigendes Licht auf die Gesundheitsversorgung in der Hauptstadt. Während die Bevölkerung wächst, schwindet das Netz der Apotheken. Dieser Trend ist nicht nur ein wirtschaftliches, sondern auch ein soziales Problem. Apotheken übernehmen nicht nur die Versorgung mit Medikamenten, sondern auch eine wichtige Beratungsfunktion, insbesondere für ältere Menschen und chronisch Kranke. Die Schließung jeder einzelnen Apotheke verschlechtert diese Lage zunehmend.

Die Antwort des Berliner Senats auf die Anfrage von Kristian Ronneburg wirkt fast resigniert. Es ist sicherlich richtig, dass der Senat auf die bundespolitische Ebene verweist, denn viele der Rahmenbedingungen, die den Apothekenmarkt prägen, werden tatsächlich auf Bundesebene gesetzt. Doch dieser Verweis allein reicht nicht. Gerade in einer so bedeutenden Stadt wie Berlin muss die lokale Politik aktiver an Lösungen arbeiten und den Druck auf die Bundesregierung verstärken.

Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für Apotheken haben sich in den vergangenen Jahren verschlechtert, das ist unbestritten. Doch das bedeutet nicht, dass die Politik keine Verantwortung trägt. Es braucht ein stärkeres Engagement auf allen Ebenen, um zu verhindern, dass die Apothekenlandschaft weiter ausdünnt. Mehr Verständnis für die Situation der Apotheken und eine aktive politische Unterstützung wären hier wünschenswert – sowohl in Berlin als auch auf Bundesebene.

 

Finanzielle Schieflage: Krankenkassen fordern dringend Entlastung

Die gesetzlichen Krankenkassen (GKV) sehen sich zunehmend mit einem wachsenden Defizit konfrontiert, das zu erheblichen finanziellen Engpässen führt. Ein zentraler Grund für die Schieflage der Kassen sind die sogenannten versicherungsfremden Leistungen. Diese umfassen Ausgaben, die über die eigentliche Gesundheitsversorgung hinausgehen und dennoch von den Krankenkassen finanziert werden müssen. Der GKV-Spitzenverband fordert daher eine Entlastung in Form einer Dynamisierung des Bundeszuschusses, der an die steigenden Kosten angepasst werden soll.

Die Reserve der Kassen liegt aktuell nur knapp über der gesetzlich festgelegten Mindestgrenze, was zu Besorgnis in der Branche führt. Experten warnen vor einer zunehmenden Belastung des Gesundheitssystems, sollte keine strukturelle Lösung gefunden werden. Der GKV-Spitzenverband sieht in der Anpassung des Bundeszuschusses eine Möglichkeit, die finanzielle Stabilität der Kassen zu sichern und gleichzeitig die Gesundheitsversorgung aufrechtzuerhalten.

Auch vonseiten der Apotheker kommt Kritik. Gabriele Regina Overwiening, Präsidentin der ABDA, fordert eine komplette Befreiung der Krankenkassen von den versicherungsfremden Leistungen. Sie argumentiert, dass die freigewordenen Mittel dringend für die Stabilisierung der Arzneimittelversorgung über Apotheken eingesetzt werden sollten. Angesichts des seit elf Jahren unveränderten Honorars für Apotheken sei es notwendig, auch hier für wirtschaftliche Nachhaltigkeit zu sorgen. Overwiening fordert, dass die Politik endlich Maßnahmen ergreift, um sowohl die Kassen als auch die Apotheken finanziell zu entlasten.

Der Vorschlag der ABDA stößt auf Zustimmung in Teilen der Politik, allerdings gibt es auch Bedenken. Kritiker fürchten, dass eine vollständige Befreiung der Kassen von den versicherungsfremden Leistungen eine neue Kostenverlagerung zur Folge haben könnte, die am Ende die Steuerzahler treffen würde. Die Diskussion über eine Reform der Finanzierungsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung dürfte in den kommenden Monaten an Fahrt aufnehmen, da sowohl der finanzielle Druck auf die Kassen als auch die Belastung der Apotheken weiter zunimmt.

Die Forderungen des GKV-Spitzenverbands und der ABDA nach einer Entlastung der gesetzlichen Krankenkassen von den versicherungsfremden Leistungen sind mehr als berechtigt. Seit Jahren kämpfen die Krankenkassen mit einem stetig wachsenden Defizit, das nicht zuletzt durch die Finanzierung von Leistungen verursacht wird, die eigentlich nicht in den Verantwortungsbereich der Kassen fallen. Es ist höchste Zeit, dass die Politik handelt und die notwendigen Anpassungen vornimmt, um die Krankenkassen von dieser zusätzlichen Last zu befreien.

Gleichzeitig ist die Forderung der ABDA nach einer zielgerichteten Nutzung der freiwerdenden Mittel ein wichtiger Schritt, um die Arzneimittelversorgung in Deutschland zu sichern. Apotheken spielen eine zentrale Rolle in der Gesundheitsversorgung, doch die seit Jahren unveränderten Honorare gefährden die wirtschaftliche Grundlage vieler Betriebe. Hier muss die Politik ebenfalls ansetzen und die Rahmenbedingungen so gestalten, dass Apotheken nicht nur überleben, sondern auch einen nachhaltigen Beitrag zur Gesundheitsversorgung leisten können.

Allerdings darf eine Entlastung der Krankenkassen nicht zu einer Verschiebung der finanziellen Lasten auf andere Bereiche führen. Eine gerechte und nachhaltige Lösung muss gefunden werden, die sowohl die Krankenkassen als auch die Apotheken stärkt, ohne den Steuerzahler übermäßig zu belasten. Die kommenden Monate werden zeigen, ob die Politik den Mut und die Weitsicht besitzt, die notwendigen Reformen anzugehen.

 

Politikerbesuche in Apotheken: Unterstützung für Apothekenreform wächst

In den vergangenen Wochen hat eine Welle von Besuchen durch Politikerinnen und Politiker in Apotheken im gesamten Bundesgebiet für Aufmerksamkeit gesorgt. Diese Treffen verdeutlichen die wachsende Dringlichkeit, die finanziellen und strukturellen Herausforderungen der Apotheken anzuerkennen und politische Lösungen zu finden. Besonders im Fokus steht die geplante Apothekenreform von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach, die innerhalb der Apothekenbranche auf erheblichen Widerstand stößt. Insbesondere in Niedersachsen, wo in den letzten Jahren zunehmend Apotheken geschlossen wurden, schlagen die Apothekenleiter Alarm.

Einer der jüngsten Besuche fand in der Oldenburger Dobben-Apotheke statt, wo Christian Dürr, Vorsitzender der FDP-Bundestagsfraktion, sich persönlich ein Bild von der Lage der Apotheken machte. Begleitet von mehreren FDP-Kolleginnen und -Kollegen sprach er mit Dr. Gabriele Röscheisen-Pfeifer, Vorstandsmitglied der Apothekerkammer Niedersachsen und Leiterin der Dobben-Apotheke, sowie mit Silke Langer, Leiterin der Alten Raben Apotheke in Hude. Beide Apothekerinnen nutzten die Gelegenheit, um auf die existenzielle Bedrohung hinzuweisen, die von den Apothekenschließungen in Niedersachsen ausgeht.

Dürr zeigte sich verständnisvoll und betonte, dass die finanziellen Mittel vorhanden seien, um die Apotheken angemessen zu unterstützen. Seine Zusage, sich für die wirtschaftliche Stabilität der Apotheken einzusetzen, wurde von den Apothekern vor Ort positiv aufgenommen. Die zunehmenden Schließungen, so warnte Dr. Röscheisen-Pfeifer, gefährdeten die flächendeckende Versorgung der Bevölkerung, insbesondere in ländlichen Regionen.

Ob diese Besuche und politischen Zusagen tatsächlich zu einer Überarbeitung der umstrittenen Apothekenreform führen werden, bleibt abzuwarten. Die Forderung nach einer besseren finanziellen Ausstattung der Apotheken steht im Raum, doch die endgültigen Entscheidungen werden auf Bundesebene getroffen.

Es ist ermutigend zu sehen, dass Politikerinnen und Politiker endlich den Dialog mit den Apotheken suchen und die Herausforderungen, vor denen die Branche steht, ernst nehmen. Doch Besuche allein werden das Problem nicht lösen. Die wirtschaftliche Lage vieler Apotheken, insbesondere in ländlichen Regionen, ist kritisch. Schließungen nehmen zu, und damit schwindet auch die flächendeckende Gesundheitsversorgung.

Christian Dürrs Besuch in der Dobben-Apotheke und seine Zusage, dass genügend finanzielle Mittel vorhanden seien, wecken Hoffnung. Doch es wird entscheidend sein, dass diesen Worten auch Taten folgen. Die Apothekenbranche benötigt langfristige strukturelle Unterstützung und klare finanzielle Zusagen, um die fortschreitende Schließungswelle zu stoppen.

Karl Lauterbachs Apothekenreform darf nicht dazu führen, dass noch mehr Apotheken ihre Türen schließen müssen. Es braucht eine Reform, die die Apotheken stärkt, ihre zentrale Rolle in der Gesundheitsversorgung anerkennt und sie wirtschaftlich absichert. Nur dann kann die Versorgung der Bevölkerung, insbesondere auf dem Land, langfristig gewährleistet werden.

 

Versorgungslücke: Apotheken leiden unter chronischen Lieferengpässen

Trotz des neuen Lieferengpassgesetzes von Gesundheitsminister Karl Lauterbach kämpfen Apotheken in Deutschland weiterhin täglich mit erheblichen Engpässen bei der Versorgung mit Arzneimitteln. Viele Apotheken verbringen einen Großteil ihrer Arbeitszeit damit, nach lieferbaren Medikamenten zu suchen, anstatt sich um die Patientenversorgung zu kümmern. Angesichts der immer noch bestehenden Schwierigkeiten hat der Hessische Apothekerverband (HAV) einen Brief an das Bundesministerium für Gesundheit geschickt, in dem er auf die Dringlichkeit der Lage hinweist und konkrete Vorschläge zur Verbesserung der Versorgung unterbreitet.

Der Vorsitzende des HAV, Holger Seyfarth, betonte in dem Schreiben, dass Apotheken aufgrund der anhaltenden Lieferprobleme die Arzneimittelversorgung nicht mehr in vollem Umfang gewährleisten können. Dies sei nicht nur eine Belastung für die Apotheken selbst, sondern stelle auch eine Gefahr für die Patienten dar, die auf ihre Medikamente angewiesen sind. Die Lage sei ernst und erfordere umgehende Maßnahmen, so Seyfarth.

Der HAV fordert unter anderem das sofortige Ende des Preisdiktats, das durch Rabattverträge zwischen Herstellern und Krankenkassen festgelegt wird. Diese Verträge bestimmen die Konditionen und Preise vieler Arzneimittel und tragen nach Ansicht des Verbands maßgeblich zu den Engpässen bei. Künftig sollten in den Rabattverträgen eine Mindestbevorratung und eine Diversifizierung der Lieferanten zwingend berücksichtigt werden, um die Lieferfähigkeit sicherzustellen.

Zudem spricht sich der Verband für die Einführung eines staatlich überwachten Frühwarnsystems aus, das potenzielle Lieferengpässe rechtzeitig erkennt und entsprechende Gegenmaßnahmen ermöglicht. Weiterhin fordert der HAV eine logistische und finanzielle Unterstützung der Vor-Ort-Apotheken bei der Lagerhaltung von kritischen verschreibungspflichtigen Medikamenten, um deren Verfügbarkeit zu gewährleisten.

Die Forderungen des Hessischen Apothekerverbands zeigen die Dringlichkeit der Lage und die Notwendigkeit von Reformen im Arzneimittelversorgungssystem auf. Nun bleibt abzuwarten, wie das Bundesministerium für Gesundheit auf diese Vorschläge reagieren wird.

Die Situation der Apotheken in Deutschland ist seit Jahren angespannt, doch die derzeitigen Lieferengpässe drohen die Versorgungssicherheit massiv zu gefährden. Dass der Hessische Apothekerverband nun in einem offenen Brief an das Gesundheitsministerium Alarm schlägt, ist ein klares Zeichen dafür, dass die bisherigen Maßnahmen, einschließlich des Lieferengpassgesetzes, nicht ausreichen. Es zeigt sich, dass gesetzliche Regelungen, die auf den Papierlösungen basieren, in der Realität oft nicht greifen, wenn die strukturellen Probleme nicht angegangen werden.

Die Forderungen des HAV sind dabei nicht nur nachvollziehbar, sondern dringend notwendig. Rabattverträge haben in der Vergangenheit zwar kurzfristig Einsparungen gebracht, doch auf lange Sicht schaden sie der Versorgungssicherheit. Eine stärkere Diversifizierung der Lieferanten und eine verpflichtende Mindestbevorratung könnten hier Abhilfe schaffen. Der Vorschlag eines staatlich überwachten Frühwarnsystems zur Erkennung von Engpässen erscheint ebenfalls als sinnvolle Maßnahme, um Lieferprobleme frühzeitig zu identifizieren und Gegenmaßnahmen zu ergreifen.

Es bleibt zu hoffen, dass das Bundesministerium für Gesundheit auf die Forderungen des HAV eingeht und die notwendigen Schritte unternimmt, um die Versorgungssicherheit der Apotheken zu verbessern. Die Apotheker sind seit Beginn der Pandemie bereits stark belastet und es bedarf nun klarer, umsetzbarer Maßnahmen, um weiteren Schaden abzuwenden.

 

Neue Wege in der Arzneimittelversorgung: Innovation als Antwort auf Apothekensterben

Apotheker Michael Kranz, Betreiber der Grünen Apotheke Prenzlau „Am Markt“ und „Am Sternberg“, setzt innovative Schritte, um die flächendeckende Arzneimittelversorgung in ländlichen Regionen sicherzustellen. In Zeiten zunehmender Apothekenschließungen, insbesondere in strukturschwachen Gebieten, stellt Kranz konventionelle Modelle infrage und sucht nach neuen Lösungen, die den Zugang zu Medikamenten auch in abgelegenen Orten gewährleisten sollen.

Ein Beispiel für seinen unkonventionellen Ansatz ist die „Pick-up-Stelle“ im brandenburgischen Boitzenburg, die auf Anfrage des Bürgermeisters eröffnet wurde. Da eine klassische Apotheke an diesem Standort wirtschaftlich nicht tragbar ist, bietet Kranz den Einwohnern die Möglichkeit, bestellte Medikamente an einer zentralen Abholstelle zu erhalten. Dieses Modell zeigt eine Alternative auf, wie man auch ohne vollwertige Apotheke die Versorgung vor Ort sicherstellen kann.

Darüber hinaus hat Kranz in der Offizin seiner Grünen Apotheke in Prenzlau ein digitales Bestellterminal eingerichtet. Hier können Kundinnen und Kunden rezeptfreie Produkte selbstständig erwerben und rezeptpflichtige Medikamente vorbestellen. Die bestellten Arzneimittel werden anschließend über einen Automaten ausgegeben, was den klassischen Apothekenbesuch teilweise ersetzt und modernisiert. Dies spart Zeit und bringt der Kundschaft mehr Flexibilität.

Sein jüngstes Projekt geht noch einen Schritt weiter. In einem Supermarkt in Prenzlau hat er ein Apothekenterminal installiert, an dem Kundinnen und Kunden ihre E-Rezepte einlösen und Medikamente, sowohl rezeptpflichtige als auch OTC-Produkte, zur Abholung oder zum Versand nach Hause bestellen können. In Kooperation mit dem Supermarktbetreiber Gilbert-Peter Boullay, der die Versorgung mit Arzneimitteln im ländlichen Raum erleichtern möchte, wird ein zukunftsweisendes Modell der Arzneimittelversorgung getestet.

Trotz dieser Fortschritte bleiben Herausforderungen bestehen. Kranz würde gern in Zukunft einen Arzneimittelautomaten im Supermarktcenter aufstellen, um den Kundinnen und Kunden die Möglichkeit zu bieten, ihre Medikamente direkt vor Ort abzuholen. Allerdings wurde dieses Vorhaben von den zuständigen Behörden untersagt, da es zu eng an die von der EU versandten Apothekenkonzepte erinnert, die ebenfalls mit Abholautomaten arbeiten. Es besteht die Sorge, dass durch solche Innovationen der Zugang für internationale Versandapotheken erleichtert wird, was den Fortbestand der lokalen Apotheken weiter bedrohen könnte.

Die Debatte darüber, wie solche neuen Konzepte klar von den Modellen der EU-Versender abgegrenzt werden können, bleibt offen. Solange eine Vor-Ort-Apotheke hinter diesen Abholstationen steht, gelten sie als Erweiterung der bestehenden Apothekenstruktur. Doch die Grenze zu den umstrittenen Automatensystemen, wie sie von Versandapotheken eingesetzt werden, ist schmal und bedarf klarer Regelungen.

Die Innovationskraft von Apotheker Michael Kranz ist zweifelsohne beachtlich. Seine Projekte in Boitzenburg und Prenzlau zeigen, dass die Arzneimittelversorgung auch ohne klassische Apothekenstrukturen funktionieren kann. Gerade in ländlichen Regionen, in denen sich der Betrieb einer Apotheke finanziell nicht lohnt, sind solche Ideen ein echter Gewinn. Doch es ist auch klar, dass diese Projekte in einem rechtlichen Graubereich agieren.

Die Bedenken der Behörden, dass durch Abholautomaten die Grenzen zu den EU-Versandapotheken verwischen könnten, sind nicht unbegründet. DocMorris und ähnliche Anbieter haben in der Vergangenheit versucht, durch ähnliche Konzepte den Markt zu betreten und lokale Apotheken auszubooten. Hier gilt es, eine klare Linie zu ziehen, wann solche Automaten von Vor-Ort-Apotheken betrieben werden dürfen und wann sie gegen die bestehenden Apothekenregelungen verstoßen.

Innovationen wie die von Kranz sind wichtig, um die Arzneimittelversorgung in Deutschland zukunftssicher zu machen. Doch gleichzeitig muss darauf geachtet werden, dass sie nicht dazu führen, dass internationale Versandapotheken leichteren Zugang zum Markt erhalten. Die Politik steht in der Pflicht, klare Regelungen zu schaffen, die sowohl die Innovationsfreude der Apotheker unterstützen als auch die bewährte Vor-Ort-Apothekenstruktur schützen.

Nur durch eine sorgfältige Balance zwischen Fortschritt und Regulierungen kann sichergestellt werden, dass ländliche Regionen weiterhin gut versorgt bleiben, ohne den Wettbewerb durch EU-Versandapotheken ungewollt zu fördern.

 

Erhöhtes Krampfanfallrisiko bei Kindern durch H1-Antihistaminika

Eine neue Studie aus Südkorea weist darauf hin, dass H1-Antihistaminika der ersten Generation das Risiko für Krampfanfälle bei Kindern deutlich erhöhen können. Insbesondere Kleinkinder zwischen sechs Monaten und zwei Jahren sind laut der Forschungsergebnisse besonders betroffen. Das Risiko für Anfälle sei um 22 Prozent höher, wenn diese Medikamente in den 15 Tagen vor einem Krampfanfall eingenommen wurden. Die Untersuchung basiert auf den Krankenversicherungsdaten von 11.729 Kindern, die aufgrund eines Anfalls in die Notaufnahme eingeliefert wurden und zuvor Antihistaminika erhalten hatten.

H1-Antihistaminika der ersten Generation, wie Dimenhydrinat und Diphenhydramin, sind weiterhin gängige Medikamente zur Behandlung von Symptomen wie Erbrechen und Übelkeit bei Kindern, trotz der bekannten Risiken. Diese Substanzen, die mühelos die Blut-Hirn-Schranke überwinden, können die Hirnströme beeinflussen und das zentrale Nervensystem beeinträchtigen. Bereits 2017 hat das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) zusätzliche Warnhinweise für die Anwendung dieser Medikamente bei Kindern unter drei Jahren eingeführt, nachdem schwere Nebenwirkungen, darunter Krampfanfälle, dokumentiert wurden.

Die südkoreanische Studie, veröffentlicht in JAMA Network Open, führte eine selbstkontrollierte Fall-Crossover-Analyse durch, um das Risiko zu bewerten. Dabei zeigte sich, dass die Einnahme von H1-Antihistaminika besonders bei Kleinkindern das Risiko für Krampfanfälle deutlich erhöht. In der Altersgruppe der sechs Monate bis zweijährigen Kinder war die Wahrscheinlichkeit für einen Anfall um fast 50 Prozent höher als bei älteren Kindern. Ein Zusammenhang zwischen der Einnahme von Antihistaminika und Krampfanfällen konnte bei älteren Kindern und Jugendlichen jedoch nicht nachgewiesen werden.

Die Studie hebt die besondere Vulnerabilität von Kleinkindern hervor. Die Blut-Hirn-Schranke sowie das Nervensystem sind in den ersten Lebensjahren noch nicht vollständig entwickelt, was das Risiko von medikamentösen Eingriffen in die Gehirnfunktion erhöht. Vermutet wird, dass H1-Antihistaminika die neuronale Erregbarkeit auf verschiedenen Wegen erhöhen, beispielsweise durch die Beeinflussung des Histaminstoffwechsels oder der Glutamin- und Gammahydroxybuttersäure (GABA)-Signalwege.

Der britische Neurologe Frank Max Charles Besag, der für das Fachjournal einen Kommentar verfasste, warnt vor vorschnellen Schlussfolgerungen, empfiehlt jedoch eine zurückhaltende Verschreibung dieser Medikamente bei Kleinkindern. Besag betont, dass Eltern über das Risiko von Krampfanfällen informiert und im Umgang mit epileptischen Anfällen geschult werden sollten.

Die Ergebnisse dieser Studie unterstreichen die Bedeutung einer kritischen Abwägung bei der Verordnung von H1-Antihistaminika der ersten Generation, insbesondere bei trivialen Erkrankungen wie leichten Magen-Darm-Infekten. Die Risiken für sehr junge Kinder scheinen dabei höher zu sein, als bisher angenommen.

Die neuen Erkenntnisse aus Südkorea werfen ein Schlaglicht auf die potenziellen Gefahren, die H1-Antihistaminika der ersten Generation für kleine Kinder darstellen. Dass diese Substanzen Krampfanfälle auslösen können, sollte alle Beteiligten zum Nachdenken bringen – von Ärzten bis zu Eltern. Besonders in den ersten Lebensjahren, in denen die Gehirnentwicklung in vollem Gange ist, gilt es, Risiken zu minimieren.

Antihistaminika wie Dimenhydrinat sind zwar seit Jahrzehnten im Einsatz, doch die Tatsache, dass sie bei Kleinkindern solch schwerwiegende Nebenwirkungen verursachen können, sollte zu einer neuen Bewertung ihrer Anwendung führen. Die Bluthirnschranke ist bei kleinen Kindern noch nicht vollständig entwickelt, was das Risiko neurologischer Nebenwirkungen erhöht. Es ist daher an der Zeit, dass die medizinische Gemeinschaft die Verschreibung dieser Medikamente bei sehr jungen Patienten hinterfragt.

Eltern, die in der Apotheke nach einem Mittel gegen Übelkeit und Erbrechen für ihre Kinder suchen, müssen besser informiert und über alternative Behandlungsmöglichkeiten aufgeklärt werden. Die Ergebnisse der südkoreanischen Studie machen deutlich, dass hier Vorsicht geboten ist. Es kann nicht sein, dass Medikamente zur Linderung von Beschwerden wie Erbrechen das Risiko schwerer neurologischer Komplikationen steigern.

Ein Umdenken in der Verschreibungspraxis, strengere Richtlinien und eine bessere Aufklärung der Eltern sind notwendig, um die Gesundheit und Sicherheit der kleinsten Patienten zu gewährleisten.

Von Engin Günder, Fachjournalist

 

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