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GESUNDHEIT | Medienspiegel & Presse |
An der Berliner Charité hat ein weiteres medizinisches Wunder stattgefunden, das weltweit für Aufsehen sorgt. Ein HIV-infizierter Patient, bekannt als der zweite Berliner Patient, hat durch eine Stammzelltransplantation eine Remission der Infektion erreicht, obwohl die gängigen wissenschaftlichen Annahmen diesen Ausgang nicht vorhersehen konnten.
Für das HI-Virus, um in die Zellen einzudringen, sind der CD4-Rezeptor und ein Korezeptor auf T-Helferzellen notwendig, meistens der CCR5-Rezeptor. Eine bestimmte Mutation, die den CCR5-Rezeptor für das Virus unbrauchbar macht, verleiht nahezu vollständige Immunität gegen HIV. Diese homozygote genetische Konstellation (CCR5Δ32/Δ32) tritt jedoch nur bei etwa 1 Prozent der kaukasischen Bevölkerung auf. Menschen, die nur eine Kopie der Mutation (heterozygot, CCR5WT/Δ32) haben, machen etwa 16 Prozent der Bevölkerung aus und sind nicht immun gegen HIV.
Bisherige Fälle von HIV-Remission wurden durch Stammzelltransplantationen mit Zellen von Spendern mit der CCR5Δ32/Δ32-Mutation erklärt. Nach dem Austausch des Immunsystems konnte das Virus nicht mehr in die T-Helferzellen eindringen, da der benötigte Korezeptor fehlte. Diese Theorie wurde nun durch den Fall des zweiten Berliner Patienten infrage gestellt.
Der Patient, ein heute 60-jähriger Mann, wurde 2009 positiv auf HIV getestet. Im Jahr 2015 erhielt er nach einer Diagnose von akuter myeloischer Leukämie (AML) eine Stammzelltransplantation. Seine Spenderin war jedoch heterozygot für die CCR5Δ32-Mutation. Überraschenderweise setzte der Patient 2018, entgegen dem Rat seiner Ärzte, die antiretrovirale Therapie (ART) ab. Trotz der nicht vollständigen Immunität blieb das Virus bis heute in seinem Körper nicht nachweisbar.
Professor Dr. Christian Gaebler von der Berliner Charité bezeichnete dieses Ergebnis als äußerst überraschend. Andere HIV-Infizierte, die Stammzelltransplantationen von nicht-immunen Spendern erhielten, erlebten eine rasche Vermehrung des Virus. Der Fall dieses Patienten deutet darauf hin, dass nicht allein die CCR5-Mutation für eine erfolgreiche Remission ausschlaggebend ist.
Welche anderen Faktoren jenseits der CCR5-Mutation eine Rolle spielen, ist noch unklar. Gaebler vermutet, dass die Geschwindigkeit, mit der das neue Immunsystem das alte ersetzt, einen Einfluss haben könnte. Im aktuellen Fall geschah dies innerhalb von weniger als 30 Tagen. Auch spezifische immunologische Eigenschaften der Spenderin, wie besonders aktive natürliche Killerzellen, könnten eine Erklärung sein.
Das Forschungsteam plant, den Fall weiter zu untersuchen, um die zugrundeliegenden Mechanismen besser zu verstehen. Diese Erkenntnisse könnten zur Entwicklung neuer Immuntherapien oder therapeutischer Impfstoffe gegen HIV führen. Eine Stammzelltransplantation bleibt jedoch eine extrem belastende und potenziell lebensbedrohliche Prozedur und ist daher kein allgemein geeigneter therapeutischer Ansatz für alle HIV-Infizierten. Alle bisherigen Fälle, bei denen dieses Verfahren zu einer „Heilung“ der HIV-Infektion führte, waren zusätzlich an AML oder einer anderen Form von Leukämie erkrankt.
Der Fall des zweiten Berliner Patienten ist ein bedeutender Fortschritt in der HIV-Forschung und zeigt, dass noch viele unbekannte Faktoren eine Rolle bei der Remission spielen können. Obwohl eine Stammzelltransplantation für die meisten HIV-Infizierten keine praktikable Lösung ist, könnten die neuen Erkenntnisse den Weg für weniger invasive Therapien ebnen. Es bleibt zu hoffen, dass weitere Forschung diese Möglichkeiten bestätigt und erweitert, um eines Tages eine heilbare Therapie für alle Betroffenen zu finden.
Von Engin Günder, Fachjournalist
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