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APOTHEKE | Steuer & Recht |
Die 21. Zivilkammer des Landgerichts München I hat am 4. August 2023 ein Urteil gefällt, das die bereits ergangene einstweilige Verfügung im Zusammenhang mit dem Recht auf Marktexklusivität für seltene Leiden überwiegend bestätigt (Az. 21 O 6235/23). In dem Rechtsstreit, der das Patentrecht betraf, wurden die klagenden Pharmaunternehmen von einem Wettbewerber im Arzneimittelsektor verklagt.
Die Verfügungsklägerin, eine Unternehmensgruppe im pharmazeutischen Sektor, vertreibt ein Medikament, das für vier seltene Krankheiten zugelassen ist: paroxysmale nächtliche Hämoglobinurie („PNH“), atypisches Hämolytisch-Urämisches Syndrom („aHUS“), refraktäre generalisierte Myasthenia Gravis („gMG“) und Neuromyelitis-Optica-Spektrum-Erkrankungen („NMOSD“). Für drei dieser Krankheiten besitzt die Verfügungsklägerin neben der allgemeinen Marktzulassung auch Exklusivitätsrechte für seltene Leiden gemäß der Verordnung (EG) 141/2000. Für die Krankheit PNH ist das Marktexklusivitätsrecht bereits abgelaufen.
Die Verfügungsbeklagten, ein konkurrierendes Pharmaunternehmen, hatten ein Medikament auf den deutschen Markt gebracht, das als Biosimilar zu einem Referenzprodukt der Verfügungsklägerin diente und für die Indikation PNH zugelassen war. Nach Erlass der einstweiligen Verfügung wurde das Medikament wieder vom Markt genommen.
Die Kammer entschied, dass die Voraussetzungen für die Gewährung einer Unterlassungsverfügung vorlagen. Die Beklagtenseite hatte argumentiert, dass die Orphan-Drugs-Verordnung lediglich ein öffentlich-rechtliches Zulassungsverbot darstelle und keine zivilrechtlichen Verbotsansprüche gegenüber Wettbewerbern begründe.
Die Kammer jedoch stimmte der Verfügungsklägerin zu und bejahte einen zivilrechtlichen Verbotsanspruch. Sie sah das Marktexklusivitätsrecht gemäß Verordnung 141/2000/EG für Orphan Drugs als absolutes subjektives Recht an. Dieses Recht beinhaltet auch den Schutz vor Beeinträchtigungen oder Verletzungen der gewährten Marktexklusivität gegenüber Wettbewerbern. Die Kammer vertrat die Ansicht, dass der Verordnungsgeber mit dem Marktexklusivitätsrecht eine Rechtsposition schaffen wollte, die über die reine Zulassung hinausgeht. Dieses Recht dient als Anreiz für Investitionen im Bereich der Orphan Drugs und erfordert die Möglichkeit, gegen Rechtsverletzungen vorzugehen.
Die Kammer argumentierte, dass die Verfügungsbeklagten als mittelbare Handlungsstörer durch Empfehlungsschreiben einen angemessen kausalen Beitrag zur indikationsübergreifenden Verwendung ihres Medikaments in den geschützten Indikationen der Klägerin geleistet hatten. Die Begehungsgefahr wurde bis zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung nicht ausgeräumt. Infolgedessen ordnete das Gericht an, dass das angegriffene Medikament nicht ohne spezifisch benannte Schutzmaßnahmen vertrieben werden darf.
Die Klägerin wurde ermächtigt, die Hauptsacheklage zu erheben.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
Das Urteil des Landgerichts München I in dem Patentrechtsstreit bezüglich der Marktexklusivität für seltene Leiden verdeutlicht die Bedeutung des Marktexklusivitätsrechts gemäß der Verordnung (EG) 141/2000 für die Förderung von Investitionen und Innovationen im Bereich der Orphan Drugs. Die Entscheidung unterstreicht, dass dieses Recht nicht nur ein öffentlich-rechtliches Zulassungsverbot darstellt, sondern auch einen zivilrechtlichen Schutz vor Beeinträchtigungen durch Wettbewerber gewährt. Dies trägt zur Ermutigung von Pharmaunternehmen bei, in die Entwicklung von Medikamenten für seltene Krankheiten zu investieren, um letztlich den Patienten mit seltenen Erkrankungen zu helfen. Die richterliche Interpretation des Marktexklusivitätsrechts als subjektives absolutes Recht verdeutlicht das Bestreben, einen effektiven Schutz vor Verletzungen dieses Rechts zu gewährleisten. Die Entscheidung hat somit potenziell weitreichende Auswirkungen auf die Pharmaindustrie und den Umgang mit Orphan Drugs.*
Oliver Ponleroy, Fachjournalist
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