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Steuer & Recht |
Bei der Wettbewerbszentrale sind im vergangenen und im laufenden Jahr 2023 zahlreiche Beschwerden zu Werbung mit „gekauften“ Kundenbewertungen eingegangen: Insgesamt 72 Fälle registriert die Selbstkontrollinstitution der Wirtschaft für fairen Wettbewerb. Dabei handelt es sich um Fälle, in denen verschiedene Anreize wie beispielsweise Gutscheine, Rabatte oder andere Incentives für das Verfassen einer Kundenbewertung beworben oder gewährt werden. In 19 Fällen hat sie entsprechende Werbemaßnahmen als irreführend erachtet und ist deshalb im Wege der Abmahnung eingeschritten.
Verbraucher erwarten, dass der Bewerter für seine Kundenbewertung kein Entgelt bekommen hat. Wenn Unternehmen Anreize in Form von Gutscheinen, Rabatten oder Gewinnspielen setzen, um ihre Kunden zur Bewertungsabgabe zu motivieren, beeinflusst das aus Sicht der Wettbewerbszentrale auch den Inhalt der Bewertungen. Solche Bewertungen kommen nach ihrer Meinung dann eben nicht mehr frei und unabhängig zustande. Die Zentrale hält das für irreführend und wettbewerbsverzerrend – und sieht sich durch die Rechtsprechung bestätigt:
In einem Verfahren der Wettbewerbszentrale hat das Landgericht Hannover entschieden, dass ein Unternehmen in seinem Onlineshop nicht ohne deutlichen Hinweis mit solchen Kundenbewertungen werben darf, für die es seinen Kunden einen Rabatt gewährt hat (LG Hannover, Urteil 21 O 20/22 vom 22.12.2022). Das gilt auch dann, wenn es je Bewertung „nur“ einen Euro Rabatt gab.
Das Unternehmen hatte vier Jahre lang den Teilnehmern eines Bonusprogramms für jede verfasste Bewertung eine Gutschrift von 1 Euro gewährt, die sie bei weiteren Käufen einsetzen konnten. Die aufwendige Analyse von über 45.000 Bewertungen ergab, dass viele Kunden eine hohe – teilweise dreistellige – Zahl von Bewertungen verfasst hatten. Über das Bonusprogramm der Beklagten hatten diese Kunden also die Möglichkeit, für Bewertungen erhebliche Rabatte zu erhalten.
Das Landgericht hat entschieden, dass die Werbung mit derart generierten Bewertungen, irreführend ist, wenn der „Bewertungskauf“ nicht deutlich gemacht wird. Die Verbraucher erwarteten, dass Bewerter kein Entgelt bekommen hätten. Daraus, dass die Verfasser eine, wenn auch kleine, Belohnung in Form der Gutschrift erhalten haben, folge zwangsläufig, dass sie bei der Bewertungsabgabe nicht frei von sachfremden Einflüssen waren. Es habe die konkrete Gefahr bestanden, dass sich solche Bewerter beeinflusst von der Belohnung veranlasst sahen, ein Produkt positiver zu bewerten als dies ihrer tatsächlichen Meinung entspricht. Die Entscheidung ist rechtskräftig.
Das Landgericht Köln hat in einem Verfahren der Wettbewerbszentrale ein Unternehmen durch Anerkenntnisurteil verurteilt, es zu unterlassen, Verbrauchern beim Kauf eines Brautkleids anzukündigen, sie würden pro bei Google abgegebener 5-Sterne-Bewertung einen Rabatt von 10 % auf die Brautkleid-Reinigung erhalten, sowie mit auf diese Weise gewonnenen Google-Bewertungen zu werben (LG Köln, Anerkenntnisurteil vom 26.10.2022, Az. 84 O 11/22).
Vor dem Landgericht Landau hat die Wettbewerbszentrale ein Inkasso-Unternehmen auf Unterlassung in Anspruch genommen, das einem Kunden anbot, auf seine Gebühren für den Antrag auf einen gerichtlichen Mahnbescheid zu verzichten, wenn der Kunde es mit fünf Sternen bewertet (Az. HK O 54/22). Dieses Verfahren läuft noch.
„Unternehmen können sich durch incentivierte Kundenbewertungen mehr Bewertungen „erkaufen“ und haben dadurch einen unlauteren Wettbewerbsvorteil gegenüber Mitbewerbern, die sich rechtskonform verhalten. Das führt zu Wettbewerbsverzerrungen.“, meint Syndikusrechtsanwalt Martin Bolm von der Wettbewerbszentrale. Die Rechtsprechung behandele solche Anreize daher zu Recht als irreführend.
In weiteren Fällen beanstandete die Wettbewerbszentrale, dass Unternehmen mit einer Durchschnittsnote warben, die auf der Bewertungsplattform gar nicht vergeben worden war, oder dass sie mit Bewertungen warben, die für ein anderes Unternehmen abgegeben worden waren.
In vielen anderen Fällen monierte die Wettbewerbszentrale fehlende Transparenzhinweise bei der Werbung mit Kundenbewertungen. So müssen Unternehmen, die Kundenbewertungen zugänglich machen, seit dem 28. Mai 2022 darüber informieren, „ob und wie sie sicherstellen, dass die veröffentlichten Bewertungen von solchen Verbrauchern stammen, die die Waren oder Dienstleistungen tatsächlich genutzt oder erworben haben“. Die in Anspruch genommenen Unternehmen haben Unterlassungserklärungen abgegeben.
In einem weiteren Verfahren lässt die Wettbewerbszentrale derzeit klären, welche Informationen wesentlich sind, wenn ein Unternehmen mit einer Durchschnittsnote in Kundenbewertungen wirbt. Dort hat das Landgericht Hamburg auf Antrag der Wettbewerbszentrale ein Unternehmen verurteilt, es zu unterlassen, mit einer durchschnittlichen Sternebewertung zu werben, ohne gleichzeitig die Gesamtzahl der abgegebenen Kundenbewertungen und/oder den Zeitraum der abgegebenen Kundenbewertungen anzugeben (LG Hamburg, Urteil vom 16.09.2022, Az. 315 O 160/21, nicht rechtskräftig).
Quelle: Wettbewerbszentrale
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