Für Sie gelesen
Sehr geehrte Apothekerin, sehr geehrter Apotheker,
hier ist der vollständige Text für Sie:
APOTHEKE | Systemblick |
Stand: Mittwoch, 10. Dezember 2025, um 18:30 Uhr
Apotheken-News: Kommentar von heute
Kommentar von Seyfettin Günder zu den aktuellen Apotheken-Nachrichten über berufsständische Versorgungswerke, wankende Altersvorsorge und strukturelle Risiken für Apothekenstandorte
Wenn ein Versorgungswerk innerhalb weniger Jahre die Hälfte des Anlagevermögens verliert, dann ist das kein Betriebsunfall an den Rändern des Systems, sondern ein Schlag ins Zentrum des berufsständischen Selbstverständnisses. Jahrzehntelang wurde die eigene Versorgungseinrichtung als überlegene Alternative zur gesetzlichen Rente erzählt – näher am Berufsstand, fachkundiger, effizienter, freier von politischer Tageslaune. Der aktuelle Fall aus der Zahnärzteschaft zeigt, wie dünn diese Erzählung wird, wenn illiquide Projekte, Start-up-Fantasien und hochspezialisierte Immobilienportfolios plötzlich nicht mehr als „mutige Diversifikation“, sondern als teure Fehlentscheidungen dastehen. Wer jeden Monat Pflichtbeiträge überweist und auf einen planbaren Ruhestand vertraut, erlebt, wie sehr die eigene Zukunft an Governance-Regeln, Anlagepolitik und Kontrollkultur hängt, von denen im Alltag kaum jemand spricht.
Für Apothekerinnen und Apotheker ist das kein Beobachtungssport am Spielfeldrand. Die wirtschaftlichen Realitäten in vielen Betrieben sind angespannt, die Ertragslage dünner, Investitionsbedarfe in Digitalisierung, Personalbindung und Strukturumbau größer geworden. Wenn in dieser Lage ausgerechnet die Säule wankt, die die Lebensleistung nach der aktiven Berufsphase absichern soll, verschiebt sich die Risikokarte des gesamten Berufswegs. Die zentrale Frage lautet dann nicht mehr, ob berufsständische Versorgung „besser“ ist als die gesetzliche Rente, sondern ob die konkrete Ausgestaltung im eigenen Stand tatsächlich trägt – oder ob ein beträchtlicher Teil der Zukunft auf ein zu kleines, zu verletzliches System gesetzt wurde, das seine Grenzen erst im Stresstest zeigt.
Das strukturelle Problem liegt weniger im Modell „Versorgungswerk“ als solchem, sondern in der Kombination aus hohen Erwartungen, kleinem Kollektiv und unzureichender Risikosteuerung. Kleine berufsständische Systeme können sich keine großen Fehlgriffe leisten. Wenn sie gleichzeitig gezwungen sind, im Niedrigzinsumfeld nach Rendite zu suchen, steigt der Druck, in Anlagen zu gehen, die sich auf Präsentationsfolien gut machen, aber in der Realität schwer zu bewerten sind. Dort, wo Bewertungen jahrelang nur auf dem Papier stattfinden, Prüfwege eher formell durchlaufen werden und kritische Nachfragen als Vertrauensbruch gelten, wächst eine asymmetrische Risikenlage heran: Nach außen Stabilität, nach innen offene Flanken. Dass dann im Krisenfall reflexartig nach einem Sondervermögen des Bundes gerufen wird, zeigt, wie groß die Lücke zwischen behaupteter Eigenverantwortung und faktischer Erwartung an staatliche Rettung inzwischen geworden ist.
Gerade hier wird die Parallele zur Apothekenversorgung sichtbar. Inhaberinnen und Inhaber werden seit Jahren auf Eigenverantwortung eingeschworen: unternehmerische Entscheidungen, betriebswirtschaftliche Steuerung, Investitionsrisiko, Personalführung – all das trägt der einzelne Standort. Gleichzeitig wird bei Vergütungsfragen, bei Strukturreformen und jetzt bei der Altersvorsorge immer wieder ein unausgesprochenes Versprechen miterzählt: Irgendwie wird der Staat im Ernstfall schon nicht zulassen, dass tragende Berufsgruppen in den Abgrund rutschen. Dieses „irgendwie“ ist das eigentliche Problem. Es ist zu schwach, um Sicherheit zu geben, und zugleich stark genug, um notwendige, schmerzhafte Anpassungen in den Systemen selbst zu verzögern.
Für Versorgungswerke im Apothekenbereich bedeutet das: Die Zeit der bequemen Überlegenheitsnarrative ist vorbei. Wer Stabilität beansprucht, muss transparent machen, wie Anlageentscheidungen getroffen werden, welche Stresstests gefahren werden, wie Governance-Strukturen wirken und wo die roten Linien verlaufen, jenseits derer bestimmte Risiken schlicht nicht akzeptabel sind. Es genügt nicht, in Geschäftsberichten beruhigende Formulierungen zu platzieren und bei kritischen Nachfragen auf langfristige Perspektiven zu verweisen. Wer Pflichtbeiträge vereinnahmt, schuldet den Mitgliedern nicht nur eine Rentenformel, sondern ein klares Bild der Mechanik dahinter – und die Ehrlichkeit, Leistungsversprechen anzupassen, wenn die Märkte oder die Demografie das erzwingen.
Gleichzeitig führt an einer nüchternen Neubewertung der persönlichen Vorsorgestrategie kein Weg vorbei. Wenn der Betrieb an der Ertragsgrenze läuft, wenn Apothekenstandorte unsicher werden und der politische Rahmen brüchig wirkt, dann ist ein einziges Versorgungswerk als zentrale Altersstütze ein Klumpenrisiko eigener Art. Das bedeutet nicht, das System abzuwählen, sondern es richtig einzuordnen: als eine Säule – nicht als unfehlbares Gesamtpaket. Eine realistische Sicht auf dieses Risiko ist kein Misstrauensvotum gegen die eigene Standesorganisation, sondern ein Ausdruck der Verantwortung gegenüber der eigenen Familie, den Mitarbeitenden und dem Standort, der gehalten oder übergeben werden soll.
Der Ruf nach dem Bundesgesundheitsministerium als Retter letzter Instanz wirkt in dieser Konstellation wie ein Symptom, nicht wie eine Lösung. Wenn ein System über Jahre hinweg Freiräume und Autonomie für sich reklamiert, gleichzeitig aber darauf hofft, dass Verluste im Ernstfall mit Steuermitteln abgepuffert werden, entsteht ein schiefer Anreiz. Gewinne und Prestige werden privatisiert, Verluste sollen vergesellschaftet werden. Wer das ernsthaft zu Ende denkt, kommt zwangsläufig zu der Frage, ob dann nicht auch ein bundeseinheitlicher Ordnungsrahmen mit schärferen Vorgaben, einheitlichen Stresstests und strengeren Eingriffsrechten legitim wäre – mit allen Konsequenzen für die bislang so hochgehaltene Eigenständigkeit.
Für Apotheken zeichnet sich hier eine unbequeme, aber notwendige Konsequenz ab: Zukunftssicherheit entsteht nicht mehr allein aus Tradition, Standesbewusstsein und der Hoffnung, dass „es schon gutgehen wird“, sondern aus einer bewussten Mischung aus betrieblichen Reserven, tragfähiger Versorgungswerksstruktur und ergänzenden Sicherungsbausteinen. Wer die Risiken der eigenen Altersversorgung verdrängt, weil der Alltag ohnehin anstrengend genug ist, verschiebt das Problem nur nach vorne – und zwar in eine Phase des Lebens, in der die Korrekturmöglichkeiten begrenzt sind. Die eigentliche Stärke eines berufsständischen Systems läge darin, diesen Zusammenhang offen anzusprechen, statt ihn hinter wohlklingenden Versprechungen zu verstecken.
Am Ende entscheidet sich an der Art, wie Versorgungswerke heute mit Krisenfällen umgehen, ob das Vertrauen in dieses Modell langfristig erhalten bleibt. Eine defensive Kommunikation, die Fehler kleinredet und alles in juristische Aufarbeitung verschiebt, mag kurzfristig Schadensbegrenzung versprechen, untergräbt aber das, worauf das System angewiesen ist: die Bereitschaft der Mitglieder, es trotz aller Erschütterungen weiter zu tragen. Eine offene, analytische und selbstkritische Aufarbeitung dagegen kann genau das Signal senden, das viele in Apotheken derzeit vermissen – dass Verantwortung mehr bedeutet, als in guten Jahren Beitragsbescheide auszustellen und in schlechten Jahren auf die Politik zu zeigen. Wer die Altersvorsorge eines Berufsstandes verwaltet, verwaltet mehr als Zahlenkolonnen. Er verwaltet Vertrauen. Und dieses Vertrauen ist im Zweifel wertvoller als jede Rendite, die auf dem Papier noch so glänzend ausgesehen hat.
Die Schieflage eines berufsständischen Versorgungswerks rückt eine Zone ins grelle Licht, die viele Heilberufler bislang als nahezu unantastbar wahrgenommen haben: die Altersversorgung im eigenen Stand. Plötzlich zeigt sich, wie eng Rentenansprüche mit riskanten Anlageentscheidungen, unklaren Bewertungswegen und überforderten Aufsichtsgremien verknüpft sind. Für Apotheken wird damit sichtbar, dass Praxisfinanzen, persönliche Vorsorge und die Stabilität der Versorgungswerke keine getrennten Welten sind, sondern ein zusammenhängendes Risikonetz. Wo dieses Netz Risse bekommt, steht nicht nur individuelles Alterseinkommen, sondern auch die langfristige Tragfähigkeit ganzer Versorgungsstrukturen zur Disposition.
Dies ist kein Schluss, der gelesen werden will – sondern eine Wirkung, die bleibt. Die aktuelle Schieflage eines Versorgungswerks zwingt dazu, lange gepflegte Erzählungen über die Überlegenheit berufsständischer Modelle nüchtern zu überprüfen und nicht mehr als selbstverständlich zu nehmen. Dort, wo Governance, Risikomanagement und politische Erwartungshaltungen auseinanderlaufen, entsteht ein Vakuum, das Vertrauen, Investitionsbereitschaft und Standortentscheidungen gleichermaßen erfasst. Für Apotheken ist das mehr als eine ferne Branchenmeldung, weil die Stabilität der eigenen Alterslösung über die Freiheit entscheidet, in Personal, Digitalisierung und Nachfolge zu investieren. Ob dieser Moment als Ausgangspunkt für eine offen geführte Debatte über Risikoobergrenzen, Transparenzstandards und Ergänzungsbausteine genutzt wird, zeigt sich daran, wie ernst Berufsvertretungen und Politik die strukturellen Fragen jetzt wirklich nehmen. Wer den Warnschuss ignoriert, überlässt die Deutungshoheit über Zukunftssicherheit anderen Akteuren, die nicht zwingend die Versorgung in der Fläche im Blick haben.
SG
Prokurist | Publizist | Verantwortungsträger im Versorgungsdiskurs
Kontakt: sg@mysecur.de
Wer das für Formalie hält, unterschätzt die Verantwortung, die Sprache heute tragen muss.
Ein Kommentar ist keine Meinung. Er ist Verpflichtung zur Deutung – dort, wo Systeme entgleiten und Strukturen entkoppeln.
Ich schreibe nicht, um zu erklären, was gesagt wurde. Ich schreibe, weil gesagt werden muss, was sonst nur wirkt, wenn es zu spät ist.
Denn wenn das Recht nur noch erlaubt, aber nicht mehr schützt, darf der Text nicht schweigen.
Tagesthemenüberblick: https://mysecur.de/aktuell
Wir kennen Ihr Geschäft, und das garantiert Ihnen eine individuelle und kompetente Beratung
Sie haben einen Beruf gewählt, der weit mehr als reine Erwerbstätigkeit ist. Sie verfolgen im Dienste der Bevölkerung hohe ethische Ziele mit Energie, fachlicher Kompetenz und einem hohen Maß an Verantwortung. Um sich voll auf Ihre Aufgabe konzentrieren zu können, erwarten Sie die optimale Absicherung für die Risiken Ihrer Berufsgruppe.
Sie suchen nach Möglichkeiten, Ihre hohen Investitionen zu schützen und streben für sich und Ihre Angehörigen nach einem angemessenen Lebensstandard, auch für die Zukunft.
Risk Management: Professionelles Sicherheitsmanagement
Versicherungskosten-Check: Geld sparen mit dem richtigen Überblick
Sicherheitkompass: Die umfassenden Lösungen der ApoSecur
MyLeitfaden: Das Leben steckt voller Risiken - Wir begleiten Sie sicher in Ihre Zukunft
MyBusiness: Ihr betriebliches Sicherheitspaket
MyPrivate: Ihr privates Sicherheitspaket
MyTeam: Versicherungslösungen speziell für Angestellte
Business All-Inklusive: Eine einzige Versicherung für alle betrieblichen Gefahren
Business Modular: Risiken so individuell wie möglich absichern
Business Rechtschutz: Mit berufsständischem Rechtsschutz immer auf der sicheren Seite
Business Verdienstausfall: Existenzsicherung - Ihr Ausfall bedeutet Stillstand
Business Kfz-Flotten-Versicherung: Die beste Kfz-Versicherung der Zukunft
Sicher in die Zukunft – www.mysecur.de