Kaskodiebstahl und Beweislast, äußeres Bild des Diebstahls als Schlüssel, Landgericht Frankfurt begrenzt Ansprüche ohne klaren Versicherungsschutz
Der entschiedene Fall vor dem Landgericht Frankfurt kreist um eine Konstellation, in der ein hochwertiger Wohnwagen im Grenzbereich zwischen fehlendem und bestehendem Versicherungsschutz entwendet worden sein soll. Der spätere Kläger hatte das Fahrzeug im Ausland erworben, es auf einem Wochenendgrundstück abgestellt und erst Tage später eine Kaskopolice eingezogen, bevor kurz darauf das Verschwinden gemeldet wurde. Aus Sicht des Gerichts reichte diese Abfolge von Erwerb, Abstellen, nachträglicher Versicherung und späterer Diebstahlsanzeige nicht aus, um den Eintritt eines versicherten Ereignisses mit der gebotenen Gewissheit zu belegen. Entscheidend war dabei nicht nur die Frage, ob überhaupt ein Diebstahl stattgefunden hatte, sondern vor allem, ob dieser in den Zeitraum fiel, in dem bereits Kaskoschutz bestand. Die zeitliche Lücke zwischen Abstellen und Versicherungsbeginn blieb groß, während sich der angebliche Entwendungszeitpunkt nur sehr grob eingrenzen ließ. Damit verdichtete sich aus Sicht der Kammer der Verdacht, dass der behauptete Schaden ebenso gut vor Beginn des Vertrages eingetreten sein konnte.
Im Zentrum der Entscheidung steht die Rolle des sogenannten äußeren Bildes eines Diebstahls, das dem Versicherungsnehmer in Entwendungsfällen grundsätzlich Beweiserleichterungen verschaffen soll. Die Rechtsprechung gesteht ein, dass die eigentliche Wegnahme eines Fahrzeugs selten unmittelbar beobachtet oder lückenlos dokumentiert werden kann. Deswegen genügt in der Regel ein stimmiger äußerer Sachverhalt, der nach der Lebenserfahrung mit hoher Wahrscheinlichkeit auf einen Diebstahl im Sinne der Versicherungsbedingungen schließen lässt. Im vorliegenden Fall blieb dieses Bild jedoch bruchstückhaft: Ein Zeuge konnte lediglich bestätigen, dass der Wohnwagen am Grundstück abgestellt worden war, ein anderer meldete später telefonisch dessen Abwesenheit, ohne das Fahrzeug zuvor jemals dort gesehen zu haben. Zwischen Abstellen und angeblichem Verschwinden klaffte damit eine Wahrnehmungslücke, die das Gericht nicht mit anderen Indizien schließen konnte. Aus Sicht der Richter fehlte es daher an dem konsistenten Gesamtbild, das üblicherweise als Grundlage für eine Beweiserleichterung genügt.
Hinzu trat die Frage, zu wessen Lasten Unklarheiten über den genauen Zeitpunkt der Entwendung gehen, wenn der Versicherungsfall sowohl innerhalb als auch außerhalb des gedeckten Zeitraums gelegen haben könnte. Der Kläger hatte sich auf Normen des Delikts- und Versicherungsvertragsrechts berufen und argumentiert, unaufklärbare Zweifel über den Beginn des Versicherungsschutzes müssten im Ergebnis zu seinen Gunsten wirken. Das Landgericht hat diese Argumentation jedoch nicht übernommen und die Beweislast klar beim Versicherungsnehmer verortet. Die Richter betonten, dass gerade bei Entwendungsdelikten, in denen das äußere Bild ohnehin Beweiserleichterungen vermittelt, zusätzliche Unsicherheiten über den Zeitpunkt des Diebstahls nicht einseitig dem Versicherer aufgebürdet werden können. Maßgeblich sei, ob sich die Geschehensabläufe so verdichten lassen, dass ein versicherter Diebstahl innerhalb der Vertragslaufzeit mit hinreichender Wahrscheinlichkeit angenommen werden kann. Bleibt diese Verdichtung aus, trägt der Anspruchsteller das Risiko der Nichtaufklärbarkeit.
Besondere Bedeutung gewann im Fall die ungleiche Gewichtung der Zeiträume vor und nach Versicherungsbeginn. Der Wohnwagen stand mehrere Tage ungesichert auf dem Grundstück, bevor überhaupt eine Kaskopolice abgeschlossen wurde, während der angeblich versicherte Zeitraum bis zur Diebstahlsentdeckung nur wenige Stunden oder maximal gut einen Tag umfasste. In dieser Konstellation erschien es dem Gericht lebensnäher, dass ein etwaiger Diebstahl in die längere Phase ohne Versicherungsschutz gefallen sein könnte. Gestützt auf eine einschlägige Entscheidung eines Oberlandesgerichts verwies die Kammer darauf, dass in solchen Fällen Unklarheiten über den Entwendungszeitpunkt grundsätzlich zulasten der versicherten Person gehen. Aus Sicht der Zivilrichter wäre es systemwidrig, wenn ein nachträglich abgeschlossener Vertrag rückwirkend Risiken abdecken würde, deren Realisierung zeitlich keineswegs überwiegend in den Versicherungszeitraum fällt. Der Anspruch auf Kaskoentschädigung scheiterte damit sowohl am fehlenden äußeren Bild als auch an der nicht aufklärbaren zeitlichen Verortung.
Die Entscheidung des Landgerichts Frankfurt fügt sich in eine Linie der Rechtsprechung ein, die Beweiserleichterungen in Entwendungsfällen anerkennt, deren Voraussetzungen aber erkennbar eng führt. Sie macht deutlich, dass die Figur des äußeren Bildes kein Freibrief für vage Schilderungen oder große zeitliche Unschärfen ist, sondern ein schlüssiges Gesamtbild voraussetzt, in dem Besitzverhältnisse, Abstellort, Zugangswege und Entdeckungsumstände nachvollziehbar zusammenpassen. Ergänzend unterstreicht das Urteil, dass die Verantwortung für klare zeitliche Zuordnung des behaupteten Schadens im Kaskobereich beim Versicherungsnehmer verbleibt, insbesondere wenn sich der Vertragsschluss und ein möglicher Schaden in einer engen Abfolge überschneiden. Für die Praxis der Versicherer bedeutet dies, dass sie sich bei vergleichbaren Konstellationen auf gefestigte Grundsätze stützen können, wenn sie Entschädigungen ablehnen, solange weder das äußere Bild eines Diebstahls noch dessen Eintritt innerhalb des gedeckten Zeitraums überzeugend dargelegt sind.
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