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APOTHEKE | Medienspiegel & Presse |
Während Familien am Muttertag feierlich zusammenkommen, leisten viele Apothekenmitarbeiterinnen unbeachtet Notdienst – in einem System, das ihre Leistung emotional feiert, aber strukturell vernachlässigt. Parallel dazu formieren sich politische Forderungen: ABDA-Präsident Thomas Preis setzt der neuen Regierung eine Frist von 100 Tagen für zentrale Reformen. Fixhonorar, Skontofrage, Landapothekenkorridor – allesamt Baustellen, die dringend angegangen werden müssen. Die Übergabe von Karl Lauterbach an Nina Warken zeigt derweil, wie sehr es eines neuen Regierungsstils bedarf. Zugleich rücken alte Streitpunkte wieder in den Fokus: Der Rx-Boni-Konflikt mit dem EuGH flackert erneut auf, diesmal unter veränderten digitalen Voraussetzungen durch das E-Rezept. In Sachsen setzen Arbeitgeber und Gewerkschaft ein Zeichen: Die Gehaltsstruktur für Apothekenangestellte wird ab Juli 2025 gestärkt. All das geschieht vor dem Hintergrund schleichender wirtschaftlicher Substanzverluste vieler Apotheken – Resultat jahrelanger Fehlentscheidungen, wie viele Inhaber nun offen einräumen.
Dienst ist Dienst – auch am Muttertag
Während andere brunchen, versorgen viele Pharmazeutinnen die Region mit Arznei
Wenn am Muttertag die Floristen vor Arbeit kaum zur Ruhe kommen und in den Wohnzimmern Brunchplatten aufgetragen werden, herrscht in vielen Apotheken ein völlig anderes Bild. Dort stehen nicht selten genau die Frauen im Dienst, denen dieser Tag eigentlich gewidmet ist. Apothekerinnen, PTA und PKA – viele von ihnen selbst Mütter – sichern die Versorgung im Notdienst, wenn andere feiern. Und das unter besonderen Rahmenbedingungen: Muttertag ist kein gesetzlicher Feiertag, aber seine emotionale Aufladung wirkt sich deutlich auf den Alltag in der Offizin aus. Die Nachfrage nach typischen Geschenkartikeln, kosmetischen Sondereditionen oder spontanen Gesundheitsfragen führt zu hohem Kundenaufkommen – vor allem in urbanen Regionen mit Wochenendverkehr und hoher Frequenz.
„Es wird ordentlich voll“, heißt es aus vielen Apotheken, die in der Sonntagsrotation den Muttertagsdienst treffen. Die pharmazeutischen Teams arbeiten dann nicht nur unter der gewohnten personellen Ausdünnung des Wochenenddienstes, sondern auch unter der psychischen Belastung, diesen Tag außerhalb der Familie zu verbringen. Viele Apotheken greifen deshalb zu symbolischen Gesten: kleine Rosen für die Kundschaft, Dankeskarten für Mütter im Team oder kleine Frühstückspäckchen als Wertschätzung. Dennoch ändert das nichts am Grundsatz: Der Muttertag ist kein Ruhetag, sondern vielfach ein voller Arbeitstag.
Zugleich versuchen Apotheken, wirtschaftlich vom Muttertagsmomentum zu profitieren. Neben der Gesundheitsversorgung gehören Geschenkartikel mittlerweile fest zum Sortiment. Der Muttertag ist dabei für viele Häuser Anlass, Kosmetika, Tees oder Wohlfühlprodukte gezielt zu präsentieren. Was für den Kunden als liebevolle Geste daherkommt, ist für die Offizin ein kalkuliertes Zusatzgeschäft – wenn auch eines, das organisatorischen Mehraufwand bedeutet. Wer sonntags Dienst hat, muss mehr als nur Rezepte bedienen. Beratung und Zwischenmenschlichkeit stehen im Fokus. Und der Satz „Ich brauche noch schnell was für meine Mutter“ fällt nicht selten.
Doch hinter der Theke stehen nicht nur Dienstleisterinnen, sondern auch Mütter mit Familien. Während andernorts Blumen überreicht und Gedichte rezitiert werden, sitzen sie im weißen Kittel im Beratungsraum oder vor der Sichtwahl. Die Ironie dieses Tages bleibt oft unausgesprochen, gehört aber zur Realität einer Berufsgruppe, die sich nicht von Feiertagen befreien kann. Dass genau an diesem Tag erneut die Systemrelevanz dieser Berufsgruppe sichtbar wird, macht den Kontrast zwischen gesellschaftlichem Dank und praktischer Arbeitslast besonders deutlich.
In vielen Teams ist das Verständnis untereinander hoch. Dienstpläne versuchen, kinderlose Mitarbeitende vorzuziehen oder Müttern kürzere Schichten zu ermöglichen – wo es möglich ist. Doch die Wahrheit bleibt: Irgendjemand muss den Dienst tun, und oft sind es eben auch die Mütter selbst. Mit einer Mischung aus Pflichtbewusstsein und Resignation versehen viele den Muttertag mit dem trockenen Kommentar: „Dienst ist Dienst“. Dahinter steckt ein berufsethisches Selbstverständnis, das in Zeiten politischer Reformdebatten kaum wahrgenommen wird.
Während also Blumenhändler gute Geschäfte machen und Werbeslogans von Liebe und Anerkennung sprechen, erleben viele Apothekenmitarbeiterinnen einen Tag voller Multitasking, organisatorischer Improvisation und körperlicher Präsenzpflicht. Der Muttertag bleibt damit ein ambivalenter Tag – in der öffentlichen Wahrnehmung eine Feier der Weiblichkeit, in der Offizin ein arbeitsintensiver Sonntag.
Der Muttertag – für viele ein Moment der Anerkennung, für andere ein Prüfstein beruflicher Belastbarkeit. In keiner Berufsgruppe zeigt sich die Kluft zwischen symbolischer Würdigung und praktischer Verantwortung deutlicher als in der Apotheke. Wer am Muttertag Dienst hat, vereint in sich die Rollenkonflikte, die in vielen gesellschaftlichen Sonntagsreden elegant übertüncht werden: Mutter, Fachkraft, Kollegin, Krisenmanagerin. Es ist ein Tag, der sich selbst feiert und dabei jene übergeht, die ihn stützen.
Dass Apotheken am Muttertag im Notdienst auf Hochtouren laufen, ist kein Zufall, sondern Ausdruck struktureller Dauerbelastung. Der Personalmangel macht Flexibilität zur Pflicht, nicht zur Option. Selbstverständlichkeiten wie ein gemeinsames Frühstück, ein freier Sonntag oder ein Tag mit der Familie werden dabei zu Luxusgütern. Die betroffenen Frauen klagen selten – zu groß ist der professionelle Stolz, zu stark das Pflichtgefühl. Doch wer nicht klagt, wird übersehen. Und genau das passiert regelmäßig.
Es gehört zur bitteren Realität des Gesundheitswesens, dass gesellschaftliche Hochglanztermine mit den Schichten jener kollidieren, die systemrelevante Aufgaben tragen. Apotheken sind hier nur ein Beispiel unter vielen, aber ein besonders sichtbares. Der Muttertag legt offen, was das Gesundheitswesen im Stillen prägt: Die Unsichtbarkeit weiblicher Arbeit an Orten, die für Versorgung, Fürsorge und Stabilität stehen.
Wer am Muttertag in der Apotheke arbeitet, tut das nicht aus Mangel an Wertschätzung, sondern trotz ihrer Abwesenheit. Die Wertschätzung, die zählt, müsste struktureller Natur sein: familienfreundlichere Dienstpläne, bessere Bezahlung, mehr Personal – echte Entlastung statt symbolischer Rosen. Solange diese Realität nicht Teil des politischen Diskurses wird, bleibt der Muttertag für viele nur eines: ein weiterer Tag im Dienst.
Die stille Erosion des Apothekenbetriebs
Wie wirtschaftliche Fehlentscheidungen schleichend Substanz und Zukunftsperspektiven gefährden
Zahlreiche Apotheken in Deutschland sehen sich heute mit wirtschaftlichen Herausforderungen konfrontiert, die nicht erst seit gestern bestehen. Vielmehr haben sich über Jahre hinweg strukturelle Schwächen aufgebaut, die nun in einer Phase verschärfter Marktveränderungen und wachsender Kosten sichtbar werden. In Hintergrundgesprächen berichten viele Apothekeninhaber offen davon, welche unternehmerischen Entscheidungen sie heute anders treffen würden. Die daraus resultierende Analyse legt eine Vielzahl von Versäumnissen offen – beginnend mit einer fehlenden betriebswirtschaftlichen Grundausstattung.
Viele Apotheken wurden von Menschen gegründet, die als Heilberufler glänzen, jedoch kaum auf die Rolle als Unternehmer vorbereitet waren. Die Führung der Betriebe erfolgte häufig ohne solide Liquiditätsplanung, ohne strukturierte Budgetierung und ohne ausreichende Rücklagenbildung. Einnahmen wurden direkt zur Deckung laufender Kosten genutzt – ohne Rücksicht auf mögliche Zahlungsausfälle oder saisonale Schwankungen. Diese operative Kurzsichtigkeit führte zu einer prekären Abhängigkeit von Zahlungszielen, knappen Dispokrediten und mangelnder Flexibilität bei Marktveränderungen.
Zudem wurden betriebswirtschaftliche Frühwarnsysteme in vielen Apotheken nie etabliert oder verlässlich genutzt. Monatliche Auswertungen blieben unbeachtet, betriebliche Kennzahlen wurden ignoriert oder fehlinterpretiert. Rückläufige Umsätze im OTC-Bereich oder sinkende Lagerumschlagshäufigkeiten wurden als temporäre Ausreißer abgetan. Die strukturellen Trends, etwa die Verlagerung der Kunden hin zu Online-Angeboten oder der Preisverfall bei rezeptfreien Produkten, wurden erst spät als Bedrohung erkannt.
Auch vertragliche Bindungen gerieten zum Problem. Mieten, Kredite, Einkaufsbedingungen – all das blieb oft unverändert, obwohl sich das Umfeld gravierend änderte. Die Möglichkeit, über Vertragsverhandlungen finanzielle Spielräume zu schaffen, wurde selten genutzt. Dadurch fehlten in Krisenzeiten die Mittel für Neuausrichtungen oder Investitionen. Diese wirtschaftliche Passivität verfestigte über Jahre einen Zustand wachsender Verwundbarkeit.
Ein unterschätzter Faktor ist auch die ungenutzte Zusammenarbeit mit Steuerberatern. Viele Apotheken verstanden den Steuerberater primär als externen Buchungsdienstleister – nicht als betriebswirtschaftlichen Sparringspartner. BWA wurden weder regelmäßig gelesen noch interpretiert, Investitionsentscheidungen blieben vom „Bauchgefühl“ gesteuert. So entstanden zahlreiche Fehlallokationen: veraltete Technik, ineffiziente Personalstrukturen, fehlende Digitalisierung.
Hinzu kommt das völlige Fehlen strategischer Zielbilder. Kaum eine Apotheke definierte in guten Jahren, welche Rolle sie in fünf oder zehn Jahren im Gesundheitsmarkt spielen will. Stattdessen folgte man dem Tagesgeschäft – reaktiv, nicht vorausschauend. Der notwendige Wandel zur spezialisierten Dienstleistungsapotheke, zur digitalen Kundenansprache oder zur pharmazeutischen Beratungsinstanz wurde zögerlich, unvollständig oder gar nicht vollzogen.
In wirtschaftlich guten Jahren hätten Rücklagen gebildet werden können – doch sie wurden häufig ausgeschöpft, um private Anschaffungen zu finanzieren oder Personalkosten auszuweiten. Diese Sorglosigkeit rächt sich heute. Denn in wirtschaftlich schwierigen Zeiten – etwa bei Pandemien, Softwareausfällen oder Lieferengpässen – fehlt der finanzielle Spielraum für eine aktive Krisenbewältigung.
Nicht zu unterschätzen ist das Defizit an Risikomanagement. Viele Apotheken verfügen bis heute weder über Notfallpläne noch über klar definierte Abläufe für IT-Störungen, plötzliche Personalausfälle oder Lieferprobleme. Der Umgang mit Cyberrisiken oder regulatorischen Änderungen erfolgt oft improvisiert. Damit verbunden ist ein Vertrauensverlust bei Patienten, Partnern und Dienstleistern – ein Risiko, das sich nicht allein in Zahlen abbilden lässt.
Auch die digitale Transformation verläuft vielfach schleppend. Technische Systeme werden zwar angeschafft, doch ihre strategische Integration bleibt aus. Kommunikation mit Kunden, digitale Rezeptverarbeitung oder Online-Marketing – all das bleibt rudimentär. Der Rückstand gegenüber professionellen Versandapotheken oder digitalaffinen Neugründungen wird immer größer.
Und schließlich: Die Isolation vieler Apothekenleitungen. Der Austausch mit Kollegen, das Nutzen betriebswirtschaftlicher Netzwerke, das Benchmarking mit erfolgreichen Modellen blieb aus. Man arbeitete in seiner Apotheke – aber selten am Apothekenmodell. Das Ergebnis ist ein struktureller Stillstand, der sich in betrieblicher Lähmung niederschlägt.
Die Summe dieser Versäumnisse ist heute sichtbar: Schwindende Rentabilität, eingeschränkte Investitionsfähigkeit, wachsender Wettbewerbsdruck. Wer in wirtschaftlich besseren Zeiten keinen strukturellen Unterbau geschaffen hat, gerät in Phasen des Umbruchs schnell ins Straucheln.
Die wirtschaftlichen Probleme vieler Apotheken sind hausgemacht – nicht im Sinne individueller Schuld, sondern struktureller Verantwortungslosigkeit. Wer ein hochreguliertes Unternehmen wie eine Apotheke führt, kann sich betriebswirtschaftliche Ahnungslosigkeit nicht leisten. Der Irrglaube, dass fachliche Kompetenz allein den Betrieb sichert, ist nicht nur naiv, sondern gefährlich.
Die Apothekenlandschaft wurde über Jahrzehnte hinweg von einer Mischung aus stabilen Rahmenbedingungen und staatlicher Vergütung getragen. Doch mit der Erosion dieser Grundlagen tritt nun die unternehmerische Realität hervor: Wer nicht steuert, wird gesteuert. Wer sich nicht vorbereitet, wird überrascht. Wer nicht plant, wird verdrängt.
Es reicht nicht mehr, sich auf verlässliche Kundenströme oder gewachsene Stammkundschaft zu verlassen. Die Marktmechanismen haben sich verändert – durch Digitalisierung, durch neue Konkurrenzformen, durch veränderte Patientenerwartungen. In diesem Umfeld überleben nicht die Apotheken mit der schönsten Offizin oder dem ältesten Logo, sondern jene, die wirtschaftlich präzise und strategisch fokussiert arbeiten.
Dazu gehört mehr als nur Zahlen zu kennen – es geht um betriebswirtschaftliches Denken. Um die Fähigkeit, aus Kennzahlen Handlung abzuleiten. Um den Mut, unproduktive Strukturen zu hinterfragen. Um die Bereitschaft, sich regelmäßig selbst infrage zu stellen. Und nicht zuletzt: um den Willen, sich weiterzubilden, Erfahrungen zu teilen und sich externe Expertise aktiv zu holen.
Die Einsicht vieler Apothekenleiterinnen und -leiter, in der Rückschau unternehmerisch falsch gehandelt zu haben, ist ein erster Schritt. Doch entscheidend ist der zweite: aus dieser Einsicht Konsequenzen zu ziehen. Strategien zu entwickeln. Verantwortung zu übernehmen. Nicht zu hoffen, dass alles besser wird – sondern dafür zu sorgen, dass es besser wird.
Die gute Nachricht ist: Apotheken müssen keine Konzerne sein, um professionell geführt zu werden. Doch sie müssen aufhören, sich mit dem Minimum zufriedenzugeben. Die Zukunft wird denen gehören, die wirtschaftliche Führung als Teil ihres Berufsethos begreifen. Wer das tut, wird nicht nur überleben – sondern gestalten.
Apothekenpräsident lobt pDL, doch Zahlen sprechen dagegen
Thomas Preis zieht erste Bilanz – und verteidigt eine Erfolgsformel, die kaum genutzt wird
Thomas Preis ist seit etwas mehr als 100 Tagen Präsident der ABDA und zugleich das neue Gesicht der bundesdeutschen Apothekenpolitik. In seinem ersten öffentlichen Fazit versucht er, der Branche Zuversicht zu vermitteln – mit Verweis auf das neue Positionspapier der ABDA, das eine gesunde Zukunft mit mehr Kompetenzen, Präventionsleistungen und einer überfälligen Honorarreform in Aussicht stellt. Der Zeitpunkt der Veröffentlichung war nicht zufällig gewählt: Parallel zur Vorstellung des Koalitionsvertrags der neuen Bundesregierung wollte man Signale setzen. Und zumindest auf dem Papier lassen sich durchaus Übereinstimmungen mit den politischen Plänen der neuen schwarz-roten Regierung erkennen.
Doch wer genauer hinsieht, erkennt die Lücke zwischen Anspruch und Wirklichkeit. Preis verweist voller Überzeugung auf die pharmazeutischen Dienstleistungen, die er als „Erfolgskonzept“ feiert. Die Realität zeigt jedoch ein deutlich nüchterneres Bild: Weniger als die Hälfte der deutschen Apotheken rechnet pDL überhaupt ab. Im ersten Halbjahr 2024 waren es lediglich knapp 7.800 Apotheken, die diese Angebote genutzt haben – bei rund 18.000 Betrieben bundesweit. Dabei steht ein jährliches Honorarvolumen von 150 Millionen Euro zur Verfügung. Im gesamten Jahr 2023 wurden davon nur rund 18 Millionen Euro abgerufen. Die Zahlen für 2024 liegen noch nicht abschließend vor, dürften aber kaum signifikant höher sein.
Die Folge: Mehr als 300 Millionen Euro haben sich inzwischen im pDL-Fonds angesammelt – ein Betrag, der angesichts angespannter Haushaltslagen Begehrlichkeiten bei den Krankenkassen weckt. Preis sieht das gelassen und betont, dass die geplante Honorarerhöhung der Apotheken, wie im Koalitionsvertrag angedeutet, nur übergangsweise aus dem pDL-Topf finanziert werden solle. Langfristig müsse das Geld jedoch aus anderen Quellen kommen. Konkrete Vorschläge bleibt er schuldig, verweist aber auf ein grundlegendes Problem: Die Vergütung heilberuflicher Leistungen dürfe nicht länger abhängig von der Kassenlage gemacht werden. Die Politik müsse sich entscheiden, ob sie ein solidarisches Gesundheitssystem will – und dieses auch finanziert.
Abgesehen von der programmatischen Ankündigung fehlt es bislang allerdings an konkreten Erfolgen. Das liegt zum Teil auch daran, dass die neue Bundesregierung erst in dieser Woche ihre Arbeit aufgenommen hat. Preis setzt auf einen baldigen Dialog – nicht nur mit der neuen Bundesgesundheitsministerin Nina Warken, sondern auch mit Katharina Reiche, die als Bundeswirtschaftsministerin für das Apothekenhonorar zuständig ist. Ein erstes Gespräch zwischen den dreien wäre mehr als symbolisch – es wäre dringend nötig. Denn ohne ein politisches Commitment droht das ambitionierte Positionspapier der ABDA zur Makulatur zu werden.
Währenddessen bleibt die Branche abwartend. Viele Apothekerinnen und Apotheker sehen in den pDL keine Entlastung, sondern eine neue bürokratische Last – bei ungewisser Vergütung, komplizierter Abrechnung und teils inadäquaten Rahmenbedingungen. Die Bereitschaft, diese Leistungen flächendeckend anzubieten, ist bislang ausgeblieben. Die Hoffnung ruht nun auf einem politischen Neustart. Ob Preis daraus Kapital schlagen kann, wird sich an konkreten Verbesserungen für die Apothekenpraxis messen lassen – nicht an wohlklingenden Papieren.
Wer die erste Bilanz von ABDA-Präsident Thomas Preis hört, könnte fast glauben, dass sich der Berufsstand der Apotheker auf einem neuen Erfolgsweg befindet. Die Sprache ist optimistisch, das Positionspapier programmatisch, die pharmazeutischen Dienstleistungen gelten als Zukunftsinstrument. Doch wer sich nicht blenden lässt, sieht vor allem eines: einen Mangel an Wirksamkeit.
Dass Preis die pDL öffentlich verteidigt, ist politisch nachvollziehbar. Doch die Zahlen sind eindeutig: Sie werden nur schleppend angenommen, die Fördermittel bleiben liegen, und die Wirklichkeit in den Apotheken ist von Praxisnähe und Dynamik weit entfernt. Der Erfolg, den Preis reklamiert, existiert bislang vor allem rhetorisch. Wer ein „Erfolgskonzept“ ausruft, dessen Hauptmerkmal die Nichtausschöpfung des Budgets ist, stellt sich unweigerlich die Frage, ob hier Wunsch und Wirklichkeit verwechselt werden.
Noch problematischer ist die fehlende Antwort auf die Frage der künftigen Finanzierung. Wenn Preis fordert, das Apothekenhonorar von der Finanzlage der GKV zu entkoppeln, hat er zwar einen Punkt – doch auch diese Forderung bleibt vage, solange keine belastbaren Modelle präsentiert werden. Das Vertrauen in die Politik wächst nicht durch Absichtserklärungen, sondern durch Durchsetzungsfähigkeit. Gerade deshalb wäre jetzt der Moment, Klartext zu reden.
Es braucht ein realistisches Bild des Status quo: Die Apothekenlandschaft steht unter Druck, personell wie wirtschaftlich. Ein ambitioniertes Papier hilft nur dann, wenn es politisch verankert wird. Und wenn die ABDA einen Neuanfang will, muss sie in der politischen Arena auch durchsetzungsfähig auftreten. Ein Dreiertreffen mit Warken und Reiche wäre ein Anfang – aber es muss mehr kommen als nur Kennenlernen. Preis steht vor der Aufgabe, nicht nur Worte zu liefern, sondern Wirkung zu erzeugen. Sonst bleibt seine Amtszeit ein weiteres Kapitel der vertanen Chancen.
Preis setzt Frist für Lauterbachs Erben
Fixum, Skonto, Zukunftskonzept – die ersten 100 Tage werden zur Nagelprobe
Thomas Preis hat auf der Mitgliederversammlung des Apothekerverbands Nordrhein ein politisches Signal gesetzt, das nicht nur im eigenen Landesverband, sondern auch in Berlin Resonanz erzeugen dürfte. Als frisch gewählter Abda-Präsident betonte er, dass Nordrhein seine „Homebase“ bleibe, und verband diese Standorttreue mit einer klaren Erwartung an die neue Führung im Bundesgesundheitsministerium. Der Ton war verbindlich, aber unmissverständlich: Preis fordert nicht weniger als eine Umsetzung zentraler apothekenpolitischer Vorhaben – Fixhonorarerhöhung und Aufhebung des Skontoverbots – innerhalb der ersten 100 Tage der neuen Amtszeit.
Dabei sieht er sich nicht nur als Interessenvertreter des größten Apothekerverbands Deutschlands, sondern als Stimme eines Berufsstands, der bereit sei, sich weiterzuentwickeln. Voraussetzung sei allerdings eine wirtschaftlich belastbare Grundlage. „So schnell wie möglich“ bedeute nicht irgendwann, sondern „in den ersten 100 Tagen“, betonte Preis mehrfach und richtete seine Forderung damit direkt an Bundesgesundheitsministerin Nina Warken und die parlamentarische Staatssekretärin Beate Reiche. Die Koalition habe sich in ihrem Vertrag zu einem höheren Fixum bekannt – nun sei es an der Zeit, den Worten auch Taten folgen zu lassen.
Preis verwies auf das Positionspapier „In eine gesunde Zukunft mit der Apotheke“, das die Abda parallel zum Koalitionsvertrag veröffentlicht hatte. Darin enthalten ist ein klares Bekenntnis zur Weiterentwicklung des Apothekerberufs, zur Prävention, zur Stärkung pharmazeutischer Kompetenzen. Doch Preis weiß: Solche Konzepte bleiben Theorie, wenn die wirtschaftlichen Grundlagen fehlen. Gerade bei einem Ausbau des Leistungsangebots stoße man rasch an systemische Grenzen. Der Vorschlag der Regierung, Apotheken könnten in Zukunft zusätzliche Aufgaben übernehmen, gehe an der Realität vieler Betriebe vorbei – es seien vor allem die ökonomisch starken Apotheken, die neue Services überhaupt umsetzen könnten.
Preis verknüpfte seine Forderungen mit einem Appell an den politischen Stil im neuen Bundesgesundheitsministerium. Er wünsche sich einen gleichberechtigten Dialog, ein Ende der Einbahnstraßen-Kommunikation, wie sie unter Karl Lauterbach gängige Praxis war. Die Apothekerschaft, so Preis, sei bereit zur Mitgestaltung – aber nur, wenn auch die Politik ihren Teil erfülle. Dabei schwang nicht nur Selbstbewusstsein, sondern auch eine klare Erwartungshaltung mit: Wer Vertrauen wolle, müsse auch liefern.
Preis’ Auftritt wurde von den Delegierten des Apothekerverbands Nordrhein mit großem Beifall aufgenommen. Doch im Hintergrund bleiben leise Zweifel. Nicht alle Mitglieder des Berufsstands teilen uneingeschränkt die Hoffnung auf einen Neuanfang oder stehen uneingeschränkt hinter dem Abda-Zukunftskonzept. Immer wieder wird kritisch hinterfragt, ob die zentralistisch ausgerichtete Strategie tatsächlich alle Apothekentypen berücksichtigt – insbesondere kleinere Landapotheken oder wirtschaftlich unter Druck stehende Betriebe.
Eines aber hat Thomas Preis unmissverständlich deutlich gemacht: Die nächsten 100 Tage werden zur Nagelprobe für die neue Gesundheitspolitik. Zwischen Vertrauen und Enttäuschung liegt ein schmaler Grat – und am Ende entscheidet die Umsetzung, nicht das Papier.
Thomas Preis hat in seiner Doppelfunktion als Abda-Präsident und Chef des Apothekerverbands Nordrhein ein rhetorisch klug gesetztes Signal ausgesendet – eines, das an die Regierung, an die Basis und an die eigene Organisation gleichermaßen gerichtet ist. Sein Appell, zentrale Reformversprechen innerhalb von 100 Tagen umzusetzen, ist nicht nur eine politische Fristsetzung, sondern auch eine strategische Wette auf Sichtbarkeit und Wirkung.
Dabei nutzt Preis die Gunst des Moments. Die neue Bundesregierung sucht nach Stabilität, Orientierung und Partnern im Gesundheitswesen. Indem Preis die Apotheken als handlungswillige Fachinstanz präsentiert, macht er ein politisches Angebot. Dieses Angebot ist allerdings konditioniert: Ohne wirtschaftliche Absicherung bleibt der politische Handlungsspielraum der Apotheken illusorisch. Der Hinweis auf das Zukunftspapier ist daher mehr als Symbolik – es ist ein Testfall für Glaubwürdigkeit.
Doch genau hier beginnt das Dilemma. Denn Preis baut auf einen politischen Willen, der sich erst noch beweisen muss. Die Referenz auf die ersten 100 Tage ist ein historisch aufgeladener Maßstab – er ist bewusst gewählt. In dieser Frist zeigt sich, ob die neue Regierung mehr ist als ein personelles Update. Und sie zeigt, ob die Abda-Führung mehr ist als ein Nachlassverwalter überhöhter Erwartungen.
Zugleich zeigt Preis mit seinem Verweis auf die Leistungsbereitschaft der Apotheken auch ein strukturelles Problem auf, das in der politischen Debatte gerne ausgeblendet wird: Innovationen und zusätzliche Leistungen lassen sich nicht aus dem Nichts stemmen. Sie setzen stabile Einnahmestrukturen voraus, Planungssicherheit, Personal. Wer mehr erwartet, muss auch mehr geben. Der wirtschaftliche Kern jeder Reform lässt sich nicht übergehen – daran wird sich auch das BMG messen lassen müssen.
Die nächsten Wochen werden zeigen, ob Preis seine Fristsetzung durchhalten kann, ohne sie zur leeren Drohkulisse verkommen zu lassen. Und ob es ihm gelingt, die kritischen Stimmen im eigenen Berufsstand zu integrieren, statt sie zu übertönen. Denn der Vertrauensvorschuss, den er von seinen Mitgliedern wie auch von der Politik einfordert, ist an ein Versprechen geknüpft: Dass die Interessenvertretung der Apotheker nicht nur fordern, sondern auch führen kann. Sollte dieses Versprechen scheitern, wäre nicht nur der Präsident beschädigt – sondern der gesamte Berufsstand geschwächt.
Lauterbach verabschiedet sich mit Pathos, Warken startet mit Demut
Der Gesundheitsminister geht mit Lob auf sich selbst, seine Nachfolgerin verspricht einen neuen Stil
Mit Pathos und einem Schuss Eigenlob hat Karl Lauterbach seinen Abschied vom Amt des Bundesgesundheitsministers inszeniert. In seiner letzten Rede vor dem versammelten Ministerium zeichnete er ein Bild von einer hochkomplexen politischen Arena, deren Herausforderungen er mit kämpferischem Eifer begegnet sei. Das Gesundheitsressort gehöre nicht zu den beliebten Ministerien, stellte Lauterbach fest, denn es sei geprägt von einer „machtvollen Selbstverwaltung“ und einer Vielzahl durchsetzungsstarker Lobbygruppen. Die Gesundheitsausgaben überstiegen mit über 500 Milliarden Euro sogar den Bundeshaushalt – ein Hinweis auf die ökonomische Wucht des Sektors, aber auch auf seine Verwundbarkeit.
In gewohnt analytischer Manier diagnostizierte Lauterbach die strukturellen Defizite des Systems: ineffizient, teuer, qualitativ mittelmäßig. Dazu geselle sich eine eklatante Rückständigkeit in der Digitalisierung sowie ein eklatantes Defizit in der Präventionsmedizin. Lösungen, so Lauterbach, könnten nur gegen den Widerstand der Interessenvertretungen durchgesetzt werden – ein Seitenhieb auf jene, die seinen Kurs in den letzten Jahren kritisiert hatten. Dabei machte er klar, dass er sich selbst als Teil der Lösung sieht, nicht des Problems. Das Ministerium lobte er als eines der effizientesten Häuser der Bundesregierung, seine Mitarbeitenden als hochkompetent und belastbar. Und nicht zuletzt lobte er sich indirekt selbst – als willensstarken Minister, der sich in Details einmischt, aber auch zuhören könne. Für ihn sei das Amt ein „Traumjob“ gewesen, eine letzte persönliche Note, die eine emotionale Bindung zur Aufgabe suggerieren soll.
Wie diese Selbstdarstellung bei seiner Nachfolgerin Nina Warken ankam, bleibt Spekulation. Die neue Ministerin, zuvor vor allem in der Innen- und Rechtspolitik aktiv, zeigte sich in ihren ersten Worten betont zurückhaltend und sachorientiert. Sie bedankte sich bei Lauterbach, würdigte seine Leidenschaft und seine Fachkenntnis, ließ aber keine inhaltlichen Anknüpfungspunkte erkennen. Stattdessen kündigte sie an, das Gesundheitswesen im Sinne des Koalitionsvertrags weiterentwickeln zu wollen. Jede Abteilung des Hauses wolle sie persönlich kennenlernen, auch weil es sich um ein Ministerium handele, das als „Gesetzgebungsmaschine“ gilt. In ihrer Tonlage unterschied sich Warken deutlich von ihrem Vorgänger. Sie übernehme das Amt „in großer Demut“, betonte sie – eine Formulierung, die signalisiert: Es geht nicht um persönliche Heldenreisen, sondern um politische Verantwortung.
Mit dieser klaren Abgrenzung von Lauterbachs Stil setzt Warken erste Akzente. Wo der alte Minister sich als Impulsgeber und intellektuelle Reizfigur verstand, versucht die neue Amtsinhaberin offenbar zunächst Vertrauen durch Struktur und Dialog aufzubauen. Die Aufgaben sind immens, die Erwartungen hoch – in einem Gesundheitswesen, das sich in den vergangenen Jahren immer weiter zwischen Selbstverwaltung, föderalen Blockaden und politischen Experimenten aufgerieben hat. Ob Warken dabei einen neuen Kommunikationsstil etablieren kann, wird nicht zuletzt davon abhängen, wie sie mit den alten Baustellen und neuen Zielvorgaben der Koalition umgeht.
Karl Lauterbach geht, wie er regiert hat: mit intellektuellem Anspruch, ausgeprägter Eigenwahrnehmung und einem Hang zum moralischen Appell. Dass er seine Amtszeit in der Rückschau als Traumjob bezeichnet, sagt weniger über die objektiven Erfolge seiner Amtsführung als über sein Selbstverständnis als politischer Akteur. Lauterbach war nie ein reiner Verwaltungsminister. Er sah sich als Gestalter, Aufklärer, auch als Mahner – jemand, der Widerstände nicht nur hinnimmt, sondern als Bestätigung seiner Richtigkeit interpretiert. Doch genau diese Haltung war es auch, die ihn von vielen in der Branche entfremdete. Die Selbstverwaltung, die er als zäh und machtbewusst kritisierte, fühlte sich von ihm nicht selten übergangen oder belehrt. Dass seine Erfolge in der Impfpolitik oder der Digitalisierung weit hinter den Ankündigungen zurückblieben, blendet Lauterbach im Abschied aus.
Dass er das Gesundheitsministerium als eines der effizientesten Häuser lobt, wirkt wie eine Replik auf Kritiker, die ihm genau das Gegenteil vorwarfen: Prozesschaos, überforderte Strukturen und Reformstaus. Seine letzte Rede ist daher nicht nur Bilanz, sondern auch Rechtfertigung – und nicht zuletzt ein Versuch, das politische Narrativ seiner Amtszeit zu kontrollieren, bevor andere es tun.
Nina Warken hingegen startet mit dem Vorteil niedriger Erwartungen. Ihr Auftritt war unprätentiös, ruhig, vielleicht bewusst uneindeutig. Gerade das könnte aber ihre Chance sein. Denn in einem System, das unter Übersteuerung leidet, wirkt ein moderater Ton wohltuend. Ihre Ankündigung, die Strukturen des Hauses zunächst genau kennenzulernen, klingt nach einer strategischen Vergewisserung – nicht nach Zögern. Dass sie sich als Ministerin „in Demut“ einführt, ist mehr als ein rhetorischer Kniff. Es signalisiert: Die Zeit der Lautstärke ist vorbei, nun beginnt die Phase der stillen Arbeit.
Ob dieser Stil reicht, um die großen Herausforderungen – von der Klinikreform bis zur digitalen Transformation – zu bewältigen, bleibt abzuwarten. Doch der Wechsel an der Spitze könnte nicht nur symbolisch bedeutsam sein. Vielleicht steht das Bundesgesundheitsministerium tatsächlich vor einem Wandel: weg vom Selbsterklärungsmodus, hin zur strukturierten Umsetzung. Wenn das gelingt, wäre Warkens Amtsantritt mehr als nur ein Stilbruch – er wäre ein politischer Neuanfang.
Ein Minister verschwand aus der Realität
Lauterbach regierte am liebsten via Talkshow und Video, nicht mit denen, die seine Gesetze umsetzen mussten
Karl Lauterbach hat das Bundesgesundheitsministerium verlassen, doch sein Nachhall bleibt spürbar – nicht in Gesprächen mit jenen, die seine Politik umzusetzen hatten, sondern in Videoansprachen, Talkshow-Sätzen und sozialen Medien. Für viele in der Apothekerschaft bleibt sein Name mit einer Amtsführung verbunden, die von digitaler Sichtbarkeit, aber persönlicher Abwesenheit geprägt war. In keiner Phase seiner Amtszeit suchte er systematisch den Austausch mit den Apotheken, deren Arbeitsalltag und Herausforderungen er regulierte. Die Begegnung mit der Standesvertretung der Apotheker, der ABDA, ließ neun Monate auf sich warten. Persönlich erschien er nie auf einem Deutschen Apothekertag. Was blieb, waren Videobotschaften – distanziert, formal korrekt, aber ohne erkennbare Empathie oder Bereitschaft zum Dialog auf Augenhöhe.
Dabei mangelte es Lauterbach nicht an öffentlichen Anerkennungsformeln für die Berufsgruppe. Immer wieder hob er die Leistungen der Apotheken während der Pandemie, bei Impfkampagnen oder Engpässen hervor. In Talkshows nannte er sie systemrelevant, in Interviews lobte er ihre „fantastische Arbeit“. Doch diese verbalen Ehren bekamen keinen praktischen Widerhall in Gesetzgebungsverfahren oder struktureller Unterstützung. Die Umsetzung pharmazeutischer Dienstleistungen (pDL) wurde durch hohe bürokratische Hürden ausgebremst, die versprochene Entlastung auf dem Land blieb fragmentarisch, und der Digitalisierungsdruck stieg weiter – ohne Rücksicht auf personelle und technische Kapazitäten in den Betrieben.
Der digitale Fortschritt, den Lauterbach mit Nachdruck vorantrieb, war dabei ambivalent: Das E-Rezept funktioniert mittlerweile leidlich, wenn auch mit weiterhin technischen Reibungsverlusten. Die elektronische Patientenakte, die er als Herzstück seiner Amtszeit verstand, soll erst im Oktober 2025 zur Pflicht für Leistungserbringer werden. Die Frage, wie Apotheken mit unvollständig digitalisierten Praxen, heterogenen Systemlandschaften und wachsendem Dokumentationsaufwand umgehen sollen, blieb unbeantwortet. Lauterbachs Digitalgesetzgebung hatte die Geschwindigkeit eines Durchmarsches, aber nicht die Präzision eines abgestimmten Modernisierungsprozesses.
Sein Verhältnis zu Lobbygruppen war erklärtermaßen distanziert. In seiner Abschiedsrede betonte er, man müsse in einem 500-Milliarden-Euro-Bereich gegen mächtige Interessen regieren. Dieser Hinweis wirkte retrospektiv wie eine Legitimation seiner Kommunikationsstrategie: wenig Austausch, viel Anordnung. Doch in der Versorgungsrealität führte dieser Stil zu Frustration. Apotheken, die immer wieder mit neuen Vorschriften, Kürzungen und Belastungen konfrontiert wurden, fühlten sich nicht gehört – weder inhaltlich noch strukturell.
Symbolisch verdichtet sich Lauterbachs Amtszeit in seiner Apothekenreform, die Apotheken ohne anwesende Apotheker ermöglichen sollte. Ein Vorschlag, der nicht nur den Berufsstand alarmierte, sondern auch in der eigenen Partei auf Widerstand stieß. Der Entwurf wurde nie Gesetz, aber er verdeutlichte das grundlegende Missverständnis, das Lauterbachs Politik gegenüber der Apothekerschaft prägte: Apotheken wurden nicht als gestaltende Leistungserbringer wahrgenommen, sondern als veränderbare Verwaltungsstellen einer zentralisierten Versorgungsidee. Diese Sichtweise ignorierte die Bedeutung persönlicher Beratung, die Verwurzelung der Apotheken in ihren lokalen Gesundheitsnetzwerken und die systemstabilisierende Funktion der inhabergeführten Strukturen.
Nach seinem Rückzug bleibt ein geteiltes Bild zurück: Auf der einen Seite ein Minister, der mit Zahlen, Daten und Strukturreformen für sich in Anspruch nahm, das Gesundheitssystem moderner und effizienter gemacht zu haben. Auf der anderen Seite ein Berufsstand, der sich von diesem Minister nie wirklich gemeint fühlte – obwohl er regelmäßig adressiert wurde. Lauterbachs Amtsführung war geprägt von einer medialen Allgegenwart, aber einer realen Distanz zu den konkreten Vollzugsproblemen vor Ort. Dass die Apothekerschaft nach seinem Abgang aufatmet, ist weniger eine ideologische als eine kommunikative Reaktion.
Die Hoffnung richtet sich nun auf eine Nachfolgerin, die das direkte Gespräch sucht. Nina Warken, die neue Gesundheitsministerin, betonte in ersten Stellungnahmen ihre Dialogbereitschaft und kündigte Gespräche mit Leistungserbringern an. Ob das genügt, um verlorenes Vertrauen wieder aufzubauen, bleibt offen. Doch eines steht fest: Gesundheitspolitik aus der Ferne hat ihre Grenzen – besonders dann, wenn sie sich an Menschen richtet, die täglich vor Ort Verantwortung tragen.
Die Ära Lauterbach endet so, wie sie geführt wurde: mit einer Mischung aus programmatischer Zielstrebigkeit, öffentlicher Selbstvergewisserung und einem auffallenden Mangel an tatsächlicher Nähe zur Versorgungsrealität. Für die Apothekerschaft war diese Amtszeit eine Lektion in verordneter Distanz. Ein Minister, der mit warmen Worten zu beeindrucken wusste, aber keine strukturelle Verbindlichkeit entwickelte, hinterlässt nicht nur juristische Regelwerke, sondern auch ein tiefes kommunikatives Vakuum. Seine Strategie, öffentliche Kommunikation zu bevorzugen und interne Abstimmungsprozesse zu minimieren, war kein Zufall, sondern Teil seines Politikverständnisses. Dass er sich erst neun Monate nach Amtsantritt mit der ABDA traf, war Ausdruck eines systemischen Ignorierens, nicht bloßer Termindruck.
Lauterbachs Unnahbarkeit war dabei kein persönlicher Mangel, sondern politisches Prinzip. Er wollte nicht moderieren, sondern korrigieren. Er sah das System als fehleranfällig, ineffizient und lobbyverseucht – und sich selbst als medizinisch legitimierten Systemerneuerer. Was dabei auf der Strecke blieb, war der Realitätsabgleich mit jenen, die das System im Alltag zusammenhalten. Dass Apotheken mit ständigen Reformen, Bürokratieauflagen und digitalen Rollouts überfordert wurden, blieb in seiner Amtskommunikation weitgehend unerwähnt. Seine Aussagen zur Systemrelevanz der Apotheken wirkten daher hohl: anerkennend im Ton, aber folgenlos in der politischen Umsetzung.
Besonders frappierend war die Diskrepanz zwischen Lauterbachs Nähe zur Öffentlichkeit und seiner Ferne zur Fachöffentlichkeit. Wer nahezu täglich in Talkshows sitzt, aber nie den Apothekertag besucht, setzt ein Signal – ob beabsichtigt oder nicht. Er vermittelte, dass das Gespräch mit der breiten Bevölkerung wichtiger sei als das mit den Leistungserbringern. Das Ergebnis: Die Apothekerschaft fühlte sich gesehen, aber nicht verstanden. Gelobt, aber nicht eingebunden. Und schlussendlich: reglementiert, aber nicht vertreten.
Die von ihm angestoßene Apothekenreform steht symbolisch für diesen Grundkonflikt. Apotheken ohne Apotheker sollten laut Gesetzesentwurf möglich werden – ein Affront gegen die berufsrechtliche und fachliche Identität der Pharmazie. Dass selbst Mitglieder seiner Partei diesen Plan zurückwiesen, zeigt, wie sehr Lauterbach den Draht zur eigenen politischen Realität verlor. Reformen, die auf Modellversuchen und Entgrenzungen basieren, aber keine nachhaltige Strategie für Versorgungsgerechtigkeit entwickeln, erzeugen Unsicherheit – nicht Innovation.
Nun richtet sich der Blick auf Nina Warken. Die Frage ist nicht nur, ob sie andere Gesetze machen wird, sondern ob sie einen anderen Regierungsstil pflegt. Ob sie den Kontakt zu den Verbänden nicht nur verspricht, sondern pflegt. Ob sie die Leistungserbringer nicht nur anspricht, sondern einbindet. Die Messlatte liegt niedrig, die Erwartungen sind hoch. Denn nach Jahren der Distanz reicht vielleicht schon ein echtes Gespräch, um als Ministerin der Apotheken ernst genommen zu werden.
Fixum, Korridor, Komplexität
Erhöhungen für Landapotheken geraten zur Systemfrage
Die politische Forderung nach einer Erhöhung des Apothekenfixums auf 9,50 Euro ist nicht neu, doch sie hat durch den Wechsel im Bundesgesundheitsministerium neuen Auftrieb erhalten. Abda-Präsident Thomas Preis drängt auf eine rasche Umsetzung, idealerweise innerhalb der ersten 100 Tage der neuen Bundesregierung. Doch dieser Wunsch trifft auf strukturelle Realitäten, die sich nicht mit einer pauschalen Anpassung überdecken lassen. Der Koalitionsvertrag sieht zwar nicht nur die Erhöhung auf 9,50 Euro vor, sondern auch eine Sonderregelung für Landapotheken: In einem "Korridor" soll das Fixum für besonders unterversorgte Regionen bis zu 11 Euro betragen dürfen. Finanziert werden soll dies aus Mitteln der pharmazeutischen Dienstleistungen – konkret: 75 Millionen Euro pro Jahr. Doch wie dieser Korridor konkret ausgestaltet werden könnte, bleibt bislang vage.
Was bedeutet "Landapotheke"? Wo beginnt die Unterversorgung? Welche Regionen sind prioritär? Und wie lässt sich zusätzliches Honorar auszahlen, ohne das bundeseinheitliche Abgabepreisprinzip zu durchbrechen? Fragen, auf die weder das Ministerium noch die Abda bislang klare Antworten gegeben haben. Einzig der DAZ-Wirtschaftsanalyst Dr. Thomas Müller-Bohn hat bislang öffentlich praktikable Ideen vorgelegt, wie der Korridor modellhaft ausgestaltet werden könnte – etwa durch regional differenzierte Zuschläge bei gleichbleibender Preisstruktur oder durch Zuschüsse pro abgegebener Packung in Abhängigkeit vom Versorgungsgrad.
Doch es regt sich auch Widerstand gegen dieses Modell. Der Bayerische Apothekerverband etwa kritisiert die Definition von "ländlich" als willkürlich und potenziell ungerecht. "Landapotheke ist überall", so BAV-Chef Hans-Peter Hubmann auf dem Bayerischen Apothekertag in Regensburg. Es gebe strukturell benachteiligte Apotheken auch in städtischen Randlagen oder einkommensschwachen Quartieren. Ein Zuschussmodell nur für formal ländliche Regionen greife deshalb zu kurz. Auch das Abstellen auf regionale Versorgungsgrade sei laut Hubmann schwer praktikabel und könne zu Fehlanreizen führen. Stattdessen wirbt er für ein alternatives Mengenmodell, das sich an den ersten 20.000 verschreibungspflichtigen Packungen pro Jahr und Apotheke orientiert. Dieser Vorschlag stammt von Dr. Sebastian Schwintek von der Treuhand Hannover und sieht vor, dass diese Packungen mit einem Fixum von 11 Euro vergütet werden, während alle darüber hinausgehenden Packungen mit den regulären 9,50 Euro abgerechnet werden.
Dieses Modell hätte mehrere Vorteile: Es wäre regional neutral, einfach umsetzbar und würde vor allem Apotheken mit geringem Umsatzvolumen entlasten – also jene, die besonders auf eine finanzielle Stabilisierung angewiesen sind. Gleichzeitig könnte es helfen, das Apothekensterben in unterversorgten Regionen zu bremsen, ohne die Einheitlichkeit des Systems zu gefährden. Doch bisher liegt die Entscheidung in den Händen der Politik – und dort, so scheint es, dominiert bislang vor allem der Wunsch nach Symbolpolitik.
Die Diskussion um die Landapothekenförderung offenbart ein altes Problem deutscher Strukturpolitik: Die Realität kennt keine klaren Kategorien, die Politik aber braucht sie für ihre Programme. Was als "Landapotheke" gefördert werden soll, bleibt definitorisch schwammig und führt zu Umsetzungsproblemen, bevor die Maßnahme überhaupt gestartet ist. Der Koalitionsvertrag verspricht eine flexible Lösung in Form eines Korridors bis 11 Euro, doch Flexibilität bedeutet hier vor allem: Unklarheit, politischer Spielraum, administrative Bürokratie.
Stattdessen wäre ein pauschales Mengenmodell, wie es Hubmann und Schwintek vorschlagen, ein gangbarer Weg – nicht weil es perfekt ist, sondern weil es pragmatisch ist. Es behandelt alle Apotheken gleich, ohne auf schwache Ortskriterien zu setzen, und belohnt geringe Packungsmengen mit höherem Fixum, ohne das System der Preisbindung zu sprengen. Genau das könnte die Apothekerschaft stärken: ein solidarischer Ausgleich innerhalb der Berufsgruppe, statt einer politischen Feinsteuerung, die in der Praxis kaum beherrschbar ist.
Wenn die Abda klug ist, greift sie diesen Vorschlag auf, bevor die Politik sich in Modellregionen und Zuschussverordnungen verliert. Die Botschaft muss lauten: Nicht ländlich oder städtisch ist das Problem, sondern kleinteilig oder überlastet. Wer wenig Umsatz macht, braucht mehr Fixum. Punkt. Alles andere verkompliziert ein ohnehin überreguliertes System. Der Fixum-Korridor ist eine gute Idee – wenn man ihn überwinden will, sollte man ihn nicht weiter fragmentieren, sondern durch ein einfaches, gerechtes Modell ersetzen.
Sachsen hebt Apothekengehälter an, Sockelbetrag stärkt alle Tarifgruppen
Ab Juli 2025 steigen die Gehälter für Apothekenangestellte in Sachsen um monatlich 160 Euro
Die Apothekenangestellten in Sachsen können sich ab Sommer 2025 über ein deutliches Gehaltsplus freuen. Die Apothekengewerkschaft Adexa und der Sächsische Apothekerverband haben sich auf einen neuen Gehaltstarifvertrag verständigt, der zum 1. Juli 2025 in Kraft tritt. Für sämtliche Berufsgruppen und Tarifstufen bedeutet dies eine spürbare finanzielle Verbesserung: Ein monatlicher Sockelbetrag in Höhe von 160 Euro wird künftig zusätzlich zum bisherigen Grundgehalt gewährt – bezogen auf eine reguläre Vollzeitstelle mit 40 Wochenstunden. Die neue Regelung gilt unabhängig von der jeweiligen Tätigkeitsgruppe oder Berufserfahrung und ersetzt eine prozentuale lineare Erhöhung.
Diese Form der Sockelerhöhung wurde bewusst gewählt, um insbesondere untere und mittlere Gehaltsstufen gezielt zu stärken. Parallel dazu steigen auch die Ausbildungsvergütungen in Sachsen auf das Niveau der beiden anderen regionalen Tarifverträge – ADA (für den Tarifbereich der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände) und TGL Nordrhein. Damit wird eine langjährige Differenz in der Bezahlung pharmazeutischer Auszubildender zwischen Ost und West geschlossen.
Für das Berufsbild der pharmazeutisch-kaufmännischen Angestellten (PKA) bedeutet die Tarifeinigung, dass das Einstiegsgehalt ab Juli 2025 bei 13,51 Euro brutto pro Stunde liegt – eine klare Verbesserung, aber nach Ansicht der Adexa bei Weitem nicht ausreichend, sollte der gesetzliche Mindestlohn zum 1. Januar 2026 wie von der SPD angestrebt auf 15 Euro steigen. In einem solchen Fall müssten die Tarifparteien erneut nachverhandeln, um einen weiteren Rückstand gegenüber der gesetzlichen Lohnuntergrenze zu vermeiden.
Hintergrund der Tarifverhandlungen war nicht nur die seit Jahren bestehende Unzufriedenheit vieler Apothekenmitarbeitender mit der Lohnentwicklung, sondern auch die zunehmende Personalfluktuation, insbesondere im ländlichen Raum. Die neue Vereinbarung wird deshalb auch als Signal gewertet, die Attraktivität des Apothekenberufs wieder zu erhöhen und einem drohenden Fachkräftemangel entgegenzuwirken. In Sachsen haben insbesondere kleine Apotheken Schwierigkeiten, ausreichend qualifiziertes Personal zu gewinnen und zu halten – oft auch, weil die Arbeitsbedingungen im Vergleich zu Kliniken, pharmazeutischen Unternehmen oder anderen Bundesländern als unattraktiver wahrgenommen werden.
Die Adexa bewertet das Ergebnis als einen ersten, aber wichtigen Schritt zur Angleichung an die westdeutschen Tarifstandards und zur gerechten Bezahlung im Apothekenwesen. Auch der Sächsische Apothekerverband sieht in dem Tarifkompromiss eine tragfähige Lösung für die nächsten Monate, betont aber zugleich, dass die ökonomische Belastbarkeit der Apotheken angesichts steigender Betriebskosten und stagnierender Vergütungssysteme weiterhin begrenzt sei. Die Sockelerhöhung sei ein finanzieller Kraftakt, der nur tragbar bleibe, wenn von politischer Seite – etwa durch eine Anpassung des Apothekenfixums – baldige Gegenmaßnahmen erfolgen.
Die neue Tarifregelung gilt zunächst ohne Befristung, sieht aber eine Überprüfungsklausel im Falle gesetzlicher Veränderungen, insbesondere beim Mindestlohn, vor. Damit wird dem Wunsch nach Planbarkeit Rechnung getragen, ohne künftige Spielräume für notwendige Anpassungen zu blockieren. Auch auf Bundesebene wird die Entwicklung in Sachsen aufmerksam beobachtet: Die anderen Tarifgebiete dürften unter dem wachsenden Angleichungsdruck ebenfalls bald aktiv werden.
Der neue Gehaltstarifvertrag für Apothekenangestellte in Sachsen ist ein lange überfälliger Schritt – und ein bemerkenswert pragmatischer noch dazu. Die Entscheidung für einen pauschalen Sockelbetrag von 160 Euro statt einer prozentualen Erhöhung ist nicht nur sozialpolitisch sinnvoll, sondern auch ein Signal der Anerkennung für Berufsgruppen, deren Gehälter bislang am unteren Ende der Tarifskala lagen. Gerade PKA, PTA und Berufsanfänger werden durch diese Maßnahme spürbar entlastet. Es ist ein Modell, das mancherorts Schule machen könnte.
Doch Euphorie ist nicht angebracht. Denn so fortschrittlich der neue Vertrag auf dem Papier wirkt, so fragil ist seine finanzielle Basis in der Realität vieler inhabergeführter Apotheken. Ohne eine strukturelle Gegenfinanzierung – etwa über ein höheres Fixum oder eine dynamisierte Honorierung pharmazeutischer Dienstleistungen – bleibt die Tarifbindung für viele Betriebe ein wirtschaftliches Risiko. Die Branche steht damit vor einem Dilemma: Wer qualifiziertes Personal halten will, muss attraktiv bezahlen – doch wer attraktiv bezahlt, gerät ohne politische Flankierung unter Druck. Es ist ein Systemwiderspruch, der sich nicht mit Tarifverhandlungen allein auflösen lässt.
Besonders kritisch ist die Lage für die PKA. Dass ihr Einstiegsgehalt trotz der Erhöhung noch deutlich unter dem diskutierten Mindestlohn von 15 Euro liegt, ist nicht nur ein arbeitsmarktpolitisches Problem, sondern auch ein ethisches. Wenn tariflich gebundene Angestellte absehbar unter die gesetzliche Lohnuntergrenze rutschen, wird der Tarifvertrag zum Bumerang. Die angekündigte Überprüfungsklausel ist richtig – doch sie ersetzt nicht die Verantwortung, Gehälter vorausschauend an gesellschaftliche Entwicklungen anzupassen. Tarifpolitik muss antizipativ sein, nicht bloß reaktiv.
Und doch: In Zeiten, in denen bundesweit über den Niedergang des Berufsstandes diskutiert wird, ist der sächsische Tarifabschluss ein politisches Zeichen. Er beweist, dass Einigungen möglich sind – wenn Gewerkschaften und Verbände miteinander sprechen, anstatt übereinander. Diese Form der Sozialpartnerschaft ist in einer zunehmend fragmentierten Apothekenlandschaft alles andere als selbstverständlich.
Die Lektion ist klar: Wenn die Branche überleben will, muss sie sich selbst reformieren – tariflich, strukturell, kommunikativ. Der sächsische Weg zeigt, wie es gehen kann. Ob er Schule macht, wird sich zeigen. Doch ohne ein politisches Signal aus Berlin droht auch der beste Tarifvertrag zum Strohfeuer zu werden.
Rx-Boni und das E-Rezept
Wird der EuGH erneut urteilen, wenn sich der digitale Zugang der Versender grundlegend verändert hat?
Der Streit um Rezeptboni bei verschreibungspflichtigen Arzneimitteln erreicht eine neue Eskalationsstufe – und zwar unter gänzlich veränderten Voraussetzungen. Wieder geht es um die zentrale Frage, ob EU-ausländische Versandapotheken Boni auf rezeptpflichtige Arzneimittel gewähren dürfen, obwohl die deutsche Preisbindung dies untersagt. Was einst in langen Verfahren vor dem EuGH und mehreren deutschen Gerichten verhandelt wurde, kehrt nun mit digitaler Schärfe auf die juristische Tagesordnung zurück. Der Grund: Das E-Rezept schafft eine neue Marktrealität. Versandapotheken aus den Niederlanden oder Belgien können heute mit wenigen Klicks ärztliche Verordnungen aus Deutschland entgegennehmen und sofort beliefern – ein Zugang, der 2016 in dieser Form noch nicht existierte. Damals war die vermeintliche Marktbenachteiligung der Grund dafür, warum der EuGH das deutsche Preisbindungsrecht im grenzüberschreitenden Arzneimittelhandel für europarechtswidrig erklärte.
Im aktuellen Fall geht es erneut um einen alten Akteur: Wellsana, die frühere Tochtergesellschaft von DocMorris, die bereits 2012 vom Bayerischen Apothekerverband verklagt worden war. In der damals strittigen Praxis gewährte Wellsana ihren Kunden einen pauschalen Bonus von drei Euro pro eingelöstem Rezept. Der Bayerische Apothekerverband sah darin einen klaren Verstoß gegen die Arzneimittelpreisverordnung – zu Recht, wie das Oberlandesgericht München später urteilte. Denn aus Sicht der Verbraucher stelle ein Bonus faktisch einen Preisnachlass dar. Der Bundesgerichtshof hatte diesen Sachverhalt jedoch nie abschließend entschieden – was nun nachzuholen sein könnte.
Besonders brisant ist diesmal die Ausgangslage. Der EuGH hatte 2016 argumentiert, dass EU-Versandapotheken durch das deutsche Preisrecht benachteiligt würden, weil sie keinen stationären Zugang zum Markt hätten. Diese Begründung dürfte heute nicht mehr tragfähig sein. Der digitale Wandel, allen voran das E-Rezept, hat das Kräfteverhältnis zwischen Vor-Ort- und Versandapotheken grundlegend verschoben. Aus einem strukturell benachteiligten Wettbewerber ist längst ein aktiver Marktteilnehmer mit digitalem Vorteil geworden. Gerade deshalb stellt sich nun erneut die Frage, ob eine rechtliche Ungleichbehandlung überhaupt noch Bestand haben kann.
Der Fall könnte bald wieder vor dem Europäischen Gerichtshof landen – oder diesmal auch auf nationaler Ebene eine Neubewertung erfahren. Denn deutsche Gerichte zeigen sich zunehmend selbstbewusster gegenüber der Luxemburger Linie. Bereits im ursprünglichen Verfahren urteilte das OLG München, dass es sich nicht durch den EuGH gebunden sah, da dieser lediglich in einem anderen Verfahren zur Richtlinienauslegung Stellung genommen hatte. Sollte der Bundesgerichtshof diesen Kurs bestätigen, könnte das zu einer Neubewertung der Rx-Boni-Freiheit führen – mit weitreichenden Folgen für den Versandhandel.
Dabei steht nicht nur ein juristischer Präzedenzfall auf dem Spiel, sondern auch das Prinzip der Gleichbehandlung im Gesundheitswesen. Wenn EU-Versender weiterhin Boni gewähren dürfen, Vor-Ort-Apotheken jedoch nicht, bleibt die Marktverzerrung bestehen – diesmal allerdings ohne die Schutzbehauptung eines ungleichen Zugangs. Und genau hier liegt der gesellschaftspolitische Zündstoff: Es geht nicht nur um ein paar Euro Rabatt, sondern um die Grundfrage, ob der Apothekenmarkt unter einheitlichen Spielregeln funktioniert. Sollte das E-Rezept zur Einfallstür für neue Privilegien werden, droht ein Rückfall in die Marktungleichheit – mit irreparablen Folgen für die stationäre Versorgung.
Der Fall Wellsana zeigt exemplarisch, wie lange politische und rechtliche Nachwirkungen im Apothekenwesen nachhallen können. Was vor über einem Jahrzehnt begann, flammt nun wieder auf – und zwar in einem Umfeld, das sich grundlegend verändert hat. Wer sich heute noch auf das EuGH-Urteil von 2016 beruft, ignoriert die Realitäten eines digitalisierten Gesundheitswesens. Damals bestand das zentrale Argument der europäischen Richter in der Behauptung, Versandapotheken würden benachteiligt, weil ihnen der Zugang zu deutschen Patienten fehle. Ein schwacher Punkt, der selbst im damaligen Urteil nicht frei von politischer Agenda war. Doch heute ist dieses Argument vollends entkräftet. Der Zugang zum deutschen Arzneimittelmarkt ist für EU-Versender einfacher denn je. Die Einführung des E-Rezepts hat den grenzüberschreitenden Handel liberalisiert und zugleich entgrenzt – ohne dass der Gesetzgeber oder die Gerichte die Konsequenzen vollständig bedacht hätten.
Die eigentliche Schieflage liegt nun darin, dass sich die alten Rechtsauslegungen wie ein Schatten auf die neue Marktrealität legen. Wenn der Versandhandel weiterhin Boni gewähren darf, während inländische Apotheken sich an die Preisbindung halten müssen, entsteht nicht nur ein Wettbewerbsnachteil, sondern eine strukturelle Ungleichheit im Gesundheitssystem. Das Grundprinzip der Versorgungsgerechtigkeit wird untergraben. Der Gesetzgeber hat diese Problematik bisher ignoriert, der EuGH sie damals bewusst zugunsten der Marktöffnung instrumentalisiert. Jetzt liegt es an der deutschen Justiz, diese Schieflage zu korrigieren – oder sie für immer festzuschreiben.
Man kann nur hoffen, dass der Bundesgerichtshof den Mut hat, das EuGH-Dogma kritisch zu hinterfragen und die Preisbindung für Rx-Arzneimittel konsequent zu verteidigen. Wer Marktregeln will, braucht auch Marktgerechtigkeit. Es darf keinen doppelten Boden geben, auf dem ausländische Versender mit Vorteilen agieren, die den heimischen Betrieben untersagt sind. Der Gleichbehandlungsgrundsatz muss endlich zur Geltung kommen – nicht nur auf dem Papier, sondern in der gelebten Realität der Arzneimittelversorgung. Die Zeit für Ausflüchte ist vorbei. Jetzt braucht es ein klares, rechtsstaatlich belastbares Signal: Keine Boni für niemanden – oder gleiche Rechte für alle.
Mehr Geld, weniger Apotheken, neue Wege
Bayerns Apotheker analysieren Umsatzanstieg, Strukturwandel und politische Versprechen der neuen Koalition
Die ersten politischen Signale der neuen Bundesregierung lassen Bayerns Apotheker aufhorchen. Nach dem zähen Start des Kanzlers Friedrich Merz, der erst im zweiten Wahlgang ins Amt gewählt wurde, rücken nun die Inhalte in den Fokus. Auf dem Bayerischen Apothekertag skizzierten Hans-Peter Hubmann, Vorsitzender des BAV und des DAV, sowie Sebastian Schwintek von der Treuhand, welche Auswirkungen die im Koalitionsvertrag angekündigten Maßnahmen auf die Apothekenlandschaft haben könnten. Die beiden führten gemeinsam durch eine nüchterne, aber pointierte Lageanalyse – mit dem erklärten Ziel, Licht in die politischen wie wirtschaftlichen Aussichten zu bringen.
Im Zentrum steht der Passus zur Apothekenstärkung im Koalitionsvertrag. Dass die gesundheitspolitischen Forderungen der Arbeitsgruppe Gesundheit nahezu wortgleich in das finale Dokument übernommen wurden, wertete Hubmann als positives Signal. Die Formulierungen seien stark indikativ geprägt – ein Hinweis darauf, dass die Koalition entschlossen sei, etwa das Fixum tatsächlich zu erhöhen. Dies sei gerade vor dem Hintergrund notwendig, dass der Apothekenschwund in Bayern ungebremst anhält. Innerhalb eines Jahrzehnts sind im Freistaat fast 600 Apotheken vom Markt verschwunden – ein Verlust von fast einem Fünftel.
Auch die geplante Weiterentwicklung des Apothekerberufs zum „Heilberuf“ sei bemerkenswert, betonte Hubmann. Zwar sei dies semantisch redundant – schließlich handele es sich bereits um einen Heilberuf – doch signalisiere die Aussage, dass man dem Beruf neue Kompetenzen und Aufgaben zutraue. Schwintek ergänzte, dass auch in der künftigen Rolle der Apotheken bei der Telemedizin noch Spielraum für politische Gestaltung liege.
Der Rückblick auf das Jahr 2024 zeigte derweil ein differenziertes Bild. Zwar seien die Umsätze durchgängig gestiegen – und das in jedem Monat im Vergleich zum Vorjahr. Dies liege aber nicht nur an einer positiven Marktdynamik. Vielmehr seien Hochpreiser mitverantwortlich für die Steigerung, ebenso wie demografische Effekte und OTC-Preisentwicklungen. Parallel wirke sich die sinkende Apothekenzahl wie eine Art Kannibalisierung aus, die insbesondere in Bayern spürbar sei. Die verbliebenen Apotheken generierten mehr Umsatz – allerdings nicht zwingend unter besseren Bedingungen.
Der Rohgewinn, so Schwintek, sei durch das Urteil des Bundesgerichtshofs zu Skonti unter Druck geraten. Der BGH hatte entschieden, dass Skonti als Rabatte zu werten seien und daher unter die Arzneimittelpreisverordnung fielen. Diese Einengung führte zu einer spürbaren Belastung bei der Marge. Dennoch blieb das Betriebsergebnis robust – im Median stieg es in Bayern auf 160.000 Euro. Der Unterschied zwischen den Betrieben jedoch ist groß: Die schwächsten Apotheken erzielen im Jahr gerade einmal 25.000 Euro Gewinn – eine wirtschaftliche Gratwanderung.
Für 2025 zeichnen sich zentrale Entwicklungen ab. Die elektronische Patientenakte wird eingeführt, der Beitrag der Apotheken zur Telemedizin wird neu verhandelt, und das Thema Preisbindung bei verschreibungspflichtigen Arzneimitteln geht in eine entscheidende Phase: Im Juli urteilt der Bundesgerichtshof zur Zukunft der Rx-Preisbindung bei Versandapotheken. Fest steht vorerst nur: Der Kassenabschlag wurde wieder gesenkt – Apotheken müssen seit Februar 2025 nur noch 1,77 Euro je Rx-Packung abführen.
Optimismus zieht Schwintek aus der personellen Neuaufstellung im Gesundheitsministerium: Mit Nina Warken als Ministerin und den beiden Parlamentarischen Staatssekretären Tino Sorge und Georg Kippels sieht er eine gute Basis für einen Dialog auf Augenhöhe. Für Apotheken in Bayern, so seine Prognose, könne dies bei günstiger Entwicklung ein Rohgewinnplus von bis zu 50.000 Euro bedeuten – allerdings nur, wenn die angekündigten politischen Entlastungen tatsächlich umgesetzt und die drohenden Kostensteigerungen, etwa durch den Mindestlohn, nicht alles auffressen.
Ein neuer Kanzler, eine neue Gesundheitsministerin und ein Koalitionsvertrag mit klarer Handschrift – Bayerns Apothekerschaft darf vorsichtig hoffen. Die nüchternen Analysen von Hubmann und Schwintek zeigen jedoch: Politische Willensbekundungen allein reichen nicht aus, um eine Branche aus dem Würgegriff der letzten Jahre zu befreien. Dass der Apothekenschwund in Bayern weiterhin dramatisch ist, ist keine Randnotiz, sondern das Kernproblem der Arzneimittelversorgung. Und dass Umsatzwachstum derzeit vor allem aus Hochpreisern, Demografie und Filialschließungen resultiert, ist ein Warnsignal – keine Erfolgsbilanz.
Der Koalitionsvertrag setzt zwar auf das richtige Vokabular: „Stärkung“, „Fixum“, „Heilberuf“. Doch ob aus der Sprache auch Substanz folgt, bleibt offen. Positiv ist immerhin, dass zentrale Formulierungen aus den Verbandspositionen in das Regierungsprogramm übernommen wurden – das gab es so selten. Dass dabei sogar der Begriff „wir werden“ mehrfach auftaucht, ist in der Sprache der politischen Kommunikation ein starkes Zeichen. Doch wer die gesundheitspolitische Geschichte der letzten Jahre kennt, weiß, dass zwischen Koalitionsvertrag und Kabinettsbeschluss oft ganze Welten liegen.
Hubmann und Schwintek gelingt es, die Balance zu wahren zwischen Erwartung und Skepsis. Ihre Präsentation ist faktenreich, ohne in Lamento zu verfallen. Sie weisen auf die Chancen hin – EPA, Telemedizin, Rx-Preisbindung – und benennen die Risiken – Skonto-Urteil, Mindestlohn, Standortsterben. Das ergibt ein realistisches Lagebild. Dass dabei der politische Ton durch die neue Ministerin und ihre Staatssekretäre konstruktiver wird, ist keine Nebensache. Es entscheidet mit darüber, ob die dringend nötigen Veränderungen tatsächlich stattfinden.
Denn eines ist klar: Die Apotheken brauchen keine neuen Versprechungen. Sie brauchen finanzielle Planungssicherheit, faire Wettbewerbsbedingungen und ein Umfeld, das Versorgung nicht bestraft, sondern ermöglicht. Die neue Regierung hat den Schlüssel in der Hand. Ob sie ihn nutzt, ist keine Frage der Rhetorik – sondern der Haltung.
50 Jahre Präsenz, ein starkes Team und gelebte Nähe zur Region
Wie Standortbindung und Mitarbeitertreue eine Apotheke bis heute tragen
Eine Apotheke im ländlichen Raum blickt auf 50 Jahre Betriebszeit zurück – und das mit einem klaren Bekenntnis zu Standort, Team und Tradition. Der runde Geburtstag wurde mit einem Aktionstag begangen, der nicht nur die Apotheke, sondern auch ihre Geschichte und Menschen würdigte. Insbesondere eine Mitarbeiterin stand im Mittelpunkt, die seit Gründung des Betriebs mit dabei ist – inzwischen 74 Jahre alt, aber nach wie vor im Backoffice aktiv. Ihre jahrzehntelange Kontinuität steht exemplarisch für ein Modell von Betriebstreue und Integrationskraft, das heute selten geworden ist.
Die aktuelle Leitung, die den Betrieb vor elf Jahren übernahm, sieht darin mehr als Nostalgie. Vielmehr sei es ein Zeichen dafür, wie sehr persönliche Bindung, Vertrauen und lokales Engagement den Apothekenalltag prägen können. Der Standort lebe von der Nähe zu den Menschen – und umgekehrt. Trotz wirtschaftlicher und politischer Widrigkeiten werde täglich versucht, die Versorgung mit Empathie und Durchhaltevermögen aufrechtzuerhalten.
Das Team, das aus neun Personen besteht, trägt dieses Selbstverständnis mit. Die Apotheke ist mehr als nur ein Ort der Arzneimittelabgabe: Sie ist Treffpunkt, Beratungsstelle und für viele Patientinnen und Patienten mit eingeschränkter Mobilität ein verlässlicher Anker. Gerade in strukturschwächeren Regionen sind es solche Apotheken, die elementare Daseinsvorsorge leisten – oft unter erschwerten Bedingungen. Die Nähe zu örtlichen Arztpraxen wird als lebenswichtig eingestuft, die alltägliche Zusammenarbeit ist keine formale Kooperation, sondern funktionierender Versorgungsalltag.
Im Rückblick zeigt sich, wie stark Wandel und Kontinuität nebeneinander existieren können. Während sich rechtliche Rahmenbedingungen, wirtschaftliche Anforderungen und auch das Kundenverhalten über die Jahre deutlich verändert haben, sind es andere Dinge, die geblieben sind: die Wertschätzung für verlässliche Arbeit, die Bedeutung persönlicher Ansprache und die Rolle des Apothekenpersonals als konstant präsente Gesundheitsakteure. Die Jubiläumsfeier selbst war weniger Selbstdarstellung als Ausdruck von Gemeinschaft. Zahlreiche Besucherinnen und Besucher dankten dem Team mit warmen Worten – ein Zeichen, dass die stille Arbeit im Hintergrund gesehen und geschätzt wird.
Für die Leitung ist klar: Der Weg geht weiter – mit allem, was dazugehört. Ob Bürokratie, Digitalisierung oder Nachwuchsprobleme – die Herausforderungen sind real, aber der Wille zur Weiterentwicklung ist spürbar. Die Geschichte der 74-jährigen Mitarbeiterin sei dabei nicht nur ein Anekdote, sondern ein Symbol für Haltung, für das, was Apothekenarbeit im Kern ausmacht. Es gehe nicht um kurzfristige Effizienzgewinne, sondern um langfristige Präsenz, Verlässlichkeit und regionale Verantwortung.
Die Geschichte dieser Apotheke ist mehr als ein nostalgischer Rückblick. Sie verweist auf eine Realität, die in der gesundheitspolitischen Debatte oft unterbelichtet bleibt: Die Stärke der öffentlichen Apotheke liegt nicht in Kennzahlen, sondern in der gelebten Beziehung zwischen Betrieb, Personal und Bevölkerung. Wenn eine Mitarbeiterin über fünf Jahrzehnte hinweg regelmäßig im Backoffice unterstützt – und das jenseits des Rentenalters –, dann ist das kein Kuriosum, sondern Ausdruck von Sinnhaftigkeit, Identifikation und innerer Stabilität eines Berufsfelds.
In einer Zeit, in der Apotheken zunehmend unter wirtschaftlichen Druck geraten, ist dieser Fall ein Gegenentwurf zu kurzatmigen Rationalisierungsmodellen. Die häufig zitierte Flächenpräsenz ergibt sich nicht aus Marktlogik, sondern aus der Kombination aus Professionalität, Loyalität und lokalem Verantwortungsbewusstsein. Das Beispiel zeigt auch, dass es Leitungspersönlichkeiten braucht, die bereit sind, in schwierigen Zeiten Haltung zu zeigen – nicht als PR-Geste, sondern im Alltag.
Solche Strukturen fallen nicht vom Himmel. Sie entstehen über Jahrzehnte – durch gemeinsames Arbeiten, durch gegenseitige Rücksichtnahme und durch die stille Bereitschaft, mehr zu leisten als verlangt wird. Der öffentliche Dank an die dienstälteste Mitarbeiterin ist deshalb keine höfliche Geste, sondern eine politische Aussage: Wer diese Arbeit leistet, hält das System zusammen. Und genau das sollte stärker sichtbar werden – auch jenseits von Jubiläen.
Während bundesweit über Apothekenreformen, neue Honorarmodelle und digitale Schnittstellen debattiert wird, darf nicht vergessen werden, worauf das System im Kern beruht: auf Menschen wie dieser Mitarbeiterin. Sie steht exemplarisch für eine Form von Berufsethos, das sich nicht in Tarifverträgen abbilden lässt – aber in jeder Kundenbegegnung spürbar wird. Die Apotheke lebt, weil Menschen sie tragen – damals wie heute. Und das sollte auch morgen so bleiben.
Glosse: Kanzler, Chaos und Karlchen
Wie ein Gesundheitsminister beinahe die Republik als Faustpfand nutzte
Wenn politische Karrieren Schachpartien gleichen, dann hat Karl Lauterbach in dieser Woche das unerwartetste Gambit gespielt. Während sich der designierte Kanzler Friedrich M. darauf vorbereitete, endlich die lang ersehnte Krone zu tragen, griff ein alter Bekannter lautlos ins Spiel: der Mann mit dem Twitter-Dauertarif und den Talkshow-Genen. Lauterbach, einst Gesundheitsminister mit Dauerabo auf Mikrofone, hat sich klammheimlich wieder an den Kabinettstisch geschlichen – auf Kosten der Ordnung, der Ehre und der Mehrheit.
Was war geschehen? Der erste Wahlgang für den neuen Kanzler platzte wie ein überdehntes Gummiband. Statt Standing Ovations gab es betretenes Raunen und hektisches Beratergewusel. Plötzlich hatte Merz nicht genug Stimmen – und das in einem Haus, das mehr Fraktionsdisziplin als ein Jesuiteninternat verspricht. Natürlich war sofort klar: Hier hatte jemand nachgezählt. Und nachgedacht. Und vor allem nachgeholfen.
Dass ausgerechnet Lauterbach davon profitierte, wirkt wie eine Rache des politischen Vorabends. Während andere sich mit dem Gedanken an Ruhestand oder wenigstens Schweigsamkeit anfreunden, hatte er seine Bewerbung um den "Traumjob" Gesundheitsminister nie aufgegeben. Ganz im Gegenteil – er schaltete auf Autopilot und kommentierte weiterhin jedes Virus, jeden Versorgungsengpass und jeden Plenarsitzungstermin, als säße er noch im Ministerbüro. Und siehe da: Er saß wieder da.
Doch wie? Offenbar war der Preis für Merz’ Kanzlerschaft ein Stuhl im Gesundheitsressort – aber bitte mit SPD-Besetzung. Lauterbach als menschgewordene Vertragsbedingung. Man weiß nicht, ob er seine Gegenstimmen organisiert oder nur klug antizipiert hat, aber es passt ins Bild eines Politikers, der als Experte begann und als Machtmensch endete. Und so durfte er, mit jenem typischen Lächeln zwischen Selbstironie und Hybris, den alten Sessel noch einmal wärmen – zumindest für 24 Stunden.
Natürlich musste er ihn dann doch abgeben. Schließlich sollte ja alles "nach Koalitionsvertrag" laufen, also mit CDU-Besetzung im Gesundheitsministerium. Nina W. bekam den Job – und Karl L. dafür eine weitere Gelegenheit, sich als moralischer Kompass im politischen Nebel zu präsentieren. Er gehe, aber bleibe "engagiert". Man kennt das. Es klingt wie ein Abschied, ist aber ein Versprechen auf Rückkehr – mindestens in die Primetime.
Von Engin Günder, Fachjournalist
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