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SICHERHEIT | Medienspiegel & Presse |
Zeit ist das wohl wertvollste Gut, das wir besitzen – und dennoch oft ungenutzt verstreichen lassen. Zwischen der langen Geschichte des Universums und der kurzen menschlichen Lebensspanne entsteht ein Spannungsfeld, in dem sich Fragen nach dem Sinn, der Vergänglichkeit und der Nutzung unserer Zeit drängen. Während in jungen Jahren das Leben endlos scheint, wird mit zunehmendem Alter jede Stunde wertvoller. Wie gelingt es, die begrenzte Lebenszeit sinnvoll zu gestalten, statt sie in der Tretmühle von Produktivität und Effizienz zu verlieren? Der Bericht beleuchtet die Zeit als Ressource und hinterfragt, ob wir sie nicht mehr als Raum für bewusstes Erleben begreifen sollten.
Zeit ist eine der seltenen Konstanten im Leben, eine Ressource, die für jeden Menschen unveränderlich und dennoch flüchtig ist. Von der gigantischen Dimension der Zeit – das Universum existiert seit fast 14 Milliarden Jahren, die Erde seit etwa 4,5 Milliarden Jahren – bis zur kurzen Dauer eines menschlichen Lebens ist der Kontrast kaum vorstellbar. Inmitten dieser unfassbaren Zeitskalen steht der Mensch, der erst seit rund zwei bis drei Millionen Jahren existiert, mit einer durchschnittlichen Lebenserwartung von 81 Jahren. Betrachtet man diese Spanne im globalen Maßstab, so ist die menschliche Geschichte nicht mehr als ein Wimpernschlag in der kosmischen Chronik. Und doch ist dieser Wimpernschlag für den Einzelnen eine ganze Welt voller Möglichkeiten, Begrenzungen und der Frage, wie man seine Lebenszeit sinnvoll gestalten kann.
Die demografische Entwicklung in Deutschland zeigt, dass die Bevölkerung zunehmend altert. Während die Lebenserwartung heute bei durchschnittlich 81 Jahren liegt, steigt auch die Zahl der sogenannten „Rentnerjahre“ ab 65 Jahren auf rund 350 Millionen, betrachtet man die gesamte Bevölkerung. Jedes zusätzliche Jahr im Alter wird statistisch wertvoller, während die Gesundheit und die Freiheit, das Leben ohne Einschränkungen zu genießen, tendenziell abnehmen. Dieser Prozess rückt die Frage, wie wir Zeit nutzen und wie wir die verbliebenen Jahre gestalten wollen, in den Mittelpunkt des gesellschaftlichen Diskurses. Die Corona-Pandemie hat hier neue, eindringliche Perspektiven eröffnet: Lebenszeit, die durch Krankheit oder andere äußere Einflüsse verkürzt wird, lässt den Wert von gesunden Jahren und Lebensqualität umso deutlicher erscheinen.
Der demografische Wandel verschiebt zudem das Kräfteverhältnis zwischen jüngeren und älteren Bevölkerungsschichten, ein Aspekt, der in Deutschland, aber auch in vielen anderen westlichen Ländern deutlich spürbar ist. In „jungen“ Entwicklungsländern hingegen haben die Menschen oft eine geringere Lebenserwartung, aber die meisten aktiven Lebensjahre noch vor sich. Während das Medianalter in Deutschland bei rund 45 Jahren liegt, sind in vielen Entwicklungsländern große Teile der Bevölkerung noch jung, was ein ganz anderes Verhältnis zur Zeit und zu Zukunftsperspektiven bedingt. Diese Gegensätze lassen sich nicht nur durch die Statistik belegen, sondern auch in der sozialen und wirtschaftlichen Realität: Während ältere Gesellschaften wie Deutschland zunehmend auf die Unterstützung von jungen, dynamischen Bevölkerungen angewiesen sein werden, geraten diese wiederum häufig unter wirtschaftlichen und ökologischen Druck, was zu Migration und sozialen Spannungen führen kann.
Zeit ist jedoch nicht nur eine individuelle, sondern auch eine ökonomische Größe. Der weltberühmte Physiker Albert Einstein beschrieb die Zeit pragmatisch als „das, was man an der Uhr abliest“. Doch Zeit ist weit mehr als nur eine Uhrzeit oder eine Zahl in der Statistik. Sie ist der Nenner, an dem Leistungen, Effizienz und Produktivität in unserer Gesellschaft gemessen werden. Die moderne Arbeitswelt zeigt, wie sehr Zeit eine Rolle spielt: In vielen Berufen und Tätigkeitsfeldern wird zunehmend erwartet, dass man seine Aufgaben in kürzester Zeit erledigt und dabei immer produktiver wird. Die Zeit im „Nenner“ unseres Lebens ist damit zu einem Maßstab geworden, der Einfluss auf unsere täglichen Entscheidungen und unsere Selbstwahrnehmung hat. Für viele Menschen bringt diese Perspektive jedoch auch das Risiko mit sich, dass Zeit zu einem begrenzten Gut wird, das allein der Leistung und Effizienz untergeordnet wird, anstatt einen Raum für persönliche Entfaltung und Ruhe zu bieten.
Gleichzeitig erleben Menschen ihre verbleibende Zeit immer bewusster, je älter sie werden. Das individuelle Herz schlägt etwa drei Milliarden Mal im Leben, wobei die letzten Jahre, statistisch betrachtet, immer wertvoller erscheinen, da die Gesundheit abnimmt und das Lebensende näher rückt. Während manche in diesen Jahren verstärkt an ihrer Effizienz arbeiten, um noch mehr zu leisten, sehnen sich andere nach einem erfüllteren und weniger getakteten Lebensstil. Die Frage, wie man die Zeit in Zähler und Nenner aufteilen möchte, wird daher zunehmend zu einem Balanceakt, bei dem es weniger um die absolute Zeit geht als vielmehr um deren Qualität und Intensität.
Zeit ist eine Ressource, die uns alle betrifft, und doch ist ihr Wert oft schwer greifbar. In jungen Jahren scheint sie unendlich, eine Ressource, die immer verfügbar ist und die man großzügig verwenden kann. Doch je älter wir werden, desto mehr nimmt das Bewusstsein zu, dass die Zeit begrenzt ist. Der Druck, möglichst effizient zu leben, das Beste aus jedem Moment herauszuholen und dabei stets produktiv zu sein, ist ein Phänomen unserer modernen Gesellschaft. Doch diese Fixierung auf die Zeit als Messgröße birgt Risiken: Wir verlieren den Blick für das Wesentliche, wenn wir Zeit nur in Effizienz und Produktivität ummünzen und uns immer weniger Momente der Ruhe und des bewussten Erlebens gönnen.
Die Zeit als Nenner unseres Lebens, in dem Leistungen gemessen werden, hat ihren Preis. Es ist die Grundvoraussetzung für das Funktionieren unserer Arbeitswelt, doch auf persönlicher Ebene birgt sie die Gefahr der Entfremdung. Wenn wir die Zeit, die wir noch haben, in Aufgaben, Ziele und Produktivität messen, riskieren wir, die wertvollen Momente zu verpassen, in denen wir einfach nur leben und erleben. Gleichzeitig mahnt uns das Alter, dass diese Momente mit den Jahren immer kostbarer werden. Der Wert der Zeit wird für uns nicht durch ihre Menge, sondern durch ihre Qualität bestimmt.
Die Frage bleibt: Wie wollen wir unsere Zeit gestalten? Ist es unser Ziel, immer mehr zu leisten, noch schneller zu arbeiten, immer produktiver zu sein? Oder erkennen wir irgendwann, dass die Zeit, die wir wirklich erlebt haben, nicht durch Effizienz oder Produktivität bemessen werden kann? Ein erfülltes Leben hängt nicht an der Summe der geleisteten Stunden, sondern an der Tiefe der Momente, die wir tatsächlich wahrgenommen und geschätzt haben.
Von Engin Günder, Fachjournalist
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