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Steuer & Recht |
Für die Feststellung, ob eine Person, die einen Vertrag geschlossen hat, als „Verbraucher“ eingestuft werden kann, sind die mit dem Abschluss dieses Vertrags verfolgten gegenwärtigen oder zukünftigen Ziele zu berücksichtigen, und zwar unabhängig von der Frage, ob diese Person ihre Tätigkeit in einem Arbeitsverhältnis oder selbstständig ausübt.
Die Beklagte und die Klägerin des Ausgangsverfahrens schlossen einen Kaufvertrag über ein Fahrzeug ab, in welchem die Klägerin als „Firma JA“ bezeichnet wurde. Nachdem das Fahrzeug übergeben wurde, erhob die Klägerin Klage auf Verurteilung der Beklagten des Ausgangsverfahrens zur Zahlung aus Gewährleistung wegen versteckten Mängeln beim Bezirksgericht Salzburg (Österreich), dessen Zuständigkeit sie auf Art. 17 der Verordnung Nr. 1215/2012 stützte. Das Bezirksgericht Salzburg stellte fest, dass es für die Entscheidung des Ausgangsrechtsstreits international unzuständig sei.
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Art. 17 und 18 der Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (Brüssel I a Verordnung). Der EuGH entschied in seinem Urteil vom 9. März 2023 in der Rechtssache JA gegen Wurth Automotive GmbH (C-177/22), dass der Begriff „Verbraucher“ im Sinne der Art. 17 und 18 der Verordnung Nr. 1215/2012 eng auszulegen ist und anhand der Stellung der vertragsschließenden Partei innerhalb des konkreten Vertrags in Verbindung mit dessen Natur und Zielsetzung und nicht anhand ihrer subjektiven Stellung zu bestimmen ist, so dass ein und dieselbe Person im Rahmen bestimmter Geschäfte als Verbraucher und im Rahmen anderer als Unternehmer angesehen werden kann. Die Verbrauchereigenschaft im Sinne dieser Bestimmung hängt von der beruflichen oder gewerblichen oder der privaten Zielsetzung ab, die mit dem Abschluss des betreffenden Vertrags verfolgt wird. Eine Person, die einen Vertrag geschlossen hat, ist nämlich als Verbraucher anzusehen, wenn der Abschluss dieses Vertrags nicht unter ihre berufliche oder gewerbliche Tätigkeit fällt. Dabei hat sich das Gericht vorrangig auf die Beweismittel zu stützen, die sich objektiv aus den Akten ergeben.
Zweifel müssen grundsätzlich der Person, die sich auf die Verbrauchereigenschaft beruft, zugutekommen, wenn sich den aus den Akten zu entnehmenden objektiven Umständen nicht rechtlich hinreichend der Beweis ergibt, dass mit dem Geschäft, über das ein Vertrag abgeschlossen wurde, der einem doppelten Zweck dient, ein erheblicher beruflicher oder gewerblicher Zweck verfolgt wurde.
Die Gewährleistung der praktischen Wirksamkeit der Vorschriften über die Zuständigkeit bei Verbrauchersachen würde es jedoch nicht erfordern, dass dieser Person, die sich auf die Verbrauchereigenschaft beruft, für alle den Abschluss eines Vertrags begleitenden Umstände, insbesondere für diejenigen, die ihr eigenes Verhalten betreffen, ein solcher Vorteil zuteilwerden muss.
Urteil C-177/22 vom 09.03.2023
Quelle: BRAK, Nachrichten aus Brüssel Ausgabe 5/2023
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