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Steuer & Recht |
Ein im Jahr 1957 in Algerien geborener Kläger mit deutscher Staatsangehörigkeit, dessen konkretes Geburtsdatum unbekannt ist, hat keinen Anspruch auf Eintragung eines fiktiven Geburtsdatums in seinen Personalausweis und seinen Reisepass. Dies entschied das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz in Koblenz.
Im Personalausweis und im Reisepass des Klägers ist als Geburtsdatum „XX.XX.1957“ eingetragen. Hintergrund ist der Umstand, dass der Kläger, dem sein tatsächliches Geburtsdatum unbekannt ist, kein Dokument seines Geburtslandes vorlegen konnte, welches ein konkretes Geburtsdatum ausweist. Er verfügt lediglich über einen Auszug aus dem Geburtenregister seines Geburtslandes, aus dem sich sein Geburtsjahr ergibt, nicht jedoch der konkrete Geburtsmonat bzw. -tag. Auch seine alte und leicht demente Mutter kennt seinen Angaben zufolge das genaue Geburtsdatum nicht. Seinen Antrag, ihm neue Ausweisdokumente auszustellen und darin ein fiktives Datum einzutragen, lehnte die Stadt Ludwigshafen ab. Nach erfolglosem Widerspruchsverfahren erhob er Klage, mit der er sein Begehren weiterverfolgte. Hierzu machte er geltend, infolge der unvollständigen Eintragungen in seinen Ausweisdokumenten erleide er immer wieder erhebliche Nachteile, insbesondere bei Reisen in außereuropäische Länder, bei der Korrespondenz mit dem Finanzamt oder wenn er im Internet einen Vertrag abschließen wolle, bei dem seitens des Vertragspartners die Angabe des Geburtsdatums als zwingende Voraussetzung gefordert werde.
Das Verwaltungsgericht gab der Klage statt und verpflichtete die beklagte Stadt, in den Personalausweis und den Pass des Klägers einen konkreten Geburtstag und Geburtsmonat einzutragen. Der Kläger habe zur Wahrung seines Persönlichkeitsrechts und aus Gründen des im Rechtsstaatsgebot wurzelnden Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit einen Anspruch auf Eintragung eines „echten“ Geburtsdatums in seinen Ausweisdokumenten. Dies könne z. B. der 1. Januar oder auch ein anderer Tag sein. Auf die Berufung der Beklagten hob das Oberverwaltungsgericht das Urteil des Verwaltungsgerichts auf und wies die Klage ab.
Der Kläger habe keinen Anspruch auf Eintragung eines gegriffenen Geburtsdatums – hier in Form eines fiktiven Geburtsmonats und -tags – in seinen Personalausweis oder Reisepass. Schon das Verwaltungsgericht habe zutreffend festgestellt, dass aus dem Anspruch auf Ausstellung eines Ausweises oder Passes nach den Vorschriften des Personalausweis- und des Passgesetzes grundsätzlich nur ein Anspruch auf Eintragung der richtigen Daten im Dokument folge. Ein Anspruch des Klägers auf Erfassung eines gegriffenen Geburtsdatums in seinen Ausweisdokumenten folge auch nicht aus unionsrechtlichen Regelungen. Vielmehr existiere sowohl für den Reisepass als auch den Personalausweis (jeweils) eine europäische Verordnung, die die Behandlung unbekannter Geburtsdaten entsprechend der Vorgehensweise der Beklagten ausdrücklich vorsehe.
Ein Verstoß gegen höherrangiges Recht lasse sich vorliegend weder im Hinblick auf die Grundrechte des Grundgesetzes noch in Bezug auf die Unionsgrundrechte feststellen. Die ausschließliche Erfassung wahrer Geburtsdaten und die Eintragung von Platzhaltern für unbekannte Bestandteile dieses Datums seien ohne weiteres geeignet, die hiermit vom Gesetzgeber offensichtlich bezweckte inhaltliche Richtigkeit sämtlicher Personaldateneintragungen in den Ausweisdokumenten bestmöglich zu gewährleisten. Daneben würden mit dieser Vorgehensweise einheitliche Sicherheitsstandards für Pässe und Reisedokumente zum Schutz vor Fälschungen bzw. zur Verhinderung eines Identitätsbetrugs festgelegt. Mildere, gleich geeignete Mittel seien im Hinblick auf die erstrebte umfassende inhaltliche Richtigkeit der Personaldateneintragungen bereits nicht ersichtlich. Schließlich werde die Grenze der Zumutbarkeit bei der gebotenen Abwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht der sie rechtfertigenden Gründe vorliegend noch gewahrt. Soweit es auf Seiten des Klägers zu Beeinträchtigungen komme, insbesondere in den Bereichen Reisen, Online-Vertragsabschlüsse sowie über das Internet abzugebende Erklärungen gegenüber Behörden, stünden ihm regelmäßig andere Wege offen, um seine Vorhaben umzusetzen, die ihn (noch) nicht über die Maße belasteten. Es sei Sache des Gesetzgebers darüber zu befinden, ob bei weiter voranschreitender Digitalisierung eine Änderung der derzeitigen Gesetzeslage geboten erscheine.
Urteil 7 A 10318/22.OVG vom 11.11.2022
Quelle: Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz
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